Odenwald-Tauber. Auch in Baden-Württemberg werden inzwischen regelmäßig Geldautomaten gesprengt. Noch größer ist das Problem in Nordrhein-Westfalen, weil hier laut Bundeskriminalamt (BKA) unter anderem niederländische Tätergruppen aktiv sind. Fürs Ländle fordert Innenminister Thomas Strobl Hersteller und Banken auf, nachzujustieren und die Sicherheitsvorkehrungen zu erhöhen, die Polizei gebe alles, um die Täter zu ermitteln.
Geschlossene Geldautomaten-Standorte und hohe Kosten für Umrüstung
Der Sparkassenverband Baden-Württemberg erklärt auf Anfrage, dass die 50 selbstständigen Sparkassen im Ländle in ihren 1870 Filialen rund 2000 Geldautomaten betreiben. „2021 verzeichneten die Sparkassen in Baden-Württemberg 25 Angriffe auf Geldautomaten. 2022 waren es im ersten Halbjahr mit elf Angriffen etwas weniger als 2021. Die Zahlen für das zweite Halbjahr 2022 bekommen wir erst bis Ende Januar“, so Pressesprecher Stephan Schorn vom Sparkassenverband. Die Zahl werde in etwa gleich bleiben. „Einen sprunghaften Anstieg sehen wir zum Glück nicht. Zur Schadenshöhe machen wir grundsätzlich keine Angaben. Grundsätzlich gilt, dass der Schaden, der an den Geräten und den Filialen entsteht ein vielfaches höher liegt, als die von der Tätern erbeuteten Summen“, sagt Schorn.
Viele Sparkassen hätten ihre Geldautomaten an gefährdeten Standorten bereits umgerüstet und dafür zum Teil sehr viel Geld investiert, berichtet Schorn weiter: „So sind zum Beispiel an besonders gefährdeten Standorten Farbpatronen im Einsatz, die bei einem Aufbruch das Geld einfärben. Welche Maßnahmen jeweils geeignet sind, hängt maßgeblich von den Gegebenheiten vor Ort ab.“
„In Baden-Württemberg haben einige Sparkassen einzelne Standorte geschlossen, da das Risiko einer Gefährdung von Menschen durch eine Sprengung zu groß ist. Andere SB-Standorte werden nachts geschlossen“, so Schorn.
Auch der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken bestätigt, dass man alles daran setze, „mit geeigneten präventiven Maßnahmen Angriffen vorzubeugen und die Fallzahlen durch Sprengungen nachhaltig zu reduzieren“. Wichtig sei auch „die erfolgreiche Zusammenarbeit der europäischen Strafverfolgungsbehörden, da die Tätergruppen häufig international agieren“. sabix
Rottenburg-Hailfingen, Pforzheim-Eutingen, Pforzheim-Haidach, Bretzfeld-Schwabbach – hier kam es allein in den vergangenen Wochen zu Explosionen. 34 Fälle bestätigte das Landeskriminalamt dem SWR auf Anfrage für 2022. Knapp 1,9 Millionen Euro seien dabei von den Tätern erbeutet worden.
Den Zugang zu ihren derzeit 39 Geldautomaten hat die Sparkasse Tauberfranken bislang nicht eingeschränkt, berichtet Thomas Landwehr, der Leiter Öffentlichkeitsarbeit, auf Nachfrage unserer Zeitung und betont weiter zum Thema: „Wir sind hier grundsätzlich sehr aufmerksam und investieren regelmäßig in neue Sicherheitsmaßnahmen was sich sowohl in baulichen Anpassungen, als auch in der Nachrüstung technischer Innovationen zeigt.“
Einfärbe-Systeme
Einbruchmeldeanlagen, Videotechnik, aber auch Einfärbe- und Klebesysteme, um im Fall einer Sprengung Bargeld unbrauchbar zu machen, kommen in Deutschland unter anderem zum Einsatz.
Die Sparkasse Tauberfranken teilt im Zusammenspiel mit dem Sparkassenverband mit, dass „in den vergangenen zwei Jahren die Zahl der Angriffe auf Geldautomaten mit Festsprengstoff bundesweit stark zugenommen hat“. Die Wucht der Detonationen sorge nicht nur für erheblichen Sachschaden, sondern berge vor allem auch ein hohes Risiko für Leib und Leben unbeteiligter Dritter, insbesondere der unmittelbaren Anwohner. Entsprechend investierten die Sparkassen schon lange in „standortindividuelle Sicherungsmaßnahmen“.
Bereits im vergangenen Herbst haben sich Banken und Sparkassen in einer gemeinsamen Erklärung mit dem Bundesinnenministerium, dem BKA, der Deutschen Bundesbank und weiteren Institutionen auf Maßnahmen zur Gefahrenabwehr verständigt.
Ob bauliche, mechanische, elektronische oder organisatorische Maßnahmen ergriffen werden, hänge maßgeblich von den Gegebenheiten vor Ort ab. Als „Ultima Ratio“ sei gar die Schließung gefährdeter Standorte denkbar.
Noch keine Schließungen
Tilmann Fabig, Pressesprecher der Volksbank Main-Tauber, teilt mit, dass die Volksbank 27 reine Geldautomaten und 18 Ein- und Auszahlautomaten betreibt. „Um der Gefahr einer Sprengung zu begegnen, setzen wir in Zukunft verstärkt auf gut ausgeleuchtete und frei einsehbare Standorte mit hoher Frequenz“, sagt Fabig. Eine Schließung von Standorten aufgrund der Gefährdungslage sei bisher nicht erfolgt.
Fabig erklärt weiter: „Natürlich achten wir bei allen unseren Standorten darauf, die Sicherheitssysteme immer auf dem aktuellen Stand zu halten.“
Aufgrund der Tatsache, dass sich immer weniger Bargeld im Umlauf befinde, so Fabig, werde sich das Thema immer stärker auf wenige Standorte konzentrieren.
„Unsere oberste Prämisse ist natürlich die Sicherheit unserer Mitarbeiter und Kunden. Um die Risiken durch kriminelle Handlungen hier so weit wie möglich zu minimieren, führen wir neben den oben genannten Maßnahmen regelmäßig Schulungen durch, um unsere Belegschaft für entsprechende Auffälligkeiten zu sensibilisieren und so frühzeitig bei verdächtigen Vorgängen den Kontakt mit der Polizei aufzunehmen.“
Keine Taten im eigenen Gebiet
Direktorin Anja Herkert von der Sparkasse Neckartal-Odenwald sagt auf Anfrage unserer Zeitung: „Von den 46 Geldautomaten unserer Sparkasse waren im vergangenen Jahr keine von Sprengungen oder mechanischen Aufbruchsversuchen betroffen.“
Zudem fügt sie an: „Es wurden in der Vergangenheit keine Standorte wegen besonderer Gefährdung außer Betrieb genommen und es war deshalb auch nicht erforderlich, diesbezüglich Öffnungszeiten einzuschränken oder ähnliche Gegenmaßnahmen zu ergreifen.“
Neueste Technik
Auch die Sparkasse Neckartal-Odenwald investiere „schon lange in standortindividuelle Sicherungsmaßnahmen, die im besten Fall nicht nur darauf abzielen, den Erfolg der Tat zu erschweren, sondern die Tat schon im Vorfeld zu verhindern“.
Derzeit werde, so Herkert, bei der Sparkasse Neckartal-Odenwald eine hohe Anzahl an Geldautomaten ausgetauscht: „Die neuen Geldautomaten werden mit den neuesten und damit erhöhten Sicherheitsmerkmalen ausgestattet sein.“
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/bad-mergentheim_artikel,-bad-mergentheim-gefahr-gesprengter-geldautomaten-beschaeftigt-auch-banken-in-der-region-_arid,2041595.html