Bad Mergentheim. Die Sala terrena war ein architektonischer Glanzpunkt in der Deutschordens-Stadt. Vor 200 Jahren wurde sie abgebrochen. Heute wäre man froh, wenn es sie noch geben würde.
In dem prunkvollen Gartensaal mit seiner malerisch kontrastreichen Fassade gab es Tanz- und Theateraufführungen, Konzerte, Gastmähler und Abendgesellschaften. 1791 wirkte hier der junge Ludwig van Beethoven als Bratschist im kurkölnischen Orchester mit. Und dass es sich bei den Deutschherren um „rechte Bonvivants“ gehandelt haben müsse, schließt Gräter daraus, dass die Sala terrena durch einen Gang mit dem Weinkeller des Schlosses verbunden war.
Nach dem 1809 von Napoleon verfügten Ende der Ordensherrschaft in den Rheinbundstaaten und damit auch in Mergentheim und der Unterwerfung der Stadt unter die württembergische Krone, zeichnete sich auch das Ende der Sala terrena ab. Das einstöckige Gebäude mit fünf Dienstbotenzimmern im Dachgeschoss, das auf einer erhöhten Terrasse lag, die von Balustraden gesäumt war, wurde 1822 vom württembergischen Fiskus mit der Maßgabe versteigert, dass es abgebrochen werde, denn „die Umgebung des Schlosses dürfte nach Wegräumung dieses Gebäudes eher gewinnen als verlieren“, so die Begründung.
Die im Gegensatz zum Schloss reizvoll gegliederte Sala terrena hatte längst ihre glanzvollen Zeiten hinter sich. Laut einer Baubeschreibung von 1822 war sie ohnehin nur noch für die Aufbewahrung von Pflanzen zu gebrauchen und diente auch als Wein- und Bierkeller.
Die Schäden waren immens. Durch eingedrungenes Wasser und Eis waren etliche Gebäudeteile aus den Fugen geraten, das Dach war zum Teil verfault und die kunstvollen Gipsdecken im Inneren stark in Mitleidenschaft gezogen.
1823 wurde die Sala terrena abgebrochen, weil der württembergische Staat die beträchtlichen Reparaturkosten für dieses entbehrlich gewordene Gebäude nicht übernehmen wollte.
Der Platz wurde eingeebnet und ist eine bis heute unbebaute Fläche im Schlossgarten zwischen dem Schloss und der Straße nach Igersheim.
„Neue Herrschaft“
Emil Raupp vermutete in seiner 1946 erschienen Dissertation über die Bautätigkeit des Deutschen Ordens in Mergentheim, dass der Abbruch Teil der systematischen Strategie der „neuen Herrschaft“ gewesen sei, alle „an das alte Regime gemahnenden Bauwerke“ zu vernichten. Denn vier Jahre später „fällt auch das Hoftheater, nachdem es zuvor der unwürdigen Verwendung als Pferdestall zugeführt worden war“.
„Heute wären wir froh, wir hätten diesen prachtvoll stuckierten Festsaal zwischen Rosenrabatten und Balustraden wieder“, so Carlheinz Gräter. Und auch Hans Löschel hat in seinem Bad Mergentheimer Stadtführer (1967) bedauert: „Wie froh wäre die Stadt Mergentheim heute, wenn sie diesen architektonisch schönen und historisch wertvollen Festsaal noch hätte!“
„Realistische Vision“
Auch der Geschäftsführer der Deutschordensmuseum gGmbH, Michael Hörrmann, ist der Auffassung, dass das Schloss und die Stadt mit dem Abriss der baufälligen Sala terrena „unwiederbringlich ein prägendes Bauzeugnis ihrer reichen Tradition als reichsfürstliche Residenz“ verloren haben. Wichtig sei, „die Erinnerung daran aufrechtzuerhalten, sowohl durch die Bewahrung und weitere Aufwertung der historischen Gartenanlagen, als auch durch eine virtuelle Rekonstruktion der Gesamtanlage im 18. Jahrhundert“. Durch „geeignete Bepflanzungen soll der Grundriss der Sala terrena allen Gästen des Schlosses wieder unmittelbar vor Augen geführt werden“. Das sei nicht in den nächsten zwei Jahren zu erreichen. Aber als mittelfristige Aufgabe bis zur Eröffnung der Landesgartenschau 2034 sei dies „eine durchaus realistische Vision“, so Hörrmann abschließend.
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