Parkschadensbericht

Baden-Württemberg: Klimawandel macht Parks zu schaffen

Forscher der TU Berlin haben erstmals von einem Großteil der historischen Parks und Gärten in Deutschland die Schäden an Gehölzen infolge des Klimawandels erfasst. Auch Bad Mergentheim und Weikersheim rückten ins Blickfeld.

Von 
Sascha Bickel
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Der Schlosspark Bad Mergentheim. © FN-Archiv/Bickel

Bad Mergentheim/Weikersheim/Berlin. „Den Bäumen in Parks geht es schlecht“ – das ist das Ergebnis des aktuellen Parkschadensberichtes der Technischen Universität (TU) Berlin. Die Forscher haben Datensätze von 62 Parkanlagen aus elf Bundesländern ausgewertet, darunter auch der Park von Sanssouci, der Park von Schwetzingen, der Englische Garten in München, der Schlosspark in Bad Mergentheim, der vom Landesbetrieb „Vermögen und Bau“ betreut wird, sowie der Schlosspark Weikersheim, der zum Verantwortungsbereich der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg zählt.

Historische Parkanlagen leiden unter Klimastress

In einer ausführlichen Pressemitteilung geht die TU Berlin auf die Thematik ein und erklärt: „Historische Parkanlagen leiden unter Klimastress – die bundesweite Studie kommt zu alarmierenden Ergebnissen.“ Die Studie „Parkschadensbericht – Zustandserfassung der Schäden an Gehölzen in historischen Parks in Deutschland infolge des Klimawandels“ wurde von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert.

Der Schadensbericht soll eine Grundlage liefern, um zielführend an einer Strategie zur Erhaltung dieses wichtigen Kulturgutes arbeiten zu können. Einleitend heißt es von den Forschern: „Infolge der extremen Wetterphänomene der Jahre 2017, 2018 und 2019 kam es zu massiven Schädigungen in den historischen Parks und Gärten Deutschlands. Vielfach betroffen waren wertvolle alte Gehölze: Es kam zu Astbrüchen, Zusammenbrüchen und Entwurzlungen von Einzelbäumen, aber auch ein Absterben ganzer Baumgruppen und -bestände wurde beobachtet. Als primäre Ursache schienen die Extremwetter-Perioden verantwortlich zu sein, die als Teil des einsetzenden Klimawandels gedeutet werden.“

Lokale Unterschiede in der Baumgesundheit sind groß

Aus den vorhandenen Daten haben die Vegetationsökologen eine Analyse des Ist-Zustands im Jahr 2022 hergestellt. „Wir konnten eindeutig eine Verschlechterung der Situation bei den Bäumen in den vergangenen Jahren feststellen. Dabei waren die Auswirkungen aber auch individuell, das heißt vor allem lokal sehr unterschiedlich“, so Studienleiter Norbert Kühn.

Die Forscher erfassten auch die Vitalität, also die Lebenskraft, von 157 323 Bäumen. „Rund 41 Prozent der Bäume waren vital und kaum beeinträchtigt, ca. 50 Prozent waren leicht bis mittelstark beeinträchtigt und neun Prozent waren schwer beeinträchtigt bis tot. Das bedeutet: 59 Prozent aller Bäume in diesen historischen Parkanlagen zeigten 2022 Beeinträchtigungen. Die Anzahl der geschädigten Bäume schwankte stark, je nach Parkanlage“, so die Forscher. Räumliche Tendenzen seien nicht sichtbar. Besonders viele geschädigte Bäume (90 bis 100 Prozent) wiesen die Anlagen in Liebenstein, Wiesbaden, Lichtenwalde, Hamburg Jenischpark und Kassel Schönfeld Park auf. Besonders gering geschädigte Bestände (fünf bis 25 Prozent) finden sich in Pillnitz, Bad Mergentheim, Großsedlitz bei Dresden, im Stuttgarter Schlossgarten und in Rastatt.

Fremdländische Arten schneiden besser ab als heimische

Auffallend für die Forscher war, dass die fremdländischen Zukunftsbaumarten, also Arten, die für den Klimawandel in Deutschland favorisiert werden, in der Regel besser abschneiden als heimische Arten. Zu den Baumarten, die Hitzestress und Trockenheit besser vertragen, gehören unter anderem die Flaum- und Zerr-Eiche sowie die Hopfenbuche oder die Silber-Linde.

In der Untersuchung wurde deutlich, dass die historischen Parks und Gärten ein Hotspot der biologischen Vielfalt sind. 543 verschiedene Baumarten beziehungsweise Hybriden und 602 Sorten finden sich in den Katasterdaten der 62 untersuchten Anlagen. Zum Vergleich: In ganz Deutschland gibt es nur 92 heimische Baumarten.

„In allen Parkanlagen konnten geschädigte Bäume festgestellt werden. Die Hitze und Trockenjahre 2018 bis 2020 haben sich unterschiedlich ausgewirkt. Je nach standörtlicher Vulnerabilität und Wetterverlauf ergeben sich geringe bis sehr starke Auswirkungen. Jedoch konnten in allen untersuchten Parkanlagen Verschlechterungen der Baumgesundheit in diesen Jahren dokumentiert werden“, erklärt die TU Berlin abschließend.

1100 Bäume in der Kurstadt Bad Mergentheim

Für den Schlosspark Bad Mergentheim ist das Landesamt „Vermögen und Bau“ zuständig. Landschaftsarchitekt Joachim Benz von der Abteilung „Grünflächenmanagement“ gab den FN Auskunft und teilte mit, dass man gut 1100 Bäume pflege. „Aus unserer Sicht deckt sich das Studienergebnis weitgehend mit unserer Einschätzung vom Zustand der Bäume im Park. Wie allerorts leiden auch unsere Gehölze unter den zunehmenden Wetterextremen mit ausgedehnten Trockenheitsphasen und Hitzeperioden“, so Benz.

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In Abhängigkeit von der Baumart seien auch hier Schäden an den Bäumen zu erkennen. „Dass der Park im Bundesdurchschnitt eine vergleichsweise geringe Schädigung aufweist, führen wir unter anderem darauf zurück, dass sich mit dem Mühlkanal und dem Pappelinselsee Wasserflächen im Park befinden von denen die Bäume teilweise profitieren können. Wir hoffen, dass sich dieser positive Effekt noch weiter verstärkt, wenn in Zukunft weitere, in der Historie vorhandene Wasserflächen, wiederhergestellt werden können.“ Und Benz fügt noch an: „Wir profitieren in Bad Mergentheim von einem großen Artenspektrum an Bäumen, so dass selbst bei stärkeren Schäden an einer einzelnen Art aktuell eine weitgehend vitale Baum-Gesellschaft besteht.“

Baum-Daten in Weikersheim

Zu den Parks mit besonders gering geschädigten Beständen zählt auch noch der Schlosspark Weikersheim. Das sagt Dr. Meike Kirscht. Sie ist die zuständige Gartenkonservatorin von den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württemberg. Von jedem der rund 400 Bäume im Weikersheimer Schlosspark gebe es eine „Akte“ in der die Vitalitätsdaten und erfolgte Maßnahmen hinterlegt seien. Insgesamt stelle man bislang nur geringe Schäden vor Ort fest, aber besorgniserregend sei dennoch, dass das Baumsterben, wenn es denn einsetze viel schneller vonstatten gehe. Das Tempo der Pilzerkrankungen, die auch auf lebendes, aber eben geschwächtes Holz übergingen, überrasche. So hätten die Baumpflegemaßnahmen in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen, um den Park vital zu halten. Der Trockenstress und die stärkere Sonneneinstrahlung seien überall und entsprechend auch in Weikersheim ein zunehmendes Thema, so Dr. Kirscht.

Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

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