Main-Tauber-Kreis/Bad Mergentheim. Pünktlich zum 13-jährigen Bestehen des „Sonnenschein“, dem ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst der Malteser, erweitert sich nun das Angebot. Schon lange habe man das Ziel gehabt, eine Trauergruppe speziell für Kinder und Jugendliche anzubieten, erzählt Koordinatorin Elsbeth Kiesel im Gespräch. Doch weil es dazu qualifiziertes Personal brauchte, blieb der Wunsch lange nur ein solcher.
Nun fand sich mit Bettina Frisch eine in der Trauerarbeit erfahrene Kraft, welche die Kurse verantwortlich durchführen wird. Unterstützt wird sie dabei von den ehrenamtlichen Kräften Angela Wunderlich sowie Rolf und Doris Kübler.
Kleine Gruppengrößen nach Alter getrennt
Am 24. Februar soll der Kurs beginnen und mit insgesamt neun Terminen Kinder und Jugendliche über das Jahr begleiten. Das Team um Bettina Frisch setzt dabei auf kleine Gruppengrößen von maximal zehn Teilnehmern, aufgeteilt in eine Kindergruppe (von sechs bis zehn Jahre) und eine Gruppe für Jugendliche (von elf bis 16).
Sei es ein verstorbenes Elternteil, der Verlust von Bruder oder Schwester oder auch ein nahe stehender Verwandter – für Kinder und Jugendliche, die von einer solchen Situation betroffen sind, steht das kostenfreie Angebot offen. In kleinen und festen Gruppen soll nach dem Willen der Organisatorinnen ein geschützter Raum für die Trauer der jungen Menschen entstehen.
Doch was erwartet die Teilnehmer? „Die Sitzungen werden 90 Minuten dauern und neben festen Ritualen zum Anfang und Ende der Sitzungen soll es dazwischen viel um das Erinnern, die Gefühle und das Einordnen des Verlustes gehen. Sie werden in diesem Rahmen ihren Gefühlen dann auch kreativ Ausdruck verleihen können“, beschreibt Bettina Frisch den Ablauf.
Kinder sind mit mit ihren Gefühlen nicht alleine
Doch warum sollten Kinder und Jugendliche Teil einer solchen Gruppe sein? Was ist der Unterschied des Gruppenrahmens zur eigenen Familie und dem Umfeld? „Kinder sind unter Kindern anders und sehen, sie sind mit ihrer Situation und ihren Gefühlen nicht alleine“, erklärt Frisch. Kinder würden im Privaten ihre Gefühle oft nicht rauslassen, um ebenfalls trauernde Angehörige nicht zu belasten. „Sie passen sich an. Trauernde Kinder sind wie ein Chamäleon, man sieht es oft nicht“, so ihr Fazit. Genau hier soll das Angebot der Trauergruppen ansetzen. Dabei handelt es sich nach Angaben der Verantwortlichen nicht um eine Therapie im klassischen Sinn, Gespräche würden nicht erzwungen.
„Man redet in der Gesellschaft zu wenig über Trauer, als wäre es nicht normal“, sind sich die haupt- und ehrenamtlichen Hospizmitarbeiter einig. Dabei sei insbesondere für junge Menschen ein Todesfall oft eine Situation mit vielen Fragezeichen, für die ein vertrauter Gruppenrahmen hilfreich sein kann.
Übrigens ist die Hospizarbeit nicht nur für die Kinder und Jugendlichen, sondern auch für die betreuenden Erwachsenen eine wertvolle Erfahrung. Auch wenn bei der Arbeit mit Trauer Spaß erstmal fehl am Platz zu sein scheint, machen die Verantwortlichen des Projekts deutlich, wie viel Freude die Stunden in der Hospizarbeit machen. „Das ist auch für mich eine gute Sache, da nimmt man viel mit. Es ist nicht immer nur traurig, man kann auch viel Spaß mit den Kindern haben und in einem anderen Moment wieder hochintelligente und ernsthafte Gespräche führen“, beschreibt Rolf Kübler, der seit 2017 ehrenamtlich für den Hospizdienst arbeitet.
Kinder würden viel „spiegeln“, so dass er auch über sich und sein Leben anders nachdenke. „Es ist einfach ein gutes Gefühl, zu helfen und sich die Zeit für die Kinder zu nehmen“, ergänzt Doris Kübler. Der Ansatz der Ehrenamtlichen: „Offen auf die Kinder zugehen, auf sie eingehen und herausfinden, was ihnen gerade wichtig ist.“
Angebot für den ganzen Landkreis
Das nun beginnende Angebot soll für Interessierte aus dem ganzen Main-Tauber-Kreis offen stehen, durch die Spendenfinanzierung entstehen keine Kosten für Eltern, die ihr Kind anmelden möchten. Denkbar sei auch ein über die Malteser organisierter Fahrdienst, der die jungen Menschen von den Gemeinden des Main-Tauber-Kreises in den Gruppenraum des Hospizdienstes in der Bad Mergentheimer Schillerstraße bringt.
Bedarf ist laut Koordinatorin Kiesel durchaus gegeben, erste verbindliche Anmeldungen für die Gruppen lägen bereits vor. Im vergangenen Jahr habe man 28 Kinder aus dem Landkreis in Trauersituationen individuell begleitet, nun soll für diesen Bedarf also das Gruppenangebot geschaffen werden.
Am Mittwoch, 14. Februar, findet von 9 bis 16 Uhr in den Räumlichkeiten des Hospizdienstes auch ein erstes Kennenlernen für interessierte Eltern – gerne mit Kind – statt. Der erste Gruppentermin findet dann am 24. Februar statt, wobei sich die Kindergruppe von 10.30 bis 12 Uhr trifft, die Jugendgruppe von 13 bis 14.30 Uhr. Folgetermine sind immer samstags am 16. März, 20. April, 15. Juni, 13. Juli, 14. September, 19. Oktober, 23. November und 14. Dezember.
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