Debatte um großes Sportereignis an einem Samstag

Bad Mergentheim: Erfolgreicher Stadtlauf stößt auf Kritik

Aus den Reihen der Einzelhändler gibt es Kritik am Stadtlauf in Bad Mergentheim und seinem festen Termin an einem Samstag. Der Veranstalter führt Gründe an.

Von 
Sascha Bickel
Lesedauer: 
Anfang April fand der 18. Stadtlauf in Bad Mergentheim statt. Ein Teilnehmer-Rekord wurde verzeichnet. In der Burgstraße wurden die Sportler fleißig angefeuert. Manche Einzelhändler beklagen jetzt öffentlich Umsatzeinbußen. © Sascha Bickel

Bad Mergentheim. Den Stadtlauf gibt es seit nunmehr 20 Jahren in Bad Mergentheim. Tausende Sportler, Angehörige und Fans zieht es an diesem Tag in die Innenstadt. Auch am Samstag, 5. April, war das Zentrum der Kurstadt wieder gut gefüllt (die FN berichteten ausführlich) – doch dies gefällt nicht allen. Wie auch schon in der Vergangenheit geschehen, gibt es Kritik aus den Reihen der Einzelhändler. Der Sonntag als Ausweichtermin wird ins Spiel gebracht, jedoch vom Veranstalter aus mehreren Gründen nicht für gut befunden.

„Schönreden geht mir auf den Keks“

Ein neuer Teilnehmer-Rekord mit 2101 Läuferinnen und Läufern wurde beim jüngsten Stadtlauf verzeichnet. Darüber freuen sich mit Veranstalter Achim Kaufmann und Oberbürgermeister Udo Glatthaar viele, doch Hans-Joachim Kuhn wirft darauf einen anderen Blick. Er und seine Familie (ehemals Eigentümer des Modehauses Kuhn) betreiben mehrere Geschäfte in der Altstadt und sie haben an diesem Tag „massive Umsatzeinbußen“ verzeichnet. Kuhn sagt im Telefonat mit den FN ganz deutlich: „Das Schönreden dieses Sportevents geht mir auf den Keks.“

„Viele scheuen an diesem Tag schon die Anfahrt“

Viele Geschäfte, auch ganz große, seien laut Kuhn betroffen. Er spricht von 80 Prozent weniger Kunden an einem wichtigen Frühlingssamstag, „weil die Leute keine freien Parkplätze mehr finden und Straßen gesperrt sind. Die scheuen die Anfahrt von Anfang an. Mit Wirtschaftsförderung hat das nichts mehr zu tun“, beklagt sich Hans-Joachim Kuhn und plädiert dafür, den Stadtlauf künftig auf einen Sonntag zu verlegen, das klappe auch anderswo gut. Und wenn es unbedingt ein Samstag sein müsse, dann wären doch Start und Ziel im Kurpark oder auf dem Volksfestplatz viel besser aufgehoben, so Kuhn weiter. Leider lasse der Veranstalter nicht mit sich reden, so der Vorwurf von Kuhn, der selbst einige Jahre Vorsitzender der Citygemeinschaft war und schon früher Kritik übte.

Wie sieht es der heutige Vorsitzende der Citygemeinschaft, Jens Ott? Er berichtet im FN-Gespräch, dass ihn „einzelne Beschwerden“ erreicht hätten, dass das sportliche Großereignis Anfang April zu teils deutlichen Umsatzeinbußen bei Händlern in der Innenstadt geführt hat. Die Kunden seien durch volle Parkhäuser und die vielen Beschränkungen im Zentrum abgeschreckt worden.

Probeweise auf Sonntag wechseln

Auch Ott befürwortet einen Wechsel der Veranstaltung auf einen Sonntag, „zumindest mal probeweise“. Sonntags hätten die Leute auch mehr Zeit und er sehe nicht die Gefahr, dass der Stadtlauf darunter massiv leiden könnte. „Wir wollen eine gute Lösung für beide Seiten: Sportler und Veranstalter sowie die Einzelhändler“, erklärt Ott und kündigt an, zunächst einmal das Gespräch mit seinen Mitgliedern in der Citygemeinschaft zu suchen. In der jüngsten Vorstandssitzung war der Stadtlauf mitsamt den Problemen für die Händler schon Thema. In einem zweiten Schritt wolle er dann mit der Stadt und dem Veranstalter über die Problematik sprechen.

Jens Ott sagt auch: „Es ist schön, dass es diese Veranstaltung in Bad Mergentheim gibt und sie soll auch weitergeführt werden, aber dem Einzelhandel muss auch Rechnung getragen werden.“

Eugen Geier, der Geschäftsleiter des Modehauses Zinser, stimmt ihm auf FN-Nachfrage zu: „Der Stadtlauf ist grundsätzlich etwas Tolles für die Kurstadt, aber auch wir im Modehaus hatten große Umsatzeinbußen, und wir haben gespürt, dass die Frequenz nicht die übliche an einem Samstag im Frühjahr war.“ Geier wünscht sich ebenso ein Gespräch mit dem Veranstalter und will sich dessen Argumente für die Beibehaltung des Samstags in Ruhe anhören. Dann müsse man weitersehen.

„Dass es unterschiedliche Sichtweisen gibt, ist bekannt“

„Die Argumente der Einzelhändler hinsichtlich des Stadtlauf-Termins an einem Samstag wurden mit der Stadtverwaltung und der Citygemeinschaft schon mehrfach in der Vergangenheit ausgetauscht“, ruft Veranstalter Achim Kaufmann in Erinnerung. „Dass es hierzu unterschiedliche Sichtweisen gab und gibt, ist bekannt. Wir als Veranstalter präferieren weiterhin den Samstagstermin, weil er sich erstens seit 20 Jahren etabliert und bewährt hat – und zudem mit großem und wachsendem Erfolg angenommen wird. Er ist aber auch aus organisatorischen Gründen besser für uns“, so Kaufmann, „wenn es darum geht, 70 freiwillige Helfer zu finden und auch den städtischen Bauhof dankenswerter in Anspruch nehmen zu dürfen. Wir haben uns gemeinsam mit der Stadt immer wieder darauf verständigt, den Samstag beizubehalten und es gibt übrigens unserer Meinung nach auch Geschäfte in der Innenstadt, die vom Stadtlauf durchaus profitieren.“

Den Kritikern am Samstagstermin sei man bereits entgegengekommen, so Kaufmann, in dem man die Startzeiten nach hinten verlegte, den Aufbau später beginne und den Zugang des rollenden Verkehrs zur Innenstadt bis 12.30 Uhr ermögliche. „Gerade die teilnehmerstarken Kinder- und Schülerläufe starten jetzt erst später am Nachmittag, ab 16.30 Uhr“, fährt Kaufmann fort.

„Nicht mit einer guten Tradition brechen“

Einen Versuch unternehmen, den Stadtlauf einmal auf einen Sonntag zu legen, will Achim Kaufmann „eher nicht“, da man damit eine gute Tradition breche und alles – wie oben bereits genannt – infrage stelle, was bislang gut funktioniere. Sorgen hat Kaufmann auch, dass es schwieriger wird, Schulen und Kindergärten für einen Sonntag zu begeistern, entsprechende Stimmen aus den Einrichtungen habe er schon mehrfach vernommen. Auf das Argument der Kritiker eingehend, dass es auch anderswo erfolgreiche Laufveranstaltungen an Sonntagen gebe, antwortet Kaufmann, dass dort meist im Verhältnis mehr Erwachsene am Start seien. In Bad Mergentheim zählte man zuletzt Anfang April 1500 Bambinis, Schüler und Jugendliche bei 2100 Teilnehmern insgesamt.

Für erneute Gespräche mit der Stadt und der Citygemeinschaft stehe er zur Verfügung, fügt Kaufmann darauf angesprochen noch an und ergänzt, dass er zu 95 Prozent positive Rückmeldungen zum Stadtlauf in Bad Mergentheim erhalten habe, nur eine Kritik einer Einzelhändlerin sei bei ihm direkt gelandet.

Das größte Breitensport-Ereignis der Region

Zur neuerlichen Diskussion um den Stadtlauf äußert sich auch Oberbürgermeister Udo Glatthaar gegenüber den FN: „Die Stadt Bad Mergentheim ist nicht Veranstalter des Stadtlaufs, aber sie ist stolz auf den Stadtlauf. Er ist das größte Breitensport-Ereignis der Region, motiviert Menschen aller Generationen und stärkt Wir-Gefühl und Teamgeist bei Vereinen und Unternehmen.“

Der Stadtlauf verankere, so der OB, die Themen Fitness, Bewegung und Gesundheit fest im Zentrum der Stadt – „und macht für Aktive wie Zuschauende einfach richtig Spaß! Das alles hat die jüngste Auflage mit ihrem Teilnehmer-Rekord einmal mehr eindrucksvoll unterstrichen.“

Gespräche und Diskussionen rund um das Thema Umsatzeinbußen habe es nach kritischen Stimmen aus der Händlerschaft bereits früher gegeben. Glatthaar: „Ich habe mit Blick auf die wieder aufflammende Diskussion einen ‚runden Tisch‘ in Aussicht gestellt. In der jüngsten Sitzung der Citygemeinschaft hat die städtische Vertreterin, unsere Stadtmarketingbeauftragte Lorena Klingert, dieses Angebot erneuert. Als Stadt werden wir das jetzt auch organisatorisch in die Hand nehmen, damit ein konstruktiver Austausch gelingt. Dabei werden wir aber eine moderierende Rolle einnehmen, keine entscheidende. Wir stehen hinter dem Sport, möchten aber auch erwähnt wissen, was wir für die Umsatzsteigerung im Einzelhandel leisten: von subventionierten m-Cards bis zwei Stunden kostenfrei parken, von personeller und ideeller Unterstützung bei Nachtbummel oder Afterwork über allgemeines Tourismusmarketing bis hin zu Großveranstaltungen wie Pferdemarkt, verkaufsoffenem Sonntag, Eisbahn und vielem mehr.“

Der im Rathaus auch für das Thema Sport verantwortliche Tourismusdirektor Kersten Hahn ergänzt zu den Aussagen des Oberbürgermeisters: „Niemand bestreitet, dass es zu Umsatzeinbußen kommen kann. Bedauerlich ist, dass heute keine Teams der Einzelhändler mehr am Stadtlauf teilnehmen, wie es früher noch der Fall war. Der Werbewert der Veranstaltung ist da und sollte erkannt und genutzt werden.“

„Ein hervorragend organisierter Leuchtturm“

Hahn sagt auch: „Forderungen, den Stadtlauf aus der Innenstadt zu verbannen oder auf sonntags zu verlegen, haben wir uns als Stadt schon in der Vergangenheit bewusst nicht angeschlossen. Das Lauf-Event ist in privatem Engagement über 20 Jahre hinweg aufgebaut worden und heute ein hervorragend organisierter Leuchtturm in unserem Stadtleben, der für Bekanntheit und positive Erlebnisse in der Innenstadt sorgt. Der Stadtlauf steht für eine lebendige und vielfältige Innenstadt – und davon profitieren am Ende alle. Es gelingt dem Veranstalter vorbildlich, Kinder und Jugendliche für Sport und Bewegung zu begeistern, was von unschätzbarem gesellschaftlichem Wert ist.“

Die Argumente, warum der Veranstalter eine Verlegung von Samstag auf Sonntag für problematisch erachtet, könne man laut Hahn „nicht einfach wegwischen“. Da gehe es um den Fokus auf Kinder und Jugendliche und den starken Einsatz von Ehrenamtlichen, Erzieherinnen, Erziehern und Lehrkräften, der sonntags nicht abrufbar sei. „Für mich bleibt eine Verständigung wünschenswert, die das Selbstverständnis eines Heilbades zum Ausdruck bringt, die Themen Sport und Gesundheit zu leben.“

Mehr zum Thema

Kommentar Am Puls der Stadt und Zeit dranbleiben

Veröffentlicht
Kommentar von
Sascha Bickel
Mehr erfahren
Feuerwehreinsatz

Schweigern: Unfall auf B 292 mit Fahrzeugüberschlag

Veröffentlicht
Von
Sascha Bickel
Mehr erfahren
Sportkreis Mergentheim

Bad Mergentheim: Wahl der besten Sportler der Jahre 2023/2024

Veröffentlicht
Von
Sascha Bickel
Mehr erfahren

Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten

VG WORT Zählmarke