Bad Mergentheim. Eine große Anzahl an Bürgern und Gästen der Stadt folgte der Traditionsveranstaltung vor dem Alten Rathaus von Bad Mergentheim. Die einen mögen sie wegen der bunten Uniformen, die anderen, weil die ganze Veranstaltung ein Moment der offenen Worte ist. Politische Entwicklungen und die Arbeit von Politikern werden vonseiten der Sprecher des Historischen Schützen-Corps und der Historischen Deutschorden-Compagnie freimütig reflektiert und kommentiert. Das muss nicht jedem gefallen, doch gerade darin liegt auch der Reiz: klare Worte bei einem offenen Visier.
Nach dem musikalischen Einzug der grünen und weißblauen „Historischen“ auf den Marktplatz war es Oberbürgermeister Udo Glatthaar vorbehalten, die Traditionsvereine ebenso zu begrüßen, wie Einwohner und Gäste der Kurstadt. Ein besonderer Gruß des Verwaltungschefs galt einer Abordnung der Schützencompagnie aus dem bayerischen Waldmünchen.
Als Bürger zusammenstehen
Jeder Mensch setze „große Hoffungen in einen Jahresanfang“, so der OB. Er schöpfe seine Zuversicht aus der Weihnachtsbotschaft. Die bestimme auch seinen Blick auf die Region, in der das Glas perspektivisch „mehr als halbvoll“ sei. Trotzdem gebe es große Herausforderungen, auch bedingt durch Krisen und Kriege. Glatthaar rief dazu auf, Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten, ein besonderes Augenmerk zu schenken.
Angesichts des Krieges in der Ukraine sei jedem deutlich geworden, dass Demokratie keine Selbstverständlichkeit sei. Es gelte zusammenzustehen – auch, damit ein Leben in Wohlstand in Zukunft möglich sei. Bad Mergentheim, so der OB, sei schon immer eine „internationale Stadt“ gewesen. Vor dem Hintergrund einer humanistisch-christlichen Weltsicht sei es angezeigt, Toleranz zu üben und nicht den „schrillen Tönen“ Raum zu geben. Herausforderungen und Chancen: Er sei sich sicher, dass man beides mit bürgerlichem Gemeinsinn meistern könne.
Günther Etzl (Schützen-Corps) sprach als rechte Hand des erkrankten Hauptmanns Andreas Schweizer. Sich etwas vornehmen und es schnell wieder über den Haufen zu werden, das kenne man als Vorsatz in der Neujahrsnacht – und auch von der Bundesregierung in Berlin, aus der Landespolitik und aus dem Gemeinderat. Er wünsche sich Stringenz und Einigkeit aller Länder der Erde, damit der Planet nicht weiter ausgebeutet werde. Hilfe zu einem menschenwürdigen Leben, ja Wohlstand auch in armen Ländern, statt soziales und wirtschaftliches Gefälle – wichtig für Frieden und Freiheit in Heimatländern.
Von der großen Politik wünsche er sich mehr Sachverstand, Weitsicht, Kompetenz und Verantwortung. Vor Ort an der Tauber solle man „nicht immer nur auf Gutachten“, sondern auf den gesunden Menschenverstand und das Herz hören. Am wichtigsten sei aber, den Humor nicht zu verlieren.
Menschen ernst nehmen
Andreas Lehr (Deutschorden-Compagnie) erinnerte an die Tradition der freien Rede, die er als Privileg empfinde. Nicht überall auf der Welt sei dies so. Es sei die Tradition der Bürgerwehren, freiheitliche Rechte zu schützen und auch wahrzunehmen. „Menschen erwarten offene Worte und „verständliche Lösungen“. Fragen der Migration und der sozialen Gerechtigkeit etwa sollten offen angesprochen werden. Menschen ernst nehmen müsse Grundsatz des Handelns sein. Für vermeintlich einfache – extremistische – Lösungen jeglicher Ausprägung sei dagegen „kein Platz“ im Land und „unserer Stadt“. Lehr sprach sich klar gegen Hass und Hetze aus, forderte aber eine „neue Deutlichkeit“. Freiheit müsse man erringen – und das beginne im Kleinen, in Familien und Freundeskreisen und in der Nachbarschaft.
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