Jazz & Wein

Mannheimer Planetarium: Musik von Juliana Blumenschein statt Sonnenschein

Mit einem auch dank Schriesheimer Wein  geschmackvollen Konzertabend geht Thomas Sifflings Space-Jazz-Reihe im Rahmen von Live@planetarium in die Sommerpause

Von 
Jörg-Peter Klotz
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Letzter Soundcheck, bevor es dunkel wird im Planetarium: Jan Dittmann, Juliana Blumenschein und Florin Küppers. © Klotz

Mannheim. Dass es im Planetarium nicht nur Sphärenklänge gibt, ist längst gute Tradition. Eindrucksvolle Abende mit der Musik von Rock-Klassikern wie Pink Floyd oder Queen gehören zum beliebten Standprogramm im Kuppelsaal. In diesem Jahr hat sich unter dem Oberbegriff Live@planetarium eine reizvolle Konzertreihe wieder etabliert: Space Jazz. Musikalisch kuratiert von Trompeter und Ella-&-Louis-Chef Thomas Siffling kombiniert sie jazzbasierte Live-Musik mit eigens zusammengestellten, spektakulären Bilderfluten aus dem reichen Repertoire der Mediendesignerin Gaby Langer und ihres Kollegen Thomas Niemann vom Planetarium. Am Freitagabend ist die deutsch-brasilianische Jazz-Sängerin und Songwriterin Juliana Blumenschein mit einem Heimspiel an der Reihe.

Mit Cuvee von Bülent Ceylan

Der synästhetische Genuss aus ihrer luftig-sommerlichen, aber auch balladesk-melancholischen Musik zwischen südamerikanischen Rhythmen und modernem Jazz wird an diesem Abend zusätzlich um eine geschmackliche Komponente erweitert: Beim Wiederaufleben des Untertitels Jazz & Wein Special kredenzt die Winzergenossenschaft Schriesheim allen Besucherinnen und Besuchern vorab ihren SchrieSecco Rosé als Aperitif einen Aperitif und hinterher bei einer kleinen Open-Air-Aftershow vorm Planetarium ihren Wein. Natürlich den prominent kreierten Cuvee  Bülent Blanc, einen Cabernet Blanc vom Ritters- und den Jungwinzer-Riesling vom Schlossberg. Unter anderem im Ausschank aktiv: die Weinprinzessinnen Anna Scheid und Luisa Gadzalli. Planetariumschef Christian Theis sagte zur Begrüßung: „Ich freue mich riesig über  das erste Jazz & Wein Special seit drei Jahren.“ Schade eigentlich, dass man die Gläser nicht mit in den Kuppelsaal nehmen darf. Die Wirkung des „Dreiklangs“ aus Wein, Space-Vibe und Gesang stellt man sich spannend vor.

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Egal: Wer den nach der Hitze sehr angenehm lauen Sommerabend gegen das weitgehend abgedunkelte Planetarium getauscht hat, also quasi Sonnen- gegen Blumenschein,  macht alles richtig. In vielerlei Hinsicht. „Wenn‘s ihnen gefällt und sie sich sicher fühlen, sagen sie es gerne weiter“, leitete Siffling zur Musik über und erinnerte daran, dass die Zögerlichkeit des Publikums in der Pandemie Folgen haben kann: „Kultur erhalten heißt: Kultur konsumieren.“
Schließlich trägt sie wesentlich zu einem erfüllten Leben bei. Dazu passt der Titelsong von Juliana Blumenscheins erstem Album, mit dem ihr Trio das Konzert eröffnet. Er setzt den Ton, der etwa die Hälfte des Programms bestimmt: lockere Rhythmen von Kontrabassist Jan Dittmann  und Florin Küppers‘ elegante Gitarreneinsprengsel, über dem Mal glasklarer, mal dunkel-warmer, teilweise gescatteter Gesang zu schweben scheint. Nach der ersten Strophe geht das Licht aus, die Weltrauminstallation wird mit zunehmender Dunkelheit immer mehr zum Co-Hauptdarsteller. Erstaunlich, wie sich die kühlen Bilder aus dem All mit dem südamerikanischen Lebensgefühl ergänzen, statt zu kontrastieren. Die Die Ballade „Sea Calm“ passt dagegen perfekt zum dunklen Sternenhimmel, der schnell von einer spätabendlichen Seenlandschaft ersetzt wird.

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Der Kontrabass  trägt das dramatische „Pra Ribeira“ (Deutsch: Zum Flussufer) und scheint mit einem immer näher rückenden Helix-Nebel, der nach der Implosion einer Sonne entstehen kann,  und  perlenden Gitarrenspiel regelrecht zu kommunizieren. Kontrastprogramm bieten „Forevermore“ oder „Reflection“ ambitionierte moderne Jazz-Balladen. Diese werden visuell oft puristisch begleitet, etwa per Sternenhimmel, aber auch mal von knallig bunten, floral anmutenden Motiven emotional verstärkt.

Manchmal wird ein vom Hubble-Teleskop aufgenommener Helix-Nebel zum Hauptdarsteller des Konzerts im Planetarium. © NASA, ESA, and C.R. O'Dell (Vanderbilt University)

Ganz stark ist der Dreierblock mit Coverversionen brasilianischer Musikikonen mit sehr speziellen Gooves, die Blumenschein teilweise mit der Pandeira, einer Rahmentrommel mit Schellenkranz verstärkt:  Eu Só Quero Um Xodó“ vom Akkordeonisten Dominguinhos, Baden Powells Klassiker „Canto De Ossanha und „Panteio“ von Edo Lobo, das leichtfüßig Bossa Nova Richtung Saturn tanzt. Es folgen noch zwei exzellente Beispiele der beiden musikalischen Welten, zwischen denen die Wahl-Mannheimerin pendelt: die Hollywood-filmreife Ballade „Broken“ und „Término“, dessen leichter Groove durch Küppers‘  Gitarrenlicks fast funky klingt.

Oft korrespondierten die Bilder aus dem All erstaunlich gut mit dem südamerikanischen Lebensgefühl von Teilen der Musik. © Klotz

Interessant am Rande: Da man die. Sängerin optisch nur erahnen kann, und ihr Erscheinungsbild als Orientierungsanker wegfällt, fällt besonders auf, wie unterschiedlich ihre Stimme in ihren beiden Singsprachen klingt. Es wirkt, als ob die englischen Balladen von einer völlig anderen Person gesungen würde als die Stücke auf Portugiesisch, vor allem bei der eindrucksvollen Schlussballade „Salvador“. Die  korrespondierte mit ihrer südamerikanischen Emphase verblüffend gut mit nordlichtartigen Bildern in der Kuppel.

„Man möchte alles mitkriegen“

Aber es war nicht nur in den gemütlichen Sesseln vor der Bühne ein spannender Abend: „Ich habe mich total darauf gefreut. Weil ich als Sängerin meistens in die Gesichter im Publikum schaue. Ich suche gerne den Kontakt und versuche mit den Augen zu kommunizieren.“, erzählt Juliana Blumenschein über ihr erstes Konzert im Dunkeln bis Halbdunkeln im Gespräch mit dieser Redaktion. „Und es ist fast unmöglich, auszublenden, was man so sieht.“ Diese Quasi-Laborsituation findet sie aber interessant: „Teilweise ist man noch fokussierter auf die Musik, weil man nicht von Sachen abgelenkt wird, die im Publikum passieren. Ich bin eh jemand, der viel wahrnimmt.“ Andererseits müsse man sich fast konzentrieren, sich nicht ablenken zu lassen und die ganze Zeit auf die Show in der Kuppel zu schauen: „Man möchte das eigentlich alles mitkriegen.“ Aber beim lockeren Spiel bei der Aftershow mit Weinverkostung tut es auch der normale Himmel über Mannheim. Der Abend klingt so mit ein paar lockeren Standards aus, mit hochinteressanten Instrumental-Duetten von Dittmann und Küppers, wenn ihre Frontfrau gerade mal CDs signiert.

Die sängerin musste sich konzentrieren, um sich von den Bilderfluten im Kuppelsaal nicht ablenken zu lassen. © Klotz

Weitere Termine

Zum Vormerken: Unter dem Etikett Live@planetarium laufen neben Sifflings Space-Jazz-Reihe auch von der Popakademie bespielte Abende im Rahmen der Konzertwoche  Summer Break Sessions zum Abschluss des Sommersemesters. Dabei sind am  Dienstag, 19.Juli, 20  Uhr, im Planetarium Kopfhörerkonzerte von Ilayo, deren Musik in Electronica, Soul und Alternative wurzelt, und 70er-Jahre-Rock von Rolling Oranges Club & The Lost Pacifiers zu hören. Eintritt: 15 Euro (Studierende: 6 Euro.
Die trotz anfänglichen Corona-Beschränkungen mit Konzerten von Thomas Siffling und Angie Taylor erfolgreich gestartete  Reihe wird im Herbst fortgesetzt. Man darf sehr gespannt sein, wie das Planetarium-Team den hochenergetisch-psychedelischen Surf-Sound des Quartetts The Necronautics am Freitag, 14. Oktober, ab 20 Uhr, im Kuppelsaal visuell begleitet. Karten gibt es ab sofort unter etix.com.
Mit dem Auftritt  der zwischen ambitioniertem Pop und Jazz pendelnden Sängerin und Songschreiberin Listentojules am 25. November steht bereits ein zweiter Termin in der Winterspielzeit fest fest. Die an Popakademie und Musikhochschule ausgebildete Wahl-Mannheimerin plant, in Quartett-Besetzung mit Florin Küppers (Gitarre) und Adrian Bauer (Bass) und Julian Losigkeit (Schlagzeug) aufzutreten. Tickets ebenfalls unter etix.com.

Übersicht zu live@planetarium: planetarium-mannheim.de

Ressortleitung Stv. Kulturchef

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