Bad Mergentheim. Eine Kundgebung für den Frieden unter dem Motto „Schüler stehen auf – Solidarität mit der Ukraine“ sollte es werden und wurde es auch. 850 Schüler und Lehrer sowie einige Passanten versammelten sich am Montagmittag auf dem Marktplatz der Kurstadt und hörten vor dem Alten Rathaus bewegende Redebeiträge junger Menschen. Die intensiven Schilderungen einer 23-jährigen Ukrainerin, die die chaotische Flucht vor Putins Bomben nach Deutschland führte, gingen ganz besonders unter die Haut.
Die Kaufmännische Schule (KSM) Bad Mergentheim hatte federführend die Friedensdemonstration organisiert und dazu alle Schulen im Stadtgebiet eingeladen. Dem Aufruf schlossen sich die Gewerbliche Schule, die Berufliche Schule für Ernährung, Erziehung und Pflege (EPE), die Realschule St. Bernhard sowie die Lorenz-Fries-Schule an.
Zeichen gegen Krieg
„Wir als Kaufmännische Schule und Botschafterschule des Europäischen Parlaments setzen ein Zeichen gegen Krieg, aber nicht gegen das russische Volk“, leitete Carl Klärle, der Schülersprecher der KSM, die knapp einstündige Versammlung ein. KSM-Berufsschullehrer Klaus Huth trat kurz im Namen des Veranstalters ans Mikro und machte auf die Corona-Verhaltensregeln aufmerksam, die auch eingehalten wurden.
Juniorbotschafter des Europaparlaments (KSM-Schüler) bekundeten die Solidarität mit dem ukrainischen Volk und sprachen von einer humanitären Katastrophe ausgelöst durch Putins Angriffskrieg. Entsprechend sei es jetzt noch wichtiger für das europäische Motto „In Vielfalt geeint“ einzutreten und Pluralismus, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität, Nichtdiskriminierung und Gleichheit überall einzufordern.
Wie groß die Erschütterung und das Ohnmachtsgefühl unter Jugendlichen angesichts des Krieges im Osten Europas sind, wurde gleich mehrfach deutlich. Immer wieder gab es Applaus auf die persönlichen Schilderungen und Friedensappelle der überwiegend jungen Rednerinnen.
Unter Tränen berichtete ganz zum Schluss die 23-jährige Olga Staroshchuk auf Englisch von ihrer kurzfristigen und daher chaotischen sowie nervenaufreibenden Flucht zunächst in den Westen der Ukraine und schließlich weiter bis nach Deutschland und Bad Mergentheim. Angst und Verzweiflung waren in ihrer Stimme unüberhörbar: „Es gibt so viel Leid in meiner Heimat! Und jeden Tag neue Tote! Wie viele sollen es noch werden?“
Weiter sagte sie: „Unsere Leute verteidigen unser Land gegen den russischen Angriffskrieg. Wir brauchen dringend Hilfe!“ Sie dankte auch für alle Unterstützung in Deutschland und forderte die Zuhörer eindringlich auf, sich für Frieden und Wahrheit einzusetzen und auf allen Ebenen gemeinsam mitzuhelfen, den Aggressor Putin und seine Armee zu stoppen.
Die Bestürzung der Demonstrationsteilnehmer war auch bei den anderen Wortbeiträgen spürbar als beispielsweise Anna-Lena Klein von einem Hilfstransport ihres Onkels gen Ukraine berichtete und von Bomben auf Wohnviertel in ukrainischen Städten, sinnloser Zerstörung von Infrastruktur und unzähligen Toten, Verletzten und Millionen Flüchtlingen die Rede war.
Viktoriya Walter wuchs in der Ukraine auf und lebt seit acht Jahren in Deutschland. Sie wurde am 24. Februar von ihrer erschütterten Mutter mit dem Satz geweckt, dass die russische Armee in der Heimat eingefallen sei. Freunde aus dem Kindergarten würden nun an der Front gegen die Eindringlinge kämpfen.
Linda Gulden und Gloria Aziza machten den Rassismus an den Außengrenzen der EU zum Thema und beklagten den erschwerten Zugang in die EU für Afrikaner, die in der Ukraine studierten und nun selbst aus dem Kriegsgebiet flüchten müssen. Kim Litschel trug die rumänische und osteuropäische Perspektive auf diesen Konflikt bei. Mit dem Lied „Wir wollen Frieden“ – für alle – endete die Demonstration.
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