Zeitzeichen KI oder Herz?

Unsere Kolumnistin findet einen ästhetischen Zugang zur Künstlichen Intelligenz.

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Helga Köbler-Stählin
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Diese kleinen Roboter mit dem stets freundlichen Gesicht sind doch wirklich niedlich. Ohne müde zu werden, fahren sie verschiedene Speisen an verschiedene Tische. Und von den Gästen im Restaurant, das sie beschäftigt, werden sie manchmal liebevoller angelächelt als die (noch) angestellte Servicekraft. Man hört, dass immer mehr dieser „Menschen in Maschinen“ gestaltet werden, die alterslos und bewusst sympathisch wirken.

Überrumpelt uns da etwa die künstliche Intelligenz, die in Rechenzentren als KI „geboren“ wird? Kreieren technische Labore gerade ein weiteres Geschlecht? Wobei die humanoiden Roboter oft weibliches Aussehen haben und in Menschengröße entwickelt werden können. Neu wäre das nicht. Denken wir doch mal zurück. An den Bildhauer Pygmalion aus der griechischen Antike. Er hatte eine Elfenbein-Statue geschaffen, die so lebensecht und formvollendet war, dass er sich prompt in sie verliebte. Und Goethe? Schrieb nicht auch er von Prometheus „hier sitze ich und forme Menschen“? 1818 eroberte die Story „Frankenstein“ von Mary Shelley die Gruselfreunde, weil der Doktor so lange experimentierte, bis er künstliches Leben erschaffen hatte. Im selben Jahrhundert, nämlich 1881, war die Uraufführung der Oper „Hoffmanns Erzählungen“. Da dürften sich einige in die hübsche, aber leider mechanische „Olympia“ verguckt haben.

Mittlerweile bedarf es jedoch keiner Künste mehr. Jeder kann mit ein paar Klicks auf dem Handy ein visuelles Geschöpf nach Lust und Laune hervorbringen. Als Avatar oder mit KI generierten Fotos bis hin zu Videos. Die darauf Abgebildeten bewegen sich oder sprechen, obwohl sie längst begraben sind. Diese Scheinexistenzen können erfreuen und verwirren zugleich. Trotz Gemini, OpenAI oder wie die Anbieter alle heißen, mögen sie sogar unsterblich sein. Wir sind es nicht. Aber dafür haben wir eine Seele mit viel Platz für Gefühle. Und ein prallvolles Herz! Helga Köbler-Stählin

Freie Autorin Studium: Journalismus, Medien- und Pressearbeit-PR

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