Blick in die Geschichte

Bad Mergentheim: 1525 folgenreiches Umbruchjahr für Ordensstadt

Vor 500 Jahren: Bauernkrieg und Reformation läuten eine neue Ära in Mergentheim ein. Aus Burg und Stadt wird die Residenz der Hochmeister.

Von 
Joachim Ilg
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Dass der Orden Mergentheim geprägt hat, ist nicht zu übersehen. Aus der mittelalterlichen Burg wurde eine fürstliche Residenz, und Ordensbeamte errichteten ansehnliche Renaissance- und Barockgebäude, die für Glanzpunkte im Stadtbild sorgen. © Joachim W. Ilg

Bad Mergentheim. Vor 500 Jahren: Bauernkrieg und Reformation läuten eine neue Ära in Mergentheim ein. Aus Burg und Stadt wird die Residenz der Hochmeister.

Für den auch in Bad Mergentheim bekannten Historiker Prof. Dr. Udo Arnold ist das Jahr 1525 für den Deutschen Orden ein entscheidendes Umbruchjahr, das auch weitreichende Folgen für die Entwicklung Mergentheims hat. In diesem Jahr verliert der Orden seinen Hochmeister und der Sitz des Deutschmeisters wird nach Mergentheim verlegt. Diese beiden Ereignisse bilden den Grundstein dafür, dass aus Mergentheim die erst vorläufige, dann aber bis 1809 endgültige Residenz der Hoch- und Deutschmeister wird. Wie aber kam es dazu?

Ein Staatsstreich

Das Oberhaupt des Deutschen Ordens, Hochmeister Albrecht von Brandenburg, legt im Jahr 1525 den Ordensmantel im preußischen Ordensstaat ab, führt die Reformation ein und beendet den Krieg mit Polen durch die Umwandlung des Ordensstaates in ein weltliches Herzogtum, das er als Lehen vom polnischen König entgegen nimmt. Mit diesem Staatsstreich verliert der Orden sein Oberhaupt und sein bedeutendstes Territorium.

Die Ordensniederlassung in Mergentheim und die ihr unterworfene Stadt erleben den Hochmeisterabfall nur vom Hörensagen, denn das Geschehen spielt sich weit entfernt ab. Aber es gibt 1525 noch ein zweites, entscheidendes Ereignis, den Bauernkrieg.

Würfel sind gefallen

Aufständische verwüsten über Gundelsheim die Burg Horneck, den Sitz des Deutschmeisters Dietrich von Cleen, dem im Mergentheimer Schloss vom Orden für erst einmal acht Jahre ein neuer Amtssitz gewährt wird. Als er aber schon 1526 von seinem Amt zurücktritt, hält auch sein Nachfolger Walter von Cronberg Mergentheim als besonders geeignet für seine Amtsgeschäfte, obwohl kurze Zeit später die ehemalige Deutschmeister-Burg Horneck wieder bewohnbar wird. Damit sind für den Historiker Udo Arnold die Würfel gefallen: Mergentheim wird zur Residenz des Deutschen Ordens, wenn auch nur provisorisch.

Das Provisorium besteht darin, dass Mergentheim als Residenz des Deutschen Ordens immer wieder neu für zehn oder 15 Jahre bestimmt wird, ein Prozedere, das bis in die 1570er Jahre dauert und dann ein Ende findet zugunsten der endgültigen Lösung: Mergentheim bleibt Sitz der Hoch- und Deutschmeister.

Bleibt noch die Frage: Wer soll Nachfolger des vom Orden abgefallenen Hochmeisters Albrecht von Brandenburg werden? Und: Wie kann Preußen für den Orden wiedergewonnen werden? Und: Welche Folgen hat das für Mergentheim?

Tauziehen entschieden

Da der Orden dem Papst und dem Kaiser untersteht, der Papst aber selbst in Streitigkeiten verstrickt ist, ernennt Kaiser Karl V. im Jahr 1527 den Deutschmeister Walter von Cronberg zum Administrator des Hochmeistertums in Preußen. Damit hält der Deutschmeister den theoretischen Rechtsanspruch auf Preußen (ein eigentlich für den Orden verlorenes Land) aufrecht und entscheidet das Tauziehen um die Nachfolge im höchsten Ordensamt für sich. Nun darf er Wappen und Siegel des Hochmeisters führen. Von diesem Jahr an sind Schloss und Stadt Mergentheim nicht nur Residenz des Deutschmeisters, sondern des Oberen des gesamten Ordens, und das bringt natürlich weitreichende Veränderungen mit sich.

Dass der Orden die Stadt prägt, ist nicht zu übersehen. Aus der mittelalterlichen Burg wird eine herrschaftliche Ordenszentrale mit barocker Schlosskirche. Auf dem Marktplatz zieht das Rathaus mit dem steilen Staffelgiebel die Blicke auf sich, dessen Bauherr der Orden ist, und Ordensbeamte errichten Renaissance- und Barockgebäude, die für Glanzpunkte im Stadtbild sorgen.

Walter von Cronberg war seit 1527 der erste Hoch- und Deutschmeister in Mergentheim, wo er 1543 starb. Er wurde in der damaligen Kirche des Ordens beigesetzt. Sein Grabdenkmal befindet sich im Chor der Marienkirche. © Joachim W. Ilg

Nicht übertreiben

Aber man sollte es nicht im historischen Rückblick lokalpatriotisch mit der Residenzherrlichkeit übertreiben. Mergentheim ist für den Deutschen Orden vor allem ein Verwaltungssitz und meistens eine Nebenresidenz, denn die Hoch- und Deutschmeister bekleiden weitere bedeutende Ämter wie zum Beispiel Kurfürst von Köln oder Bischof von Straßburg und sind mit viel aufwändigeren Residenzschlössern ausgestattet, so dass sie in Mergentheim teilweise nur zögerlich am Ausbau des Schlosses interessiert sind, das aber trotzdem im Lauf der Jahrhunderte zur fürstlich-repräsentativen Residenz wird.

Ohne den Regierungssitz des Deutschen Ordens in Mergentheim würde das historische Stadtbild heute anders aussehen. Nicht nur die weitläufige, prächtige Schlossanlage würde fehlen. Überall gibt es Spuren der Deutschordensvergangenheit. Ob sie ein Segen oder ein Fluch für Mergentheim war, ist ein weites Feld. Eine Spurensuche lohnt sich auf jeden Fall.

Die im Mergentheimer Schloss etablierte Regierungszentrale des Deutschen Ordens überragte machtvoll auch die städtische Gemeinde Mergentheims, deren Bürger sich über Jahrhunderte hinweg mit der Rolle von Untertanen zufrieden geben mussten. © Joachim W. Ilg

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