Main-Tauber-Kreis. Die nächste große Hitzewelle des Jahres ist in Deutschland angekommen. Mit ihr erhöht sich die ohnehin schon großflächige Trockenheit in vielen Bundesländern. Die Situation wird besonders prekär, wenn man sich den sinkenden Grundwasserspiegel in Deutschland in den vergangenen Jahren vor Augen führt. Der Umgang mit dem Wasser ist also wichtig – doch betrifft das auch als Verbraucher? Darf man noch den Rasen sprengen, die Blumen gießen und das Auto waschen?
2018, 2019 und 2020 waren bereits viel zu trocken. 2021 brachte zwar mehr Niederschlag, doch das reichte nicht aus, um die Jahre davor auszugleichen. Und 2022 regnete es bislang erneut weniger als im langjährigen Mittel. „Vermutlich wird es in dieser Woche keinen Tropfen regnen, und wenn es dumm läuft, geht diese Trockenheit auch nächste Woche weiter. Also da ist nichts Effektives in Aussicht – vielleicht mal irgendwo ein Wärmegewitter. Ansonsten weht trockener Ostwind bei vielen Sonnenstunden und Temperaturen bis 33 Grad, was die Austrocknung in den kommenden Tagen noch beschleunigt“, so FN-Wetterexperte Andreas Neumaier in seiner Wetterprognose für die nächsten beiden Wochen.
Aus der Politik gibt es schon länger Empfehlungen an die Verbraucher, im Alltag sparsamer mit Wasser umzugehen. Wie sieht die derzeitige Lage in der Region aus? Laut einer Pressemitteilung des Main-Tauber-Kreises fielen im Zeitraum von Januar bis Juni 2022 entsprechend der Angaben der Landesanstalt für Umwelt und Messungen Baden-Württemberg im gesamten Land nur rund 80 Prozent des Gebietsniederschlages, der im langjährigen Mittel für diesen Zeitraum üblich ist. Als Folge dessen hat sich bereits in zahlreichen Gewässern des Kreises Niedrigwasser entwickelt.
Das kostbare Gut Wasser wird somit immer knapper. Erste Verbote für Bürger deuten sich an, die Kreisverwaltungen, Städte und Gemeinden appellieren eindringlich, Wasser, wo es geht, zu sparen, sich auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken und auf die Bewässerung privater Rasenstücke und das Füllen privater Pools zu verzichten.
Entnahme verboten
Das Landratsamt Main-Tauber-Kreis hat zum Schutz des Ökosystems der Oberflächengewässer die Wasserentnahmen per Allgemeinverfügung seit 8. August eingeschränkt, da auch mittelfristig keine grundlegende Änderung der Witterungsverhältnisse zu erwarten ist. Erster Landesbeamte Florian Busch erklärt in einer Pressemitteilung: „Aufgrund der langanhaltenden Trockenheit und der großen Hitze führen zahlreiche Gewässer im Main-Tauber-Kreis nur noch wenig Wasser. Kleinere Gewässer sind vereinzelt bereits vollständig ausgetrocknet. Erst nach ausdauernden Niederschlägen kann damit gerechnet werden, dass sich die Situation verbessert.“
Daher ist die Entnahme von Wasser aus Seen, Bächen und Flüssen zum Zwecke der Bewässerung bis mindestens Freitag, 30. September, untersagt. Weiterhin erlaubt bleibt jedoch das Schöpfen mit Handgefäßen, wie beispielsweise Gießkannen oder Eimern.
Da keine Entspannung der Situation in Form von ergiebigen Niederschlägen in Aussicht steht, appelliert auch das Landratsamt Neckar-Odenwald an die Bevölkerung, die Entnahme von Grundwasser, etwa über private Gartenbrunnen, Quellfassungen, aber auch in Form von Leitungswasser auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken. Dazu gehört auch, oder vor allem, der Verzicht auf die Bewässerung von Rasenflächen.
Gemüse- oder Zierbeete sollten nicht täglich gegossen werden, so das Landratsamt, und gibt weiter Tipps an die Bevölkerung: „Wenn möglich, sollte das Gießen mit gesammeltem Regenwasser und in den Abend- und Morgenstunden erfolgen, da so der Grad der Verdunstung geringer ist. Die direkte Bewässerung per Tröpfchenbewässerung oder das Gießen mittels Gießkanne oder zielgerichtet per Schlauch hilft zudem, Wasser zu sparen“.
Oliver Litterer, Sachgebietsleiter Tiefbau der Stadt Lauda-Königshofen, erklärt gegenüber unserer Zeitung: „Die Trinkwasserbrunnen im Stadtgebiet von Lauda-Königshofen sind sogenannte Tiefbrunnen, hier macht sich die Trockenheit noch nicht bemerkbar.“ Das Wasserangebot des Wasserzweckverband WVMT sei für die Bevölkerung sicher, so Litterer weiter. So könnten einzelne Brunnen, die möglicherweise zu wenig Wasser schütten, durch das Wasserangebot anderer Brunnen ausgeglichen werden“ Das Versorgungsgebiet erstrecke sich von Unterbalbach bis Gamburg, sämtliche Brunnen lieferten ihr Wasser im Wasserwerk Dittigheim ab, dort werde es aufbereitet und anschließend an die Kommunen zurückverteilt, erläutert Oliver Litterer.
Die Beregnung von Sportplätzen mit Wasser aus Flüssen und Bächen, so Litterer weiter, sei jedoch seit 9. August vom Landratsamt Main-Tauber verboten.
Nachhaltigkeit sei das Ziel der Stadt Bad Mergentheim, die auf ein Wassermangel-Management setze, das gerade auf Landesebene ein großes Thema sei, so Carsten Müller, Pressesprecher der Stadt Bad Mergentheim. Gerade im Hinblick auf die bevorstehende Landesgarten-Schau soll im Rahmen einer Klimaschutz-Konzeption das Stadtgebiet zur „Schwammstadt“ entwickelt werden, in der Regenwasser lokal gespeichert werde und damit wenig Wasser verdunsten könne. So weit die Zukunftsplanung.
Und die Gegenwart? „Wenn die Trockenheit weiter anhält und wir in eine akute Notstandssituation kommen sollten, wären die Brunnen oder Freizeiteinrichtungen wie die Freibäder selbstverständlich Bereiche, in denen es zuerst zu Einschränkungen kommen müsste, da die Versorgung von Mensch und Tier bei solchen Szenarien Vorrang hätte“, so Müller weiter. Dieser Punkt sei jedoch noch nicht erreicht, die Stadt stehe aber in ständigem Kontakt mit der Unteren Wasserbehörde, die im Notfall Entsprechendes anordne.
In diesem Fall würde auch die Stadt selbst ihre Bewässerung von Pflanzen und Grünanlagen auf ein absolut notwendiges Minimum reduzieren. Müller weiter: „Wir planen bereits den Bau von Zisternen für den Bauhof, damit von dort Gießwasser entnommen werden kann“.
Seit der Premiere des ARD-Spielfilms „Bis zum letzten Tropfen“ in der Tauberphilharmonie im März, treibt das Thema Wasser die Stadt Weikersheim in einem besonderen Maße um. Spätestens jetzt, nach wochen- und monatelanger Trockenheit, werden die Auswirkungen für jedermann sichtbar.
Die Natur und die Menschen leiden, und die Schäden, die bisher nur den Land- und Forstwirten beruflich vor Augen geführt wurden, kämen nun in der breiten Masse an und werden vielerorts sichtbar, so Weikersheims Bürgermeister Nick Schuppert auf Anfrage unserer Zeitung.
Sportplätze vertrocknen lassen?
Viele Menschen sparen bereits Wasser, wo immer es ihnen möglich sei, und auch die Stadt plane viel, um den Klimaveränderungen entgegenzutreten. „Wir haben bereits fast alle städtischen Brunnen auf Umwälzbetrieb umgestellt und somit einen erheblichen Beitrag zur Wasserreduktion beigetragen. Und unsere Anpflanzungen werden mit Nachklärwasser aus der Kläranlage gegossen“, so Nick Schuppert. Das nun verhängte Verbot des Landratsamtes zur Wasserentnahme aus Bächen, Flüssen und Quellen stelle die Stadt jedoch vor große Herausforderungen. Nick Schuppert: „Wir müssen uns die Frage stellen, unsere Sportplätze sehendes Auge vertrocknen zu lassen, oder die Anlagen durch eine Bewässerung aus dem Leitungsnetz über den Sommer zu retten. Ein kompletter Verzicht der Bewässerung würde bedeuten, dass der Rasen abstirbt und durch Neuansaat aufwendig und teuer neu angelegt werden müsste.“
Das Waldhöhenfreibad Neubronn will die Stadt weiterhin betreiben, auch mit dem Ziel, der Bevölkerung eine nachhaltige Alternative zu privaten Garten-Pools zu bieten. Bürgermeister Schuppert: „Die kleinen Pools binden viel Trinkwasser und werden im Vergleich zu einem öffentlichen Bad verhältnismäßig schlecht ausgelastet.“
Private Einschränkungen hat die Stadt Weikersheim bislang noch nicht verhängt und plant auch, nach heutigen Stand, dies nicht zu tun. Nick Schuppert: „Wir überwachen in regelmäßigen Abständen den Wasserverbrauch im Trinkwasserleitungsnetz und werden bei übermäßigen Verbrauchsspitzen geeignete Gegenmaßnahmen einleiten.“ Der Prozess sei momentan sehr dynamisch und müsse situationsbedingt stetig überprüft werden, um mit geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen zu reagieren.
Auch in der Stadt Wertheim gebe es derzeit für die Bevölkerung noch keine Einschränkungen, so Thomas Beier, Geschäftsführer der Stadtwerke Wertheim, im Gespräch mit unserer Zeitung. „Die Grundwasserstände sind gut“, Wertheim beziehe sein gesamtes Trinkwasser aus sechs Tiefbrunnen im Aalbachtal, die derzeit noch genügend Wasser förderten. Die Sportplätze, so Beier weiter, werden aus älteren Brauchwasser-Quellen beregnet und auch hier herrscht (noch) kein Mangel. Auch das Freibad habe einen eigenen Brunnen, aus dem Wasser gefördert werde.
„Die Grundwasserstände“, so Thomas Beier, „erholen sich grundsätzlich im Winter, im Moment ist in Wertheim noch alles im grünen Bereich“. Dennoch appelliert auch Thomas Beier an die Bevölkerung, Trinkwasser wo es möglich ist, einzusparen.
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