Mehrfachtäter muss in Haft

Bad Mergentheim: Nach brutalem Kopfstoß ist das Maß voll

Bei der Assamstadter Fasnacht kam es zu einem Doppelangriff mit „besonders fieser Masche“. Was der Angreifer nicht wusste: Das Opfer nahm Blutverdünner. In Bad Mergentheim kam es nun zum Strafprozess.

Von 
Michael Weber-Schwarz
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Fröhlich feiern in Assamstadt – für Einzelne ist die Fasnacht aber auch eine Gelegenheit für exzessives Trinken samt strafrechtlichen Folgen. © Klaus T. Mende

Bad Mergentheim. Mit voller Wucht den Kopf gegen den Schädel des Gegners rammen: Der „Glasgow kiss“ gilt in Schottland als probates Mittel bei Kneipenprügeleien. Eine solche Attacke bei der Assamstadter Fasnacht bringt einen jungen Mann hinter Gitter.

Wenn sich der junge Angeklagte V. (Jahrgang 2001) betrinkt, verliert er die Kontrolle über seine Impulse. Ein einzelner Ausraster führt selten zu einer Haftstrafe, doch bei V. macht es die Summe – und sein Unwille, etwas für eine Therapie zu tun.

Nach einer Gewalttat im Umfeld des Assamstadter Fasnachtsumzugs ist das Maß jetzt voll. Bewährung kann es keine mehr geben: V. muss für acht Monate ins Gefängnis. Sein unlängst geborenes Kind wird so lange ohne den Vater aufwachsen müssen. Rechtskräftig ist das Urteil des Bad Mergentheimer Amtsgerichts noch nicht.

Durch Alkohol enthemmt

Was war, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung, beim Fasnachtsumzug geschehen? Der Angeklagte V. traf unter starkem Alkoholeinfluss am Umzugstag auf einen heute 18-Jährigen. Ohne erkennbare Provokation verpasste der enthemmte V. im Randbereich der Feier seinem Opfer einen Kopfstoß. Er rammte seinen Schädel gegen das Gesicht des anderen. Das ist nicht nur äußerst schmerzhaft, sondern gefährlich. Unter ungünstigen Umständen kann ein solcher Angriff auch zum Tod des Opfers führen, hielt Richterin Susanne Friedl fest.

Was der Täter nicht wusste: Sein junges Opfer hatte wenige Monate vorher eine Embolie erlitten. Er muss deshalb einen Blutverdünner einnehmen.

Geradezu perfide die zweite Gewalttat im Anschluss: V. gibt zu verstehen, dass er nicht weiter angreifen will und hält seinem Opfer die Hand hin. Doch statt entschuldigendem Händeschütteln zieht V. das Opfer zu sich heran und verpasst ihm einen zweiten heftigen Kopfstoß. Folge: akute Schmerzen, Benommenheit, eine stark blutende Nase. Gebrochen hat sich der junge Mann glücklicherweise nichts, wie sich in der Notaufnahme herausstellte. An den Folgen des Überfalls hatte er aber fast zwei Monate lang zu knabbern.

Längere Vorstrafenliste

Eine Gruppe junger Leute hat die Tat direkt mitbekommen. Ein Zeuge schützt vor Gericht aber Erinnerungslücken vor, obwohl Richterin und Staatsanwältin aufgrund von Handy-Mails überzeugt sind, dass er sehr genau weiß, was vorgefallen ist. Bei ihm wird die Justiz jetzt prüfen, ob ein Strafverfahren wegen Falschaussage eingeleitet wird.

Im Bundeszentralregister sind beim Angeklagten acht Einträge festgehalten: Unter anderem ein Jugendarrest wegen Körperverletzung, des Weiteren Nötigung, Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz und räuberische Erpressung.

Zwar zeigte sich der Mann teilgeständig, doch „er weiß, dass er alkoholbedingte Aussetzer hat“, so die Staatsanwältin. Trotz grundsätzlich stabiler sozialer Verhältnisse schlagen die „erheblichen Vorstrafen“ negativ zu Buche. Außerdem ist er immer wieder seinen Terminen bei der Bewährungshilfe nicht nachgekommen. Um ein Anti-Aggressionstraining habe er sich auch nicht hinreichend bemüht, eine Bereitschaft zur Therapie habe er nicht signalisiert. Die Staatsanwältin sieht zudem eine „hohe Rückfallgeschwindigkeit“.

Fast schon pathologisch

Selbst der Verteidiger von V. ist ratlos: „Er hatte mehr als einmal eine letzte Chance“. Der Konflikt in Assamstadt „hätte nicht sein müssen.“ Die Gewaltausbrüche seines Mandanten bezeichnete der Anwalt als fast „pathologisch“. Dennoch regte er an, dem jungen Mann eine „allerallerletzte Chance mit knüppelharten Therapieauflagen“ zu geben.

Richterin Susanne Friedl folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft: Das Urteil lautet auf eine Freiheitsstrafe von acht Monaten ohne Bewährung. Dies sei zwar „ein Holzhammer“, der aber für manche Menschen „mitunter auch erzieherisch ist.“ V. habe vor Gericht für eine mildere Strafe „zu wenig geliefert.“ Den zweiten Angriff bezeichnete Friedl als „besonders fiese Masche“, die auf eine „gewisse Abgebrühtheit“ schließen lasse.

Als Grund für seine Angriffe nannte V. eine Art Frust. Er sei aus gesundheitlichen Gründen arbeitsunfähig. Zwar sei es ihm gelungen, länger alkoholabstinent zu leben, doch bei der Fasnacht habe er eben wieder zur Flasche gegriffen.

Update und Hinweis der Redaktion: Da sich die Tat der Einzelperson im unmittelbaren Umfeld des Umzugs ereignet hat, wurde von der Redaktion ein Motiv aus dem FN-Archiv ausgewählt, das den Festzug zeigt. Nach Leser-Reaktionen an die Adresse von Teilnehmern der abgebildeten Gruppe „Kabukla“ aus Pülfringen stellen die FN klar: Die Angriffe kamen nicht aus den Reihen der Gruppe, das Foto wurde als Symbolbild verwendet. Nähere Angaben zur Herkunft des Täters macht die Redaktion aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Bad Mergentheim

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