Kreative Köpfe (Teil 8 und Schluss)

Erfinderwettbewerb: In 20 Jahren vom Start-up zum Exportmodell

Der Erfinderwettbewerb „Kreative Köpfe“ hat sich in den vergangenen 20 Jahren in der Region bestens etabliert. Er hat Schulen, Kommunen und Unternehmen erfolgreich zusammengebracht. Zeit für eine Bilanz.

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Inge Braune
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Wettbewerbsorganisatorin Iris Lange-Schmalz (links) und Dr. Anna-Katharina Wittenstein, Vorstand der Stiftung „Junge Kreative Köpfe“, lassen sich gern von den Ideen der Jungerfinder begeistern. © Inge Braune

Bad Mergentheim/Igersheim. In den vergangenen acht Wochen haben die Fränkischen Nachrichten mit einer kleinen Serie über die „Kreativen Köpfe“ des Jahres 2023 berichtet. Im Vorfeld der anstehenden Preisverleihung sprach unsere Reporterin mit Anna-Katharina Wittenstein und Iris Lange-Schmalz über den anerkannten Erfinderwettbewerb im Jubiläumsjahr.

In Igersheim-Harthausen entstand vor gut zwei Jahrzehnten die Idee des regionalen Erfinderwettbewerbs für Schülerinnen und Schüler. Die treibende Kraft war Manfred Wittenstein.

Seine weitsichtige Idee, etwas zu gestalten, das junge Menschen mit guter Ausbildung in der Region halten könnte, teilte er an einem Maiabend beim gut einstündigen Brainstorming mit Ulrich Boelcke. Danach hatte Boelcke, der eifrig Notizen machte, das Grobkonzept des Wettbewerbs auf seinem Block.

Natürlich gab es auch damals schon Wettbewerbe, der bekannteste dürfte „Jugend forscht“ sein. Der 1965 ins Leben gerufene Wettbewerb fordert ebenfalls mit Unterstützung von Paten-Unternehmen den Forschergeist naturwissenschaftlicher und technischer Jungtalente heraus.

Übergreifendes Netzwerk

Wittensteins Idee greift weiter aus: Er wollte von Anfang an Schülerinnen und Schüler sämtlicher Schularten einbeziehen und ein die Schulen, Unternehmen und Kommunen überspannendes regionales Netzwerk gestalten. Das zunächst in der Region Bad Mergentheim angesiedelte Projekt erwies sich schon schnell als Modell mit Strahlkraft: Wettbewerbsableger fassten nicht nur in den Regionen Tauberbischofsheim und Wertheim Fuß, sondern übersprangen weit die Kreisgrenze: Neckarsulm ergänzt als vierte Wettbewerbsregion das Jungerfinder-Kleeblatt.

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Allein in der Region Bad Mergentheim beteiligten sich seit dem ersten Startschuss für die Kreativen Köpfe rund 850 Schülerinnen und Schüler am Wettbewerb, berichtet Anna-Katharina Wittenstein, promovierte Betriebswirtin, Kuratorin der Wittenstein-Stiftung und seit 2022 Aufsichtsrätin der Wittenstein SE.

Gemeinsam mit Wettbewerbsorganisatorin Iris Lange-Schmalz verfolgt sie seit Jahren aufmerksam die vielfältigen Ansätze der Jugendlichen bei der Lösung ihrer selbst gestellten Aufgaben. Sie sind stolz, froh und glücklich, dass sich auch in diesem Jahr wieder so viele Schülerinnen und Schüler mit spritzigen Ideen am Wettbewerb beteiligt haben. Ungeheuer spannend sei der Kontakt mit den Jugendlichen, die die Erwachsenen mit ihrem kritischen Blick auf die Welt immer wieder auch überraschen.

Tüfteln mit Spaß

Manche, denen die Tüftelei besonders viel Spaß machte, nahmen mehrfach teil, errangen Gesamt- und Kategorie-Siege. Ausgezeichnet wurde etwa ein Wasser sparender Pinselreiniger, ein Sicherheitsteppich, ein intelligenter Rauchmelder, ein Anfeuerholz-Spalter, eine treppentaugliche und zugleich als Leiter nutzbare Sackkarre sowie wiederverwendbare Ohrenschützer, die auch bei heißestem Hair-Styling die empfindliche Ohrhaut schützen.

Wer ganz oben auf dem Treppchen landen würde, blieb immer bis zur allerletzten Sekunde ein Geheimnis. Wie sich die Wettbewerbsteilnehmer in dieser Jubiläumsrunde geschlagen haben, erfahren sie an diesem Donnerstag am Wettbewerbs-Geburtsort in Harthausen.

Wichtige Erfahrungen

Ganz gleich, ob sie mit ersten, zweiten oder dritten Preisen ausgezeichnet werden: Sie nehmen jede Menge Erfahrungen mit aus dem Wettbewerb. Sie haben sich als selbstwirksam, durchhalte- und teamfähig erfahren, konnten schon mal ins Berufsleben hineinschnuppern, Kontakte knüpfen. Etliche unterstützen Iris Lange-Schmalz bei der Werbung an den Schulen und melden sich noch Jahre später immer mal wieder bei der Wettbewerbsorganisatorin.

Natürlich sei die Durchführung des Wettbewerbs für die Unternehmen und auch die Schulen mit viel Aufwand verbunden, aber, so Iris Lange-Schmalz: „Die jungen Menschen geben uns auch viel!“ Und sie schärfen, so Anna-Katharina Wittenstein, in den Unternehmen den Blick für „neue Perspektiven und Problemwahrnehmungen“.

Nachhaltigkeit ist großes Thema

Haben sich die Jugendlichen und ihre Erfinderideen verändert in den letzten beiden Jahrzehnten? Beide Gesprächspartnerinnen grübeln. Sie sehen eine größere Neigung zur Teamarbeit, und auch die Themenschwerpunkte hätten sich verlagert. Nachhaltigkeit beschäftige in wachsender Vielfalt die Jugendlichen: Da gehe es nicht mehr nur um ökologische Fragen, sondern auch um „soziale Nachhaltigkeit“, wie Iris Lange Schmalz erläutert: „Viele Kreative Köpfe versuchen, mit ihren Erfindungen älteren Menschen eine längere aktive Teilhabe am Leben zu ermöglichen.“

Das Teilnehmerfeld ist jünger und internationaler geworden: zwölf, 13, 14 Jahre alt waren die meisten bei der jüngsten Wettbewerbsausschreibung, bei etlichen Teilnehmenden stammen die Familien aus anderen Kulturkreisen. Alter, Muttersprache, Schulart: Spätestens bei den Workshops „Von der Idee zum Projektergebnis“ und „Präsentationscoaching“ spielen Verschiedenheiten keine Rolle mehr, unterstützen sie sich gegenseitig.

Ähnlich wie der Zusammenhalt eines Wettbewerbsjahrgangs wächst auch das Gemeinschaftsgefühl der Experten aus den kooperierenden Betrieben, die sich seit einigen Jahren zu Beginn einer Wettbewerbsrunde zur gemeinsamen Wissenswerkstatt treffen. Das kommt nicht nur Projekten zugute, die auf die Unterstützung aus mehreren Betrieben zurückgreifen, es stärkt auch die Kommunikation und Kooperation der Firmen untereinander: Man zieht in der Region verstärkt an einem Strang. „Uns allen geht es darum, eine attraktive Region zu gestalten“, betont Anna-Katharina Wittenstein.

Neue Felder

Längst ergänzt die ebenfalls auf Initiative von Manfred Wittenstein zurückgehende Jugendtechnikschule Taubertal das Portfolio der MINT-Förderung. Keine Frage ist es für sie und Iris Lange-Schmalz, dass der Wettbewerb das Potenzial hat, weiter zu wachsen – in neue Regionen ebenso wie auch in neue Themenfelder jenseits Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik.

Freie Autorin Berichte, Features, Interviews und Reportagen u.a. aus den Bereichen Politik, Kultur, Bildung, Soziales, Portrait. Im Mittelpunkt: der Mensch.

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