Kunst

Künstler Hans Thoma in der Kritik

Der Staatspreis für Kunst des Landes Baden-Württemberg ist nach dem Maler Hans Thoma benannt. Diesjähriger Preisträger ist der Karlsruher Akademiedirektor Marcel van Eeden. Er übt heftige Kritik an Thoma - ist das berechtigt?

Von 
Hans-Dieter Fronz
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Ein Selbstbildnis des Malers Hans Thoma (in einer Ausstellung im Städel 2013). © dpa

2013 erklärte ihn eine große Retrospektive im Frankfurter Städel Museum schon im Titel zum „Lieblingsmaler der Deutschen“. Schulen, Straßen und Plätze wurden nach ihm benannt. Auch dem Staatspreis des Landes Baden-Württemberg für Kunst gibt Hans Thoma den Namen: In Bernau, dem Geburtsort des Künstlers im Schwarzwald, wird alle zwei Jahre der Hans-Thoma-Preis verliehen. Damit verbunden ist eine Ausstellung im dortigen Thoma-Museum. Die Preisverleihung ist ein Fest mit Folklorefaktor. Nicht nur die Mitglieder zweier Blasmusikkapellen, die zwischen den Reden aufspielen, tragen Tracht.

In diesem Jahr war einiges anders. Ein Schatten lag über der Preisverleihung, denn schon im Vorfeld war bekannt geworden, dass der diesjährige Preisträger Marcel van Eeden in seiner Ausstellung Thomas Nähe zu einer völkischen, deutschnationalen, gar antisemitischen Weltanschauung zum Thema machen würde. Bei seinen Recherchen war der aus den Niederlanden stammende Kunstprofessor und Rektor der Karlsruher Kunstakademie auf Äußerungen Thomas gestoßen, die in diese Richtung deuten.

Für seine Ausstellung hatte van Eeden die hübsche Idee, die Stationen einer Reise Thomas zu einer großen Rembrandt-Ausstellung nach Amsterdam im Jahr 1898 aufzusuchen und seine Eindrücke in Gummidrucken festzuhalten. Doch während der Arbeit stieß van Eeden auf zweifelhafte Äußerungen Thomas.

Vorwürfe relativieren sich

Vertuschen oder bloßes Ignorieren war keine Option für ihn. Und so stellt seine in Bernau ausgestellte Serie von Gummidrucken mit dem Titel „1898“ vor allem Fragen. Ein Mittel dazu sind Textpassagen mit alten Zitaten, die sich zwischen die dunkeltonigen Lichtbilder mit ihren verschwommenen Motiven schieben. Inhaltlich wie zeitlich konterkarieren sie die zeitgenössischen Bildsujets wie die teils idyllischen Inhalte der Drucke, etwa Schwarzwaldlandschaften oder Thomas Bernauer Geburtshaus. Bei näherer Betrachtung und mit etwas Abstand zur öffentlichen Erregung relativieren sich die hoch gekochten Vorwürfe gegen den Säulenheiligen badischer Kultur. Thomas „Verfehlungen“ bestehen demnach in der Hauptsache in seiner Freundschaft mit Julius Langbehn, dem antisemitischen Verfasser des Buchs „Rembrandt als Erzieher“, und einem lobenden Wort über ein Buch von Paul de Lagarde.

Judenfeindliche Äußerungen von Thoma selbst sucht man dagegen vergebens. Langbehn hatte den Kontakt zu dem von ihm inbrünstig verehrten Künstler gesucht – und dieser wollte mäßigend auf Langbehn einwirken. Ansichten, wie er oder Lagarde sie vertraten, gehörten zum breiten Strom einer konservativ-deutschnationalen Weltanschauung im Kaiserreich. Man könnte kritisieren, dass sich Thoma – wohl in beruflichem Interesse– die Kommunikation nach allen Richtungen offen hielt. Dass er mit zweifelhaften Ansichten sympathisierte, wird dadurch aber nicht belegt.

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