Comedy - Bülent Ceylan spielt sein Programm „Luschtobjekt“ erstmals vor der Kulisse von 10 000 Fans in der SAP Arena

So macht Bülent Ceylan in Mannheim „Luscht“ auf Freiheit

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Von wegen nur Klamauk und Heavy Metal: Bei der TV-Aufzeichnung in der SAP Arena singt Bülent Ceylan auch ein Lied aus Schuberts „Winterreise“. © Manfred Rinderspacher

Die Vorpremiere wird noch bejubelt - doch dann kommt Corona. Und Bülent Ceylan muss über zwei Jahre warten, ehe er sich in der Mannheimer SAP Arena als „Luschtobjekt“ mit enthaarter Brust, aber gewohnt üppiger Haarmähne präsentieren kann. Am Samstagabend ist es soweit: 10 000 Menschen, darunter auch Familien mit Kindern, feiern klatschend und kreischend das zwölfte Bühnenprogramm des Comedy-Stars. Als hätten sich die Fans auf Entzug gefühlt, inhalieren sie das Adrenalin, das der 46-Jährige versprüht und dabei immer wieder ins Publikum ruft „Monnem ist halt Monnem“. Und die Mannheimer, aber nicht nur die, lieben den Deutschtürken aus der Quadratestadt.

Am 11. März 2023 wieder in der SAP-Arena

  • Der Mannheimer Bülent Ceylan, Jahrgang 1976, hat sein Bühnendebüt im November 1998 mit „Produzier’ mich“ net“ in der Opera Buffa gegeben, 700 Meter vom Capitol entfernt.
  • Der Sohn einer deutschen Mutter und eines türkischen Vaters mit christlicher Konfession setzt sich seit Jahren für Kinder und Familien in schwierigen Lebenssituationen ein und hat dafür Stiftung ins Leben gerufen .
  • Der „Monnemer Türk“, wie er sich selbst nennt, ist verheiratet und Vater von zwei Kindern . Auch wenn er neuerdings vom Töchterchen und dem Sohn auf der Bühne erzählt , hält er diese aus der Öffentlichkeit - auch aus sozialen Medien.
  • Als Heimspiel gibt es die Schau „Lutschobjekt“ am 11. März nächsten Jahres erneut in der SAP Arena .

Und weil das so ist, verzeiht das Publikum, wenn Bülent Ceylan auch so manche Kalauer einbaut. Aber selbst die bringt er furios rüber. Der Comedian hat nicht nur eine köstliche Gosch und eine stimmgewaltige Kehle, er besitzt vor allem das Talent, Menschen zu begeistern - und dies jenseits einzelner Pointen. Seine Bühnenshows sind stets Eigen-Inszenierungen mit Rollenverwandlungen.

Diesmal steht der Mittvierziger - ein ansehnliches wie durchtrainiertes Mannsbild - als „Luschtobjekt“ im Mittelpunkt und zeigt Haut oberhalb der Gürtellinie. Wenn auch nur kurz - aber lang genug, dass die Zuschauer sehen: Jene acht Kilo, die für die Vorpremiere abgenommen wurden, sind immer noch weg, aber dafür Muskeln da. Auf dem schwarzen T-Shirt prangt nach der Pause: „Geiles Stück DNA“. Als Teil der Erbinformation dürfte der Sohn einer deutschen Mutter und eines türkischen Vaters auch das Gen für Situationskomik in die Wiege gelegt bekommen haben.

SAP Arena

So war Bülent Ceylans Auftritt in der SAP Arena

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Bülent Ceylan steigt per Leiter von der Bühne, um das Saal-Podest mit den Kameras zu erklimmen und dort mit herangezoomten Fans direkt und großformatig zu kommunizieren - und zwar so, dass die Menschenmenge vor Vergnügen tobt. Ohnehin handelt es sich um eine spezielle Vorstellung: Diese wird nämlich für die ARD aufgezeichnet. Und als besondere Gäste begrüßt der Star „meine Mama, die sich erstmals wieder raus getraut hat“ und neben ihr sitzend die Schweizer Sängerin Paola, die einst mit ihrem Mann Kurt Felix „Vorsicht Kamera“ moderierte.

Die Lust auf den Leib geschnitten

Klar palavert Bülent Ceylan eindeutig-zweideutig, manchmal auch kindgerecht „verrätselt“ , über die Lust an der „Luscht“ und rühmt dabei männliche Glocken, die jenseits von Kirchtürmen spezielles Geläut bewirken. Er erzählt aber auch einfach Geschichten - beispielsweise wie er wegen Corona gesperrte Spielplätze mit seinen Kindern heimlich zu nächtlicher Zeit besuchte. Natürlich treten bei dem sinneslustigen Programm auch seine Alias-Figuren auf. Beispielsweise Testosteron-Hasan, der die Wassergeburt seiner Zwillinge nach dem Motto „vom Becken ins Becken“ schildert. Für Anneliese mit Vorliebe für Tigerlook und außerdem Zobel, Persianer & Co. - schließlich betreibt sie in Mannheim mit ihrem Mann ein exklusives Pelzgeschäft - ist das Thema Luscht wie auf den Leib geschnitten. Schließlich lautet eine alte Kürschner-Weisheit „Wo Haare, da Freude“. Nur scheint der Angetraute davon keine Ahnung zu haben. Mögen auch die Liebes-Felle davon schwimmen, Anneliese behält wie immer die Contenance. Und Mompfred, der Tausendsassa-Hausmeister mit der „Pumpenwasserzange“ als Markenzeichen, erprobt sich als Integrationslehrer und sinniert darüber, was Gewaltenteilung und Mülltrennung verbindet.

Bei den kultigen Co-Stars reiht sich als Novität eine Reinkarnation des Donnergottes ein: „Ich bin der Thor - und obendrein der Hammer.“ Der in der nordischen Mythologie gern derb dargestellte Wetterherrscher wird diesem Image auch mit blonder Zottelperücke gerecht - und dies wortreich, etwas zotig, aber mit einem Donnerhall, der ankommt. Auch wenn Bülent Ceylan vor allem unterhalten möchte, so streut er immer wieder Botschaften ein. Beispielsweise, dass man sich als „Türk“ auf die Schippe nehmen, ja als „Kanak“ bezeichnen und dennoch gegen Rassismus Front machen darf.

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Zum Ende der zweieinhalbstündigen Bühnenschau bekommt das Publikum ein kleines (alles andere als dilettantisches) Konzert geboten: Der Komiker hat auch Lust auf Singen. Aber von wegen ausschließlich wie gewohnt Heavy Metal! Die Fans kommen aus dem Staunen nicht heraus, als Bülent Ceylan mit sonorem Bariton von der „Erstarrung“ der Erde aus Schuberts „Winterreise“ singt. Beim Eurythmics-Hit „Sweet Dreams“ schmilzt das Publikum ebenfalls dahin - und dies keineswegs wegen der tropischen Temperaturen.

Einem Firmament mit tanzenden Sternchen gleicht die abgedunkelte SAP Arena beim Finale: 10 000 Menschen erheben sich von den Stühlen und schwenken zur „Freiheit“ von Marius Müller-Westernhagen Handylichter. Als der letzte Ton verklungen ist, ertönt tosender Beifall.

Freie Autorin

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