Nachruf

Trauer um Ivo Kljuce, den Star-Fotografen mit dem kompromisslosen Temperament

Von 
Jörg-Peter Klotz
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In vielerlei HInsicht ein Unikat: Fotograf Ivo Kljuce. © Ivo Kljuce

Mannheim/Altrip. So kreativ, streitlustig und laut er im Leben war, so leise, ja still verlief sein Abgang aus dieser Welt: Wie das Polizeipräsidium Rheinpfalz am Sonntag auf Anfrage bestätigte, ist der Fotograf Ivo Kljuce am Mittwoch an seinem letzten Wohnort in Altrip tot aufgefunden worden. Er wurde 54 Jahre alt. Der Mannheimer Sänger Rolf Stahlhofen berichtete aus dem Bekanntenkreis des Star-Fotografen, „dass Ivo wohl friedlich eingeschlafen ist“.

Für nächste Woche hätten sie gemeinsam Videoarbeiten geplant, erzählt der Söhne-Mannheims-Frontmann, der Kljuce über die Jahrzehnte wie viele andere auch charakteristische Porträtbilder zu verdanken hat. „Er hat uns alle immer besser aussehen lassen, als wir eigentlich waren. Das war seine große Stärke – er wird eine riesige Lücke hinterlassen.“

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Mannheimer Fotograf Ivo Kljuce: In vielen Stilen brillant

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Spezielle Autos, auffällige Klamotten, mitunter ebenso schrille Frisuren, aber vor allem sein kompromissloses Temperament und ein Herz, das mindestens so groß war wie seine wirklich nicht kleine Klappe – so prägte Ivo Kljuce das Bild des Mannheimer Szene-Stadtteils Jungbusch, wo er in der Beilstraße lange lebte und ein Atelier unterhielt.
Geboren wurde er am 24. Februar 1967. Die Familie Kljuce stammt aus dem kroatischen, genauer gesagt: dalmatinischen, 3500-Einwohner-Ort Opuzen. Aufgewachsen in Ludwigshafen und nicht gerade brennend interessiert an herkömmlichen Bildungspatenten verbiss sich Kljuce ab 1986 in die Fotografie. Aus seiner mit Foto-Zubehör vollgestopften 48-Quadraterwohnung in LU zog er 1998 zunächst in die Mannheimer Quadrate.

Naturtalent ohne Scheuklappen

Er war ein Naturtalent, gesegnet mit einem Blick, der Persönlichkeit mit Fotos besser festhalten konnte als 1000 Worte, aber auch Architektur, Straßenszenen oder Natur. Als Autodidakt kannte er keine feingeistigen Scheuklappen: Als die Digitalfotografie sich durchsetzte, waren ihm Tabus um Nachbearbeitung als einem der ersten Fotografen in der Region völlig egal. Das erstklassige Resultat war ihm wichtiger,  als der Weg dorthin. Deswegen berichten Porträtierte fast durchweg von besonderen Erlebnissen bei den Kljuce-Shootings. Auch, weil es dabei ruppig und derb zugehen konnte. Und man oder frau dabei oft weniger Kleidung trug als erwartet.

Zumindest eines seiner gern erotisch angehauchten Bilder prägte eine Zeit lang als Werbemotiv die halbe Region: Die sich an einer Welde-Bräu-Flasche entlang räkelnde, wenig bedeckte Schöne, die ab 2002 teilweise hauswandhoch Lust auf Bier machen sollte. Um 2005 war Kljuce als Fotograf der Stars fast schon auf dem Weg zum Starfotografen (was er in Mannheim qua Persönlichkeit durchaus war): „Ivo from Mannheim“ wurde selbst in den USA zum Markenzeichen, seit nachdem sich Hip-Hop-Weltstars wie RZA (Wu-Tang-Clan), Nas oder Xzibit von dem gebürtigen Kroaten ablichten ließen.

Große Hip-Hop-Stars vor der Linse

Entdeckt hatte ihn die in Amerika lebende Musikmanagerin Eva Ries, als sie ihre Eltern in Ladenburg besuchte. Im Edinger Studio 17 traf sie den vierschrötigen Autodidakten. Sie gab ihm die Chance, in Stuttgart RZA und Xavier Naidoo für das Cover der internationalen Single-Version von „Ich kenne nichts . . .“ abzulichten. Kljuce brauchte für zwei Einstellungen zehn Minuten, um die beiden vor einem fototapetenreifen Sonnenuntergang auf einem Hochhaus in den Kasten zu kriegen. Dieses Tempo war buchstäblich Gold wert, denn viele Stars hassen kaum etwas so sehr wie ellenlange Foto-Sessions. „Die Künstler haben sich nicht gelangweilt, waren nicht angepisst – ,der hat sie im Griff´, war das Feedback, das sich herumsprach. Wenn Kljuce Anekdoten vom Umgang mit Rap-Ikonen erzählt hat, ahnte man, warum er dann doch nicht der neue Jim Rakete und international dauergefragt geworden ist: „Ich sollte Nas in New York fotografieren. Und ich fand, der kann genauso gut nach Mannheim kommen.“ Man einigte sich auf Miami.

Obwohl er in seiner Karriere reihenweise Stars von Julia Neigel, Edo Zanki bis hin zu Udo Lindenberg fotografiert hat, wäre Kljuce mit etwas mehr Kompromissbereitschaft vermutlich noch erfolgreicher gewesen, Aber sein in einem Gespräch mit dieser Redaktion formuliertes Credo war eindeutig „Wer von mir fotografiert werden möchte, isst, was auf den Tisch kommt.“ Dass er zuletzt via Instagram gegen die Corona-Maßnahmen lautstark  wetterte, kann auch niemanden überraschen, der den unbändigen Freigeist ein wenig kannte.

Seine unbändige Leidenschaft galt aber vor allem dem  Visuellen, mit einem Tick ins Voyeuristische. Ein Eindruck auf der Straße oder im Nachtleben konnte Kljuce so mitreißen,  dass sich nicht nur Popstars, angehende und Profi-Models, sondern auch Taxifahrer, Kellner oder einfache Passantinnen spontan vor seiner Linse wiederfanden. „Leute interessant und sexy aussehen zu lassen – das ist für mich das Wichtigste an dem Job. Und es gibt niemanden, bei dem das nicht klappt.“ Damit lag Kljuce immer richtig...

Ressortleitung Stv. Kulturchef

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