Mosbach/Adelsheim. Insgesamt sieben Zeugen und ein Sachverständiger gaben am Montag weitere Einblicke in den Tagesablauf des 5. und 6. September 2023. In den frühen Morgenstunden des 6. September sollen die vier Angeklagten versucht haben, das Haus einer Ex-Partnerin eines der Tatverdächtigen in Adelsheim anzuzünden. In dem Haus befanden sich weitere vier Personen. Deshalb müssen sich die Angeklagten Brüder S. und D. sowie deren Mutter P. und der Cousin A. nun vor Gericht verantworten. Die Verhandlung startete am vergangenen Freitag. Dort machten D. und A. bereits Angaben zur Sache, während sich Mutter P. und der Angeklagte S. nicht äußerten. Die Verhandlung geht am 24. Oktober weiter.
Tatmotiv der vier war laut Staatsanwalt ein Sorgerechtsstreit zwischen S. und seiner ehemaligen Partnerin M. Die beiden haben drei Kinder, für die S. Umgangsrecht hat. Er wollte „die Kinder für sich haben“, mutmaßte der Staatsanwalt. Deshalb wollte er „die Mutter seiner Kinder beseitigen“.
Zwei der Geschädigten sagten aus
Die Mutter M. schilderte am Montag, wie sie die Morgenstunden des 6. September 2023 erlebt hat. Ihre Schwester V., die mit ihren zwei Kindern auch in dem Haus in Adelsheim lebte, sagte ebenfalls aus. Zudem gaben mehrere Polizisten Einblick in die Ermittlungen und deren Ergebnisse.
- Der Tatablauf aus Sicht der Schwestern M. und V.: Sowohl die 26-jährige V. als auch die 29-jährige M. gaben an, dass sie in der Nacht vom 5. auf den 6. September im Wohnzimmer im Untergeschoss ferngesehen hätten. Mit dabei war auch T., der neue Freund von M. Als dieser das Haus verlassen hatte, gingen die beiden Schwestern ins Bett. Zwischen etwa 3.30 Uhr und 4 Uhr (der Tatzeit) hörte M., die im Erdgeschoss schlief, einen Knall und wachte auf. Als sie durch die Fensterglastür ins Badezimmer schaute, sah sie Rauch und alarmierte daraufhin ihre Schwester. Anschließend rief sie auch den Vermieter und klingelte im Obergeschoss an dessen Tür. Gemeinsam machten er und M. sich mit Schüssel und Töpfen an das Löschen des Feuers im Bad. Schwester V. kam ins Erdgeschoss und realisierte, dass es im Bad brennt. Sie brachte die Kinder daraufhin zu einer Nachbarin und half dann beim Löschen im Bad. Anschließend löschten die drei mit einem Gartenschlauch auch ein brennendes Spielzeugfahrzeug unter der Pergola vor dem Haus. V. gab an, dass der Vermieter auf dem Tisch neben dem brennenden Fahrzeug eine Flasche weggestellt hatte, da diese sehr nah am Brandherd gestanden hatte. Die Flasche sollen die Angeklagten am Tatort vergessen haben. M. machte dazu widersprüchliche Aussagen. Sie gab an, die Flasche bereits dort gesehen zu haben, als sie ihren Freund T. zuvor in der Nacht zur Tür gebracht hatte.
- Das Verhältnis zwischen dem Angeklagten S. und seiner Ex-Partnerin M.: M. gab vor Gericht Einblicke in eine gewalttätige Beziehung. Sie lernte S. 2013 kennen und zog wenig später bei S. und dessen Familie ein. Kurz darauf wurde sie erstmals schwanger. „Am Anfang war alles gut“, erklärte M. Doch nach und nach wurde Schwiegermutter P. ausfällig. Sie schrie M. an und bemängelte ihre Arbeit im Haushalt. Mit den Jahren wurde es immer schlimmer. Sowohl Schwiegermutter P. als auch der Angeklagte S. hätten sie geschlagen. 2019 ging M. dann erstmals weg und lebte einen Monat im Frauenhaus. Damals war sie mit ihrem dritten Kind schwanger. „Ich war psychisch fast kaputt. Ich musste da raus“, sagte M. aus. Ein Jahr später ging sie erneut für ein Jahr ins Frauenhaus. Die Kinder holte sie damals erst ein halbes Jahr später zu sich. Damit war die Beziehung zu S. beendet. Danach entstand ein Streit um das Sorgerecht der Kinder (wir berichteten). M. war sich sicher, dass S. das alleinige Sorgerecht haben wollte. Nach dem Brand versucht sie zu erreichen, dieses für sich zu bekommen. Schwester V. sprach davon, dass M. und S. sich regelmäßig während der Übergabe der Kinder gestritten hätten. S. sei auch ihr gegenüber beleidigend geworden. Einmal habe er sie auch bedroht. Eine Drohung gegen ihre Schwester M. bekam sie auch mit. S. soll gesagt haben: „Du wirst aus dem Grab nicht mehr auferstehen, aber ich werde aus dem Gefängnis kommen.“
- Die Familiendynamik der vier Angeklagten: M. gab an, dass die Mutter P. „die Chefin“ der Familie sei. Sie habe „das Sagen, wenn es um Geld oder den Haushalt“ ging. S. hätte getan, was seine Mutter gesagt habe. Nach dem Eindruck eines Polizisten hat der Stiefvater von S. und D. hingegen eine „starke Nebenrolle“ innerhalb der Familie gespielt.
- Die Ermittlungsergebnisse der Polizei: Wichtige Erkenntnisse lieferten die Google-Timeline sowie die Auswertung des Pkw-Speichers. Laut den Daten von Google Maps hätten sich die vier Angeklagten am 5. September 2023 auf den Weg nach Bad Rappenau und Siegelsbach gemacht, um dort die nötigen Utensilien für die Molotow-Cocktails zu beschaffen. Die vier Angeklagten sind auf Videoaufnahmen eines Supermarkts zu sehen. Das Auto von S. wurde auch auf Bändern einer Tankstelle erkannt. Der Autospeicher weist für diese Zeit ebenfalls Fahrt- und Standzeiten auf. Am Morgen des 6. September sind ebenfalls Fahrbewegungen nachweisbar. Die Spurensicherung fand im Gebüsch gegenüber dem Haus eine PET-Flasche. Auf dieser wurden zwei Hautabriebspuren sichergestellt. Diese wurde von einer Diplombiologin untersucht. Dem Ergebnis nach sind durchgängig Merkmale der Brüder S. und D. vorhanden. Aber auch Merkmale von P. und A. stimmen überein, allerdings nicht vollständig. Somit sei die These gestützt, dass beide Brüder für die Spur auf der Flasche verantwortlich sind.
- Das Gutachten des Sachverständigen zur Frage der Schuldfähigkeit von Bruder D.: Der Sachverständige kam zu dem Schluss, dass D. Anzeichen einer Persönlichkeitsstörung beziehungsweise -akzentuierung aufweise. Allerdings seien die Voraussetzungen für eine schwere seelische Störung nicht gegeben, weshalb D. nicht vermindert schuldfähig sei.
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