Mannheim. Zu den großen Rätseln der deutschen Medienlandschaft zählt der ungebrochene Erfolg von Fernsehzeitschriften. Gut, wahrscheinlich lassen sich immer noch Menschen gern durch Blättern bei der Programmauswahl inspirieren – obwohl die meisten Fernseher oder Receiver dasselbe auf Knopfdruck anbieten. Nach „TV14“ (rund 1,5 Millionen verkaufte Auflage) ist „TV Digital“ mit mehr als 900 000 abgesetzten Exemplaren alle zwei Wochen hierzulande das erfolgreichste Produkt (die gute alte „Hörzu“ kommt immerhin auf etwa 760 000 Stück).
Bei „TV Digital“ lässt sich die Auflage wohl dadurch erklären, dass man die Zeitschrift bei bestimmten TV-Abos mehr oder weniger kostenlos dazu geliefert bekommt. Da sind viele vermutlich einfach zu bequem, das umfangreiche Hochglanz-Produkt einfach abzubestellen.
Wesentlich rätselhafter ist aber die Gestaltung der Titelseiten. Von „Stern“, „Spiegel“, „Rolling Stone“, „Kicker“ und Co, ist man seit Jahrzehnten ein Bemühen um Originalität gewohnt. Damit punktet ein Heft am Kiosk durchaus auch heute noch. Bei uns fristet die neue Ausgabe ein weitgehend unbeachtetes Dasein auf dem Esstisch – , wenn sie nicht sofort ins Altpapier wandert (wir sollten es wirklich abbestellen).
Aber irgendwann fiel trotzdem auf: Niemals, also wirklich nie, ist ein Mann auf dem roten Hintergrund der Titelseite mit der Durchschnittsüberschrift „Die besten Filme/Serien (des Jahres)“ zu sehen. Wenn man dann genau darauf achtet: 99 Prozent der Titelheldinnen sind mehr oder weniger blond und entsprechen immer einem eigentlich überkommenen Model-Schönheitsideal. Mit schwungvollen Frisuren, als müssten sie neue Folgen von „Dallas“, „Der Denver-Clan“ oder „Beverly Hills, 90210“ anpreisen. Zusätzlich werden die Aktricen noch mit Filtern und Photoshop aufgehübscht – bis man sie so schwer unterscheiden kann wie moderne Popsongs aus schwedisch-kalifornischen Hitmanufakturen. Laura Berlin oder Jennifer Aniston – egal. Hauptsache nicht Brad Pitt, Channing Tatum oder jemand Dunkelhaariges. Ohne auf eine Quote pochen zu wollen, stellt sich mit frisch geschärftem Diversitätsbewusstsein dabei schon die Frage: „Welche Gesellschaft bildet das eigentlich ab?“ Tatsächlich nicht mal das Kandidatinnen-Camp von „Germany’s Next Topmodel“.
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