Er gilt bis heute als epochale Persönlichkeit, was zuletzt aus Anlass seines 275. Geburtstags am 28. August vielfach betont wurde. Unter allen klassischen deutschsprachigen Autoren ist er der wohl klassischste und lädt immer wieder zur Lektüre ein. Das mehr als halbe Jahrhundert seiner Produktivität mit allem drumherum wird schlicht „Goethe-Zeit“ genannt. Und spätere Autoren, Thomas Mann oder Martin Walser, ließen diesen Johann Wolfgang Goethe auch als Romanfigur lebendig werden. In Manns Buch „Lotte in Weimar“ ist er von Beginn an präsent, tritt aber erst später auch selbst in Erscheinung. Man erlebt ihn dann am Morgen, als er erwacht. Und Thomas Mann verwendete seine ganze Kunst darauf, um spürbar zu machen, welche vielfältigen Ideen und Pläne ihm sogleich durch den Kopf gehen. Kein Zweifel, hier macht sich ein Großer zum Aufstehen bereit, ein Mensch, der es rechtfertigt, dass ihn Thomas Mann lebenslang als Vorbild empfinden konnte.
Als Autor setzte Goethe in allen Genres Maßstäbe, widmete sich zudem Naturwissenschaften und Politik, wie allgemein bekannt geblieben ist. Dass er auch fleißig zeichnete, ist ebenfalls kein Geheimnis, hat aber viel weniger Aufmerksamkeit gefunden. Das soll sich nun ein wenig ändern, und wer wäre berufener dafür zu sorgen als die Klassik Stiftung Weimar, die am langjährigen Wirkungsort des Dichters auch das Goethe-Museum unterhält?
Stiftungspräsidentin Ulrike Lorenz, die früher in Mannheim wirkte, wo auch Goethe mehrmals weilte, ließ jetzt wissen, die Zeichnungen Goethes seien einmalig und „haben einen besonderen Zeugnischarakter im Hinblick auf Goethes gesamtes Werk.“ Man wolle diesen Teil des Werks näher erforschen und zugänglich machen. Die 2500 Blätter, die sich vor allem mit Werken bildender Künstler, mit menschlicher Anatomie und Landschaften beschäftigen, sollen jedenfalls in Teilen über die Website der Stiftung bekannt(er) gemacht werden.
Laut Klassik-Stiftung zeichnete Goethe sein Leben lang. Motive fand er allerorten, denn er war ja viel unterwegs. Deshalb sollten sich Interessierte nicht damit begnügen, demnächst die Zeichnungen daheim am Computer zu betrachten. Sie sollten s ich durch sie auch anregen lassen, sich wegzubewegen – zum Beispiel nach Weimar hin, wo sich Goethes Geist am ehesten ganz lebendig erhalten hat. Denn auch das kann einen Goethe lehren: Wer nach draußen geht und sich einen offenen Geist erhält, hat beste Aussichten, den Puls der Zeit zu erleben – und womöglich auch eigene Impulse zu setzen. Thomas Groß
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