Eichenprozessionsspinner - Schmetterling in der Region weit verbreitet / Raupenhaare verursachen Hautentzündungen / Förster warnt

Große Gefahr durch grauen Falter

Von 
Florian Hartmüller
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Der Eichenprozessionsspinner hat im Main-Tauber-Kreis viele Nester gebaut. Wer ihnen zu nahe kommt, muss mit schmerzhaften Folgen rechnen.

Bad Mergentheim. Wer genau hinschaut, kann an den Eichen im Main-Tauber-Kreis zur Zeit an verschiedenen Stellen graue Gespinste entdecken. „Dabei handelt es sich um Nester des Eichenprozessionsspinners“, erklärt Klemens Aubele, Leiter des Forstreviers Igersheim.

Der graue Schmetterling, der Ende Juli und im August fliegt, wirkt eher unscheinbar, die Weibchen leben nur etwa zwei Tage. Vor ihrem frühen Tod legen sie jedoch zwischen 30 und 300 Eier, aus denen Ende April/Anfang Mai stark behaarte Raupen schlüpfen. Diese bewegen sich prozessionsartig von ihren Sammelplätzen zum Fressen.

Die Raupen stellen eine Gefahr für den Wald dar, da sie Bäume kahl fressen können. „Das überlebt eine Eiche einmal, vielleicht auch zweimal, aber dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Baum abstirbt“, erklärt Aubele. „In diesem Jahr hatten wir damit aber keine größeren Probleme.“

Kleine Widerhaken

Doch die bis zu fünf Zentimeter langen Raupen des Eichenprozessionsspinners sind nicht nur für Bäume, sondern auch für Menschen gefährlich. Grund dafür sind die sogenannten „Spiegelhaare“ der Raupen. Diese können leicht abbrechen und vom Wind weitergetragen werden. Die Haare verfügen über kleine Widerhaken, die sie sich in die Haut bohren. Wenn die Haare brechen, geben sie ein Protein ab, das Hautentzündungen, aber auch einen anaphylaktischen Schock auslösen kann. Große Gefahr für die Gesundheit droht, wenn Raupenhaare in den Augen oder auf den Schleimhäuten landen. Erst im fünften von sechs Larvenstadien spinnen ab Mitte Juni die älteren Raupen Blätter und Zweige zu den mit Kot gefüllten Gespinstnestern zusammen, die derzeit oft zu sehen sind. Etwa drei bis fünf Wochen verbringt der Eichenprozessionsspinner verpuppt, bevor er als Falter schlüpft.

Das Hauptrisiko für Menschen besteht von Mitte Mai bis zum späten Herbst. Die Nester mit den Häutungsresten der Raupen können jedoch auch über ein Jahr nach dem Schlüpfen noch gefährlich sein. Deswegen müssen nicht nur Wanderer, Jogger und Grillfreunde aufpassen, sondern auch Waldarbeiter, die im Herbst oder im Winter Bäume fällen. Gefahr droht auch in Gebäuden, die in der Nähe von Eichenwäldern stehen, da die Haare der Raupen über die Klimaanlage verbreitet werden können. Am liebsten mag der Eichenprozessionsspinner warme, sonnige Waldränder oder freistehende Bäume, aber auch tiefer im Wald finden sich seine Nester. Im Main-Tauber-Kreis ist der Schmetterling weit verbreitet, da es hier große Eichenbestände gibt. Der Eichenprozessionsspinner ist in der Region heimisch. In den letzten zehn bis 15 Jahren hat er sich aber durch gute klimatische Bedingungen stark ausgebreitet. In den von ihm betreuten Wäldern hat Aubele daher Warnhinweise aufgehängt. Auf keinen Fall sollte man die Nester berühren oder ihnen zu nahe kommen. Auch sollte man sich nicht unter betroffenen Bäumen aufhalten, da die Nester bei Wind herunterfallen können und die Haare auch auf dem Boden darunter liegen. Auch in anderen Teilen des Landkreises haben die Behörden reagiert. So wurde etwa im Großholz bei Hochhausen wegen Nestern des Eichenprozessionsspinners eine Grillstelle gesperrt, wie ein Sprecher des Landratsamts auf Anfrage unserer Zeitung mitteilt.

Spezialfirma im Einsatz

Aubeles Warnhinweise finden sich zum Beispiel entlang eines beliebten Wanderwegs im Bad Mergentheimer Ketterwald. Dieser verfügt über einen Eichenanteil von 40 Prozent. Dort sind jedoch nur noch Nester mehrere Meter über dem Boden zu sehen. Alles, was sich tiefer befand, haben vor kurzem Mitarbeiter einer Spezialfirma entfernt.

Beim Kampf gegen den Eichenprozessionsspinner kommen verschiedene Methoden zum Einsatz. Bei einer von ihnen werden die Nester zuerst mit (Zucker-)Wasser besprüht, um die Raupenhäute zu verkleben. Dann werden die Nester mit Schutzhandschuhen abgenommen und in speziellen Behältern entsorgt. Abschließend werden die Bäume zum Beispiel mit einem Gasbrenner geflammt, um die letzten Raupenhautreste zu vernichten. Bei höher angebrachten Nestern kommen Baumkletterer zum Einsatz. Es gibt aber noch eine andere Möglichkeit, den Eichenprozessionsspinner zu bekämpfen. „Um die Gefahr früh einschätzen zu können, kontrolliert die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt in Freiburg im Frühjahr Astproben aus betroffenen Bäumen und zählt, wie viele Eier sich darin finden“, erklärt Aubele. Wenn eine große Population zu erwarten ist, können Hubschrauber „häutungshemmende Mittel“ versprühen. Dadurch würden aber auch Raupen anderer Schmetterlingsarten getötet, wie etwa die des seltenen Bläulings, der sich im Ketterwald angesiedelt hat. Aubele ist daher froh, dass hier in diesem Jahr keine Sprühmaßnahmen notwendig waren.

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