Bad Mergentheim. Eigentlich war und ist die „Umbrella Street“ ein Provisorium zur vorübergehenden Platzgestaltung auf dem derzeit autofreien Gänsmarkt. Als Ergebnis einer ersten Bürgerbeteiligung sollte der Bereich von einem Verkehrsknotenpunkt zu einem Platz mit Aufenthaltsqualität werden – er sollte zum Verweilen einladen. Das ist den Planern mit der Teilschließung, die auch in der zweiten Testphase beibehalten wurde, gelungen – trotz Corona. Stets waren Menschen dort anzutreffen, die das außergewöhnliche Umfeld auch gern als Fotomotiv nutzten.
Die „Umbrella Street“ in Zahlen
- Das Stadtbauamt hat die Planung erstellt und mit der Firma „gh prosound“ aus Lauda-Königshofen als regionalem Projektpartner umgesetzt. Die Konstruktion ist gemietet und noch nicht schlussgerechnet. Sie bleibt auch nach dem Abbau der Schirme noch etwas stehen, da sie zur Beschattung des Platzes benötigt wird.
- Die jeweils knapp 80 Schirme hatten in beiden Farb-Varianten einen Stückpreis von etwa 20 Euro. Die Sitzgelegenheiten und weiteren Möbel waren zunächst eine Leihgabe der Herstellerfirma. Bereits im letzten Jahr haben sich Stadtverwaltung und Gemeinderat dafür entschieden, die Möbel nicht zurückzugeben, sondern für knapp 24 000 Euro dauerhaft zu übernehmen. Mit diesem Preis hat der Hersteller der Stadt einen Abschlag von 55 Prozent auf den Neupreis eingeräumt und die Sitzgelegenheiten und Begrünungs-Elemente können künftig überall im Stadtgebiet aufgestellt werden.
Nun zeigt sich die „Umbrella Street“ in ihrer dritten und letzten Aufmachung. Die weihnachtlichen Leucht-Girlanden wurden aus dem Dach weißer Schirme entfernt und einige bunte LED-Spotlichter installiert, die die Schirme am Morgen und am Abend in die unterschiedlichsten Farben tauchen.
„Mit dem Frühling – wahrscheinlich im April – werden die Schirme dann entfernt und eine neue Platzgestaltung soll den Gänsmarkt noch einmal anders zeigen“, erklärt Carsten Müller auf FN-Anfrage. Voraussetzung dafür sei aber, dass die Verkehrsführung zumindest in diesem Bereich unverändert so bestehen bleibe. Ein entsprechender Beschluss steht am Donnerstag im Gemeinderat an. Spricht sich das Gremium mehrheitlich für eine Verlängerung der derzeitigen Verkehrsführung aus, plant die Stadt eine sommerliche Platzgestaltung mit verschiedenen Elementen – unter anderem mit einem kleinen „Popup-Spielplatz“ für Kinder. Im Detail hängt dies noch von der weiteren Corona-Entwicklung ab.
Positiver Rückblick
„Kurz vor Schluss fällt der Rückblick auf die vergangenen Monate mit den ‚Fliegenden Schirmen’ auf dem Gänsmarkt richtig positiv aus. Vielleicht sogar schon gemischt mit ein klein wenig Wehmut, denn mit diesem durchschlagenden Erfolg eines zeitlich begrenzten, provisorischen Beiwerks, das einfach nur zeigen sollte, was bei der Gestaltung eines Platzes möglich ist, haben wir nicht gerechnet“, sagt Oberbürgermeister Udo Glatthaar. Die Aktion habe der Stadt über Monate eine riesige Aufmerksamkeit beschert. Höhepunkt sei sicher gewesen, dass die Bilder in amerikanischen Fernsehsendern und britischen Zeitungen aufgetaucht seien. „Aber auch, dass wir im Sommer Gäste in der Tourist-Information hatten, die nur wegen der Schirme gekommen waren, hatten wir so nicht erwartet. Umso mehr können wir alle gemeinsam zufrieden sein mit diesem überwältigenden Erfolg“, blickt Glatthaar zurück. Alle drei Varianten der „Umbrella Street“ haben laut OB für viel Zuspruch und Hunderte Selfies in den sozialen Netzwerken gesorgt. „Ein besserer Botschafter für unser Stadt-Motto ,Lebensfreude’ ist kaum vorstellbar. Müsste man einen Favoriten nennen, so hatte sicher die bunte Sommer-Variante die größte Resonanz, aber bis heute bekommen wir positive Rückmeldungen zu dem Projekt, auch zu den winterlichen Gestaltungen. Es lohnt sich also, etwas Neues auszuprobieren – und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir mit dieser Kreativität und breiter Beteiligung auch eine gute Dauer-Lösung für einen neuen, schöneren Gänsmarkt mit hoher Aufenthaltsqualität und damit für eine noch attraktivere Innenstadt entwickeln werden“, verdeutlicht der Oberbürgermeister.
Neugestaltung notwendig
Damit verwies das Stadtoberhaupt auf das große übergeordnete Projekt – die finale bauliche Neugestaltung des Gänsmarktes. Diese ist nötig, da die Straßen und Flächen nach diversen Tiefbauarbeiten sehr stark sanierungsbedürftig sind. Wenn die Frage der Innenstadt-Verkehrsführung abschließend geklärt ist, soll die Neugestaltung im Dialog mit Bürgern und Gremien entwickelt werden.
Dass es zur Verkehrsführung am Gänsmarkt auch andere Vorstellungen gibt, zeigt zum Beispiel eine Stellungnahme des FDP-Ortsverbandes Bad Mergentheim, die er den FN zukommen ließ. Er habe sich auf Initiative der beiden FDP-Stadträte Professor Hans-Werner Springorum und Artur Schmidt mit dem Thema beschäftigt und favorisiert eine ganz andere Lösung für den Sommer. Artur Schmidt hatte bereits in der Sitzung Anfang Dezember gegen die zweite Testphase gestimmt und eine dritte mit einem offenen Gänsmarkt Richtung Härterichstraße ins Spiel gebracht. weil er ein Ausbluten der Stadt befürchtete.
„Im Einklang mit den beiden Stadträten sieht es der Ortsverband als dringend geboten an, eine weitere Testphase III vorzusehen und zwar durch eine Öffnung des Gänsmarktes für eine Durchfahrt vom Ledermarkt in die Härterichstraße – wenn auch im Schritttempo. Der Stadtrat möge doch diese sechs- bis achtwöchige Testphase unbedingt beschließen“, heißt es in der Stellungnahme. Die jetzige Verkehrsführung dient laut FDP-Ortsverband weder einer Verkehrsberuhigung noch einer Verkehrsordnung, sondern „der Chaotisierung oder Verkehrsverhinderung und Gefährdung von Schulen und Kindergärten“.
In der engen Holzapfelgasse befinde sich eine Schule mit 600 Schülern und in der Münzgasse ein Kindergarten. Diese Ableitung über die Münzgasse werde trotz der dazu notwendigen halsbrecherischen Wendeaktionen auf dem Parkplatz am Schloss benutzt. Die zunehmend notwendige Ausfahrt von der Holzapfelgasse in den Unteren Graben sei zudem eine Gefahrenstelle.
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