Interview

Warum Subway to Sally lieber Metal als Mittelalter ist

Eric Fish von Subway to Sally verrät, was ihn daran nervt, in immer dieselbe Schublade gesteckt zu werden - und erklärt, woher das Selbstbewusstsein der Band kommt. Am 29. April treten sie in der Halle02 in Heidelberg auf

Von 
Julia Brinkmann
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Subway to Sally um Sänger Eric Fish (vorne) haben vor kurzem ihr 14. Studioalbum „Himmelfahrt“ veröffentlicht. © Heilemania/ Pedro Stoehr

Eigentlich sind Subway to Sally als Band schon ziemlich eingespielt, nach 30 Jahren Bandgeschichte. Wie oft proben Sie eigentlich noch?

Eric Fish: Wir proben konzentriert vor Shows mehrere Tage. Für die Tour jetzt proben wir in drei Blöcken. Im zweiten Block haben wir angefangen, uns über die Dramaturgie der Shows, Specials und Soli Gedanken zu machen. Im dritten Block spielen wir das Programm komplett durch. Auch die neuen Songs müssen einfach im Schlaf sitzen und dazu braucht es eine Weile.

Es gibt diese Band ja schon ziemlich lange, aber dafür ist die Besetzung in großen Teilen gleich geblieben. Da habe ich schon bei jungen Bands ganz andere Mitgliederwechsel gesehen. Wie ist es für Sie, schon so lange in einem recht konstanten Gefüge zu spielen?

Fish: In der Tat, wir hatten nur wenige Wechsel. Den prägnantesten vor sieben Jahren an der Geige. Mit Ally Storch haben wir einen wunderbaren Ersatz für Frau Schmitt gefunden, die auch menschlich sehr gut zu uns passt. Im Grunde sind wir eine Familie. Jeder kennt die Macken der Anderen und akzeptiert sie – oder Konflikte werden ausdiskutiert. Ich bin zum Beispiel jemand, der auf Tour selten im Backstage abhängt, mit den anderen redet, Spielchen macht oder dumm rumquatscht. Ich gehe lieber raus. Das kommt nicht immer gut an, weil natürlich viel gesprochen wird zwischen Soundcheck und Konzert. Aber ich brauche das eben und das wird auch akzeptiert. Jeder von uns hat so seinen eigenen Kopf. Und wir sind erwachsene Menschen, wir müssen miteinander umgehen können.

Zwei Mal dieses Jahr in der Metropolregion zu sehen

  • Subway to Sally haben sich 1992 gegründet und stammen aus Potsdam und Umgebung.
  • Himmelfahrt“, das 14. Studioalbum der Band, ist am 24. März erschienen und erreichte Platz 5 in den deutschen Albumcharts.
  • Die Besetzung: Eric Fish – Gesang, Flöte; Ally Storch – Geige; Bodenski – Drehleier, Akustikgitarre, Gesang; Simon – Akustikgitarre, Trumsheit, Gesang; Ingo Hampf: Gitarre, Laute; Simon Michael – Schlagzeug, Perkussion; Sugar Ray – Bass.
  • Am 29. April treten Subway to Sally um 20 Uhr in der Halle02 in Heidelberg auf. Ein Ticket kostet via Eventim 44, 75 Euro.
  • Am 26. August gibt es eine zweite Gelegenheit, die Band in der Metropolregion Rhein-Neckar zu sehen: beim Festival Mittelalterlich Phantasie Spectaculum (MPS) in Speyer (48 Euro für eine Tageskarte). 

Kommen wir zum neuen Album. Dort gibt es Einflüsse von Pirate Metal, Einflüsse von Neuer Deutscher Härte. Was hilft Ihnen dabei, Subway to Sally neu zu erfinden?

Fish: So ist es nicht. Wir erfinden uns nicht neu. Um die Entstehung des Albums zu erklären, muss ich einen Schritt zurückgehen: Wir haben die Corona-Zeit insgesamt ziemlich ratlos und tatenlos verbracht. Anfangs wollten wir darüber Songs schreiben. Aber als es dann wirklich konkret wurde, dass wir ein neues Album aufnehmen wollen, waren die Demos, die wir zu dem Zeitpunkt zusammen hatten, nicht mehr das, was wir machen wollten. Wir wollten nicht rumjammern über die zweieinhalb Jahre des Nichtstuns und wie schlimm die Welt doch ist. Stattdessen hat sich ein Gefühl des Aufbruchs breit gemacht. Und wir haben uns zweimal, wie ganz früher, in Songwriting Camps eingeschlossen. Wir sind in die Wüste gefahren, haben ein Ferienhaus gemietet und uns gegenseitig Ideen vorgespielt, komponiert und Texte geschrieben. Das alte „Subway-Gen“, also das, was Ende der Neunziger, Anfang der Nullerjahre Trademark geworden ist, hat sich dabei wieder nach vorne gedrängelt: schöne Melodien, schöne Refrains. Texte, die tiefsinnig sind, aber nicht unverständlich. Wieder wie früher Musik machen zu wollen, mit dem, was wir jetzt können, war der Schlüssel zu dem Album.

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Viele Stücke auf dem Album sind ziemlich klassische Subway to Sally-Lieder. Die drei Songs, die Sie schon vorab veröffentlicht haben, fallen da aber raus: Sie sprechen direkt von der Band, etwa zum Publikum. Warum haben Sie ausgerechnet diese Songs ausgewählt?

Fish: Nachdem wir die letzten Alben in Eigenregie produziert und veröffentlicht haben, haben wir uns entschlossen, auf ein Angebot von Napalm Records einzugehen. Im Umkehrschluss haben die natürlich auch mitzureden, welche Songs ausgewählt werden. Das Label sieht uns in der Mittelalter-Szene und wollte Songs präsentieren, die nach vorne gehen. Ich hätte mir gewünscht, dass auch ein Song wie „Gott spricht“ für ein Musikvideo ausgewählt wird, weil er ganz klar unsere Metal-Seite und unsere ernsthafte Seite zeigt. Aber man muss auch mal in der Lage sein, auf sehr erfahrene Leute zu hören.

Mittelaltermusik ist einfach zu klischeehaft belegt
Eric Fish Sänger der Band Subway to Sally

Der Song „Ihr kriegt uns nie“ richtet sich an Kritiker, oder?

Fish: Interessant, dass Sie das so interpretieren. In der Tat ist es eher ein Song mit Augenzwinkern, gerichtet an die anderen Kapellen – also an andere Bands.

Das wäre meine zweite Idee gewesen.

Fish: Wir sind schon sehr selbstbewusst. Wir waren als Erste mit dieser Art von Musik unterwegs. Wir haben quasi ein Genre kreiert. Und jetzt haben wir im Kielwasser eine Menge Boote, die uns teilweise überholt haben. Saltatio Mortis oder In Extremo etwa. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass wir die hochwertigste Musik machen, die mit der größten Widerstandskraft gegen die Zeiten. Auf jeder Platte ist ein Hit dabei, der jede Setlistveränderung überdauert und den die Fans live hören wollen. Und deswegen kann man auch mit –ich wiederhole noch mal – einem Augenzwinkern so ein Lied an die Kollegen richten.

Nervt es Sie denn, wenn Subway to Sally als Mittelaltermusik bezeichnet wird?

Fish: Ja, weil uns das auf etwas reduziert, das wir nicht sind. Mittelaltermusik ist einfach zu klischeehaft belegt. Da hat sich inzwischen so ein Bild ergeben, auch durch die vielen Nachwuchsbands, die alle so ziemlich das gleiche Auftreten haben. Dudelsäcke sind da sehr präsent. An dem Instrument mache ich Mittelaltermusik eigentlich fest – weniger an Drehleier oder Geige. Wir haben keine drei Minuten lange Dudelsackparts. In den letzten Jahren stand ich vielleicht ein oder zwei Mal mit Dudelsack auf der Bühne. Ein weiterer Punkt: Wenn sich bei uns etwas mittelalterlich anhört, dann ist es trotzdem selbst geschriebene Musik. Also meine Meinung ist: Wir sind keine Mittelalter Band. Eine Szenezeitschrift hat uns gerade wieder als Folk Metal beschrieben. Das trifft es. Gothic Metal trifft es noch eher, finde ich. Das Wort Metal sollte schon mit drin sein.

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Es gibt da ja eine andere deutsche Metal Band, aus Ihrem Dunstkreis sogar, die gerade einen guten Lauf hat: Lord of the Lost treten für Deutschland für den Eurovision Song Contest an. Was meinen Sie: Haben sie eine Chance?

Fish: Die Chance, nicht Letzter zu werden, klar.

Das wäre im Vergleich zu den letzten Jahren schon ein Fortschritt für Deutschland.

Fish: Deutschlands ESC-Auftritte in den letzten Jahren waren absolut peinlich. Da spielen 30 europäische Länder ihre vermeintlich beste Musik vor und unsereins schickt da Leute hin, die regelmäßig den letzten Platz machen. Aber was man Lord of the Lost auf jeden Fall nachsagen kann: Sie haben auch die Fähigkeit, die ich uns vorhin zugeteilt habe, nämlich tolle Songs zu schreiben, mit tollen Refrains. Und ich weiß, dass die Performance, die sie beim Vorentscheid gebracht haben ...

… mit dem Lied „Blood and Glitter“ …

Fish: ... auf ihrem eigenen Mist gewachsen ist. Die Kostüme machen sie selber. Also ich habe schon große Hochachtung vor den Kollegen. Insofern wünsche ich Ihnen das Allerbeste.

Redaktion Julia Brinkmann ist Online-, Podcast- und Social-Media-Redakteurin.

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