Bad Mergentheim. Mit der Musikkabarettistin Andrea Limmer und deren Soloprogramm „Das Streben der Anderen – Klassentreffen 5.0“ fand die Kleinkunstsaison der Stadt Bad Mergentheim im Kulturforum eine unterhaltsame Fortsetzung.
Die in Moosburg an der Isar geborene sowie mittlerweile in Landshut lebende Andrea Limmer leistete nach ersten Erfahrungen im Bereich Radioredaktion, Kurzfilm und Poetry-Slam von 2005 bis 2006 soziale Arbeit in Tansania. Danach absolvierte sie an der Akademie der Bayerischen Presse in München und in der Lokalredaktion des Straubinger Tagblatts eine Ausbildung zur Redakteurin. Seit 2015 gastiert die Niederbayerin mit ihren mittlerweile fünf Musikkabarettprogrammen solistisch in ganz Deutschland und Österreich. Zudem erschien 2013 ihr Debütbuch.
Klassentreffen sind Endgegner
„Liebe Limmerin, ist es wahr? Verflogen sind die letzten Jahr‘, wie auf manchem Kopf das Haar, deswegen trifft sich die 4a ...“ – „Ach du Sch...! Es ist soweit!“, dachte sich Andrea Limmer, als eines Tages die Einladung zu einem Klassentreffen ins Haus flatterte. „Es heißt nicht umsonst, dass man sowieso trifft, wen man treffen möchte – alle anderen sollte man gegebenenfalls auf Facebook und Instagram stalken“, meinte sie. Entgegen allen Warnungen fuhr sie in ihr kleines Heimatdorf zu dem Klassentreffen im dortigen „Tankstellen-Stüberl“.
„Klassentreffen sind Endgegner im Leben eines jeden Menschen –auch für mich“, resümierte die Musikkabarettistin nach diesen Erfahrungen. Denn an diesem Tag tanzten die ehemaligen Schulfreundinnen und -freunde an, um sich mit ihren Karrieren, Familien, Häusern, Parteibüchern, Vehikeln und Familienfotos zu brüsken sowie gegenseitig zu überbieten. Abwechselnd schwelgten sie in Erinnerungen an große Pausen, kleine Flirts, erste Quadratwatschen oder letzte Hoffnungen. Und andererseits ganz nach dem Motto der 4a „Wer noch was weiß, war nicht dabei“.
„Limmerin, du alte Wirtshaushupe“, sei sie von einem ihrer ehemaligen Mitschüler zu Beginn des Klassentreffens begrüßt worden. Der Fülle von Erfolgen habe sie baff gegenübergestanden. „Denn ich habe kein Haus, kein Kind, keinen Büroausweis, keinen Ring am Finger oder nicht einmal eine Zimmerpflanze“, reflektierte Andrea Limmer. Denn sie sei fast ständig auf Tournee unterwegs – und das auch noch mit der Deutschen Bahn.
Satirischer Blick auf Gesellschaft
„Wenn ich mal zu Hause bin, schlage ich mich mit meiner 89-jährigen Adoptiv-Großmutter Zilli, die gerade wieder frisch verliebt ist, meiner besten Freundin Hannah, die dauernd die nächste Revolution plant, und der Beziehung mit meinem Freund Obsti in Zeiten großer Krisen herum“, berichtete sie. „Ich bin Vegetarierin, nicht weil ich Tiere so liebe, sondern weil ich Pflanzen hasse“, räumte sie beißend satirisch ein. Vor allem nahm sie das Streben sowie die Geschichten, Angebereien und (vermeintlichen) Erfolge der anderen Ex-4a-Schüler ebenso sarkastisch auseinander.
Gleichzeitig wurde der beißende Rückblick auf das Klassentreffen ein satirischer Rundblick über gesellschaftliche und alltägliche Themen des Lebens oder ganz normalen und skurrilen Irrsinns. Zwischendurch gab Andrea-Limmer als Musikkabarettsitin Lieder an der Ukulele über Verschwörungsfantasien, Jugendwahn oder „Entgleisung 5.0“ zum Besten. Und zwar in Form von „Niederbayerischem Punkrock, denn wer will schon Free-Jazz an der Ukulele hören“, behauptete sie.
Eine weitere Stärke von Andrea Limmer war der dialogisierende und manchmal spontan improvisierende Austausch mit dem Publikum, das sie als „Zuckermäuse“ und sich dabei als „Mutti“ titulierte.
„Ich bin daheim, wo mein Herz ist. Ich bin jetzt wieder mit meinem alten Freund Obsti zusammen – der macht mir wenigstens mein Kreuzworträtsel nicht streitig und verhält sich auch sonst verantwortungs- und rücksichtsvoll“, resümierte sie am Ende tiefsinnig bewegend, berührend, ergreifend, romantisch und geradezu melancholisch sowie zugleich absolut authentisch wirkend.
Den Nagel auf den Kopf getroffen
Mit „Das Streben der Anderen – Klassentreffen 5.0“ bot Andreas Limmer einen ironischen, satirischen und zuweilen mal schelmischen oder mal bitterbösen Kulturabend, andererseits durchwegs heiter und humorvoll unterhaltend. Und so manches musste man vielleicht erst schluckend verdauen, weil die Musikkabarettistin immer wieder geradezu entlarvend den Nagel auf den Kopf traf.
Zum Abschluss der laufenden Kleinkunstsaison gastieren am Freitag, 26. April um 19.30 Uhr Simon und Jan mit ihrem neuen Programm „Das Beste“ im Bad Mergentheimer Kulturforum.
Im Vorverkauf sind Karten in der Tourist-Information unter Telefon 07931 / 57-4815, bei der Kurverwaltung unter Telefon 965225 oder über Reservix erhältlich. Die Abendkasse öffnet eine halbe Stunde vor Spielbeginn.
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