Internationales Filmfestival

Da geht kein einziger Schlag daneben

Mit „Day of the Fight“ von Jack Huston eröffnet das Internationale Filmfestival in Mannheim mit einem souveränen Regiedebüt

Von 
Thomas Groß
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Vor der Entscheidung: Filmszene mit Michael Pitt und Ron Perlman. © IFFMH

Kein schlechtes Zeichen, wenn Entscheidendes schon zum Auftakt läuft: Ein Tag der Entscheidung steht im Mittelpunkt des Eröffnungsfilms „Day of the Fight“, den das Internationale Filmfestival als Deutschlandpremiere – und in Anwesenheit des Regisseurs Jack Huston – zeigt. Für Boxer Mike Flannigan, die Hauptfigur, wird sich an diesem Tag noch mehr als der bevorstehende Preiskampf im New Yorker Madison Square Garden entscheiden; auf diesen aber läuft der souverän in klassischer Manier und stimmungsvoll in Schwarzweiß inszenierte Film von der ersten Einstellung an zu.

Man ist nah dabei, wenn Mike, beeindruckend verkörpert von Michael Pitt, um sechs Uhr aufwacht und im herbstkalten Brooklyn ein paar Runden zum Aufwärmen dreht. Mit einem Frühstück im Stehen bei einer alten Bekannten geht es weiter, dann holt er ein Schmuckstück ab, das ein Freund für ihn aufbewahrt hatte. Er versetzt es, um das erlöste Geld auf seinen eigenen Sieg am Abend zu wetten. Dass ihm eigentlich nur Außenseiterchancen zugesprochen werden, erfährt man auch – und unaufdringlich, eher wie nebenbei werden zudem wesentliche Details aus Mikes Biografie enthüllt.

Die Dinge wieder geraderücken

Er saß im Gefängnis, weil er, als amtierender Mittelgewichtschampion, betrunken einen Autounfall verursachte, bei dem ein Junge ums Leben kam. Seine eigene Ehe ging deshalb in die Brüche; die mittlerweile dreizehnjährige Tochter sieht Mike allenfalls aus der Ferne. Und schon seine Kindheit war alles andere als ungetrübt. Aber nun will Mike die Dinge wieder geraderücken und sein Leben, so weit es geht, in Ordnung bringen. Und er weiß, dass ihm dazu nicht viel Zeit bleibt.

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In „Day of the Fight“ erlebt man eine Geschichte, wie man sie eher von früher her kennt – und die tatsächlich, worauf nur ein Jahreskalender in einem Büro verweist, im Jahr 1989 spielt. Eine klassische Boxerfilmgeschichte ist das, die im Rahmen des Festivals auch auf die diesjährige Retrospektive zum Thema „Method Acting“ anspielt – denn auch dort gibt es zwei Boxerfilme.

Personen in Großaufnahme, ein hoher Dialoganteil, Rückblenden, Spannung, besonders beim glänzend choreographierten Boxkampf, und existenzielle Tiefe erlebt man hier – denn natürlich ist mit dem Thema Allgemeines mitgesetzt: die Schläge und manchmal Tiefschläge, die das Leben verteilt, das Erfordernis, sich zu behaupten, die Nähe von Sieg und Niederlage. Der bislang nur als Schauspieler hervorgetretene Jack Huston hat im Film zudem den Aspekt des Opfers verarbeitet.

Das alles ist nicht gerade wenig, der Film emotionalisiert auch stark, doch nichts davon wird zum Nachteil, weil die Geschichte mitreißend und glänzend inszeniert ist. Da geht nichts, kein Schlag daneben – ein Festivalauftakt nach Maß.

Redaktion Kulturredakteur, zuständig für Literatur, Kunst und Film.

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