Geheimnisvoll schaut er aus, der Titisee im Morgenlicht. Die ersten Sonnenstrahlen blitzen auf der chromblauen Seeoberfläche auf. Ein Stand-up-Paddler zieht seine Bahn. Kurz den Atem anhalten und eintauchen in das kühle Wasser des Titisees. Denn nichts ist erfrischender als ein morgendliches Bad im See.
Das dunkle Wasser war den Menschen früher nicht geheuer. Damals glaubte man, der See sei unergründlich tief und besitze eine Verbindung zum Meer. Athanasius Kircher, Jesuitenpater und Gelehrter, veröffentlichte 1665 eine These, wonach die Gezeiten von unterirdischen Ozeanen ausgelöst werden. Eins der geheimnisvollen Reservoirs wurde dem Titisee zugeschrieben. Verständlich, dass sich niemand in das dunkle Wasser wagte. Wer will schon elendig in einem Gezeitenmahlstrom ersaufen.
Schwarzwald
Anreise
Mit der Bahn über Freiburg und mit der Höllentalbahn weiter bis nach Titisee oder Schluchsee-Aha (www.bahn.de). Vor Ort E-Carsharing mit der Hochschwarzwald-Card. Mit der Konus-Gästekarte freie Fahrt in Bussen und Bahnen Mit dem Auto von Stuttgart auf der A 81 Stuttgart-Singen bis Autobahndreieck Bad Dürrheim, weiter auf der A 864 und B 27/33 auf die B 31 Richtung Freiburg.
Unterkunft
Mit eigenem Badestrand und herrlicher Seeterrasse bietet das 4-Sterne-Boutique-Hotel Alemannenhof am Ufer des Titisees 21 individuell eingerichtete Zimmer. Preis pro Nacht im Doppelzimmer mit Frühstück ab 299 Euro, www.hotel-alemannenhof.de Zimmer und Apartments im Nature Titisee, 2 Personen mit Seeblick und Frühstück ab 309 Euro, www.nature-titisee.de. Gäste können SUP-Hardboards und -Longboards kostenlos nutzen. Bulli-Fahrer und Camper finden im Schwarzwaldcamp in einem Waldstück am Schluchsee Lagerfeuerromantik und Entspannung. Neben Stell- und Zeltplätzen stehen Baumzelte, Tipis und Gondeln bereit. Infos, Preise und Buchung über www.schwarzwaldcamp.com
Aktivitäten
Der Schluchsee bietet ideale Wassersportmöglichkeiten. Am Schluchsee bietet RaffTaff den Verleih von Stand-up-Paddling-Boards, Kanus und Kanadiern. SUP und Seekajak ab 15 Euro/Stunde, Teamkanadier ab 12 Euro/Stunde. www.rafftaff.de Von Juni bis Ende August bietet Wutachranger Martin Schwenninger eine zehn Kilometer lange Tour durch die Wutachschlucht an. Infos und Termine auf www.wutachschlucht.de
Allgemeine Informationen
Hochschwarzwald Tourismus, www.hochschwarzwald.de BCD
Mit Eröffnung der Höllentalbahn 1887 strömten die ersten Sommerfrischler aus den Städten auf die Höhen des Schwarzwalds und der Titisee wurde weltweit bekannt. Mitte der 1950er Jahre sorgte ein Mann im Eisbärenkostüm für Furore an der Seepromenade. Gäste ließen sich zusammen mit dem Eisbären und „Gruß vom Titisee“-Schild fotografieren.
Klaus und Ursula Drubba nutzten die Gunst der Stunde und eröffneten einen Bootsverleih mit Kiosk. Heute leiten ihre vier Söhne das Drubba-Familienimperium, zu dem Hotels, Bootsverleih und Rundfahrten, Luxusshopping-Geschäfte und Retail-Services gehören. Wer frühmorgens im See badet, spürt, dass der See seine zauberhafte Aura trotz all dem Rummel nicht verloren hat.
Die weltbekannte Regendusche
Ortswechsel. Wutachschlucht. 33 Kilometer lang und zwischen 70 und 180 Meter tief. Auch bekannt als Deutschlands größter Canyon. Martin Schwenninger begrüßt am Wanderparkplatz seine Gäste. Der Wutachranger führt die Gruppe zunächst zum Dietfurt-Wasserfall. Dort tropft das Wasser wie ein feenhafter Schleier aus einem mit dichtem Moos bewachsenen Felsen. Von oben rieselt und perlt das kühle Nass so sanft auf die Haut wie die „Powder-Rain“-Dusche eines weltbekannten Schwarzwälder Herstellers, dessen Designer sich vermutlich hiervon inspirieren ließen.
Über Brücken und Stege wandert die Gruppe hinab zum Ufer der Wutach. Doch anstatt in eine enge, dunkle Schlucht abzusteigen, weitet sich der Talgrund zu einem breiten, V-förmigen Tal. Geologisch betrachtet ein Meisterwerk, das die Wutach im Laufe vieler Millionen Jahre aus den weichen Muschelkalkfelsen geformt hat.
Wo heute Pestwurz wuchert, stand einst der Kurort Bad Boll. Dreistöckiges Kurhaus, Badehaus und ein riesiger Park mit Wasserfallbeleuchtung, zwei aufgestauten Seen, auf denen Gondeln schipperten. Nachdem der Britische Fishing Club das Anwesen 1894 kaufte, reiste die High Society aus aller Welt an. Doch der Boom war nur von kurzer Dauer.
Mit der Industrialisierung gelangten die Abwässer einer Papierfabrik in die Wutach. Die Fische starben, der Fluss stank zum Himmel, der Untergang von Bad Boll war besiegelt. Um weiteren Schaden abzuwenden, stellte die Behörde die Wutachschlucht 1939 unter Naturschutz. Heute erinnern einige exotische Bäume, die „Engländer Allee“, ein fußbreiter Pfad durch das Dschungelgrün und die Ruine einer Kapelle an den einstigen Kurort. Die Anziehungskraft der mystischen Schlucht ist nach wie vor ungebrochen. Jährlich wandern bis zu 80 000 Menschen durch die Wutachschlucht, die durch Stürme, Erdrutsche und Hochwasser stetig in Bewegung ist.
Ortswechsel zum Schluchsee. Nachdem die letzten Tagesausflügler die Uferzonen verlassen haben, ruht still der Schwarzwaldsee. Dass er zum größten und beliebtesten Wassersportzentrum avancierte, hat mit dem Bau der Staumauer 1929 zu tun. Davor maß der kleine Gletschersee gerade mal drei Kilometer Länge und 15 Meter Tiefe.
Nach der Aufstauung wuchs der Schluchsee auf siebeneinhalb Kilometer Länge und 65 Meter Tiefe. Als eines der größten Pumpspeicherwerke Deutschlands liefert das Schluchseewerk Strom, wenn er gebraucht wird, und entzieht dem Netz überflüssigen Strom. Der Schluchsee dient damit der Netzstabilisierung und als „größter Akku Deutschlands“ auch der Stromerzeugung und -speicherung. Ob Strombedarf oder -überschuss besteht, lässt sich am jeweiligen Pegelstand erkennen.
Bei sinkendem Wasserstand wird in den Kraftwerken Strom erzeugt, bei steigendem Pegel wird Wasser aus den tieferen Lagen in den Schluchsee gepumpt, um den Überschuss auszugleichen. Athanasius Kircher lag nicht mal so verkehrt mit seiner These von den unterirdischen Wasserspeichern.
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