Das Vereinsheim ist in eine neue Ära gestartet. Und nach der Premiere des neu formierten Musikprojekts in Mannheims Alter Feuerwache gilt auch nach dem Abschied von Schlagzeuger Tommy Baldu und Visuals-Künstler Haegar weiterhin: Ein spannenderes, intimeres, kreativeres Pop-Live-Erlebnis findet man kaum. Schon gar nicht für 25 Euro.
Aber natürlich bemerkt man die Folgen der Zäsur in der Geschichte des 2012 als Vereinsheim Baldu begründeten Projekts. Baldus aberwitziger Groove und herausfordernde Kreativität, auf der die Kompaktheit des Sounds fußte, lässt sich nicht ersetzen. Daher ist es nur konsequent, dass das Kern-Team David Maier (Gesang, Moderation), Nico Schnepf (Keyboards) und Rouven Eller (360-Grad-Sound) künftig auf Rotation setzt: An den Drums sitzt am Donnerstag der Berliner Songwriter, Sänger und mehrfache Vereinsheim-Gast Lui Hill. Die visuelle Bespielung der Wände des Saals übernimmt der international gefragte Jonas Denzel, der bei den Karlsruher Schlosslichtspielen eine zentrale Rolle spielt.
Seine Bilder und Farben sind klar, fast puristisch. Aber auch ohne Effektgewitter wirken die optischen Inszenierungen der Songs spektakulär. Fast atemberaubend besonders: Das staunende Publikum erlebt ein Unikat, als das Prinzip der Show umgekehrt wird – die Musiker vertonen virtuos ein Video Denzels.
Aber es geht schon ungewöhnlich los: Die Vereinsheimer laufen a cappella mit Hills „How Many Moons“ auf den Lippen ein und nehmen im Kreis in der wohnzimmerartig gestalteten Saalmitte Platz. Dann ist schnell Sänger Petter Ericson Stakee vom Indie-Duo Alberta Cross zu hören – die international namhafteste und vielleicht sogar beste Stimme auf der illustren Gästeliste des Projekts.
Leider kam der Schwede mehr als einen Tag zu spät und spielt seine Hits fast ungeprobt. Das wird von Lied zu Lied besser. Aber das Grundprinzip, im Kollektiv neue Sichtweisen auf die Songs zu kreieren, fällt so flach. Somit stehlen ihm Hill und vor allem das kanadische Duo Kliffs die Show, weil Sänger Mark Bérubé und Kristina Koropecki (Cello) etwa die gewaltigen Gitarren-Sounds Arthur Braitschs gekonnt integrieren. Ihr einfallsreicher Folk-Indie-Pop ist am 30. Januar bei „Kultur im Dunkeln“ in Ilvesheim zu hören. Da Bassist Alex Merzkirch ebenfalls neu dabei ist, wird das Klangerlebnis erst spät richtig rund. Auch die neuen Songs der Kern-Band wirken zunächst weniger komplex. Dafür zeigen Maiers Texte Haltung in puncto Nachhaltigkeit. „Vereinsheim For Future“ sozusagen. Und dank der Rotation an zentralen Positionen verspricht die Zukunft spannend zu werden.
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