Das kennen Sie sicher auch: Plötzlich steht man auf der Bierbank und singt olle Schlagerkamellen mit – obwohl man das nie wollte und Schlager doof findet. Da wird man von der Stimmung in der Festhalle nach einem Maß Bier eben mitgerissen! Ob es dem Wertheimer Oberbürgermeister auch so ging? Denn der hat einfach mal eine nichtöffentlich getroffene Entscheidung des Gemeinderats auf dem Festkommers zum Besten gegeben – und das scheinbar auch noch mit falschem Zungenschlag. Denn Markus Herrera Torrez sprach wohl tatsächlich vom Verkauf des Vier-Finger-Gebäudes an das Land (als Betreiber der Polizeihochschule). Sehr zum Erstaunen einiger anwesenden Räte. Egal. Schreiben wir es einfach besagter Stimmung zu.
Nicht egal ist allerdings, wieso erst ein Antrag einer Fraktion nötig war, damit die Verwaltung „zu Potte kommt“ und einem der beiden Interessenten ein Verkaufsangebot macht. Warum das alles in einer nichtöffentlichen Sitzung passieren musste, ist auch nicht nachvollziehbar – wo doch sehr viele Bürger wirklich großes Interesse an der Zukunft des Gebäudes und des Hochschulstandorts haben.
Nur zur Erinnerung: Nichtöffentlich darf nur beraten werden, wenn beispielsweise die Interessen von Privatpersonen gewahrt werden müssen. Okay, bei vielen zu beratenden Themen im Gemeinderat ist das manchmal Auslegungssache. Offensichtlich ist aber auch, dass viele Bürgermeister sehr gern das Wort Transparenz bemühen, aber beinahe jeden Punkt nichtöffentlich im Gemeinderat vorberaten.
Warum? Darf man in einer Demokratie nicht auch im Gemeinderat unterschiedlicher Meinung sein und seine Argumente darüber austauschen? Ich finde schon. Das hat in Wertheim beispielsweise in Sachen Kreisverkehr am Autohof gut geklappt. Einige waren dafür, andere dagegen. Am Ende entschied die Mehrheit. Und es ist auch keine Schande, wenn die Mehrheit des Gremiums anderer Meinung als die Verwaltung ist. Da treffen nämlich manchmal Emotionen auf Wirtschaftlichkeitsanalysen. Aber das ist doch okay. Denn das ist vorgelebte, transparente Demokratie, wenn die Öffentlichkeit dann an solchen Entscheidungsprozessen teilhaben kann.
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Fränkische Nachrichten Plus-Artikel Kommentar Polizeihochschule Wertheim: Mehr Transparenz
Heike Barowski zum Thema Vier-Finger-Gebäude