Theater

Magische Botschaft ohne Worte

Mit Gestik, Illusionen und feinem Humor erzählen Wolfram von Bodecker und Alexander Neander im Taeter Theater Heidelberg Geschichten, die Herzen berühren

Von 
Karolin Jauernig
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Ein Korb voller Wünsche: Wolfram von Bodecker und Alexander Neander bringen Magie und Poesie auf die Bühne. © Karolin Jauernig

Eine verschneite Bühne im Taeter Theater Heidelberg: Ein Pferdeschlitten gleitet sanft durch die Winterlandschaft, begleitet vom knirschenden Schritt der Briefbotin, die einen prall gefüllten Korb voller Wunschzettel trägt. Wolfram von Bodecker und Alexander Neander, einst Schüler des französischen Pantomimen Marcel Marceau, nehmen das Publikum mit auf eine Reise voller Magie, Träume und mitreißender Komik. Sie verschmelzen Gestik, optische Illusionen und Musik zu einer universellen Sprache, die ohne Worte alles erzählt.

Jeder Wunsch, den die Briefbotin (Lina Rohde) überbringt, entfaltet sich in einer eigenen Szene. Die beiden Künstler setzen die Zettel mit präziser Körpersprache um und verwandeln sie in lebendige Geschichten, die allein durch ihre Ausdruckskraft wirken. So wird der Wunsch nach einer Enzyklopädie über die Wissenschaft des Weins zu einem humorvollen Chaos: Flaschen kippen, Blicke ins Publikum flehen um Hilfe, und die Szene wird von präzisem Zusammenspiel aus Körpersprache, Licht und Sound begleitet.

Nahtlos folgt der nächste Wunsch: eine Reise mit dem Orient-Express. Das Duo verwandelt die Bühne in einen ratternden Zug, mit schnellen Bewegungen und rhythmischem Holpern, das die Zuschauer förmlich mitschaukeln lässt. Dann der Wunsch nach einem Beethoven-Konzert: Hier wird das Publikum selbst Teil der Aufführung. Der Helfer des Pianisten verliert beim Blättern der Noten den Faden, schlägt die falsche Seite auf, sorgt für sichtliche Verwirrung - und greift schließlich kurzerhand selbst in die Tasten - ein unerwarteter Moment, der das Publikum zum Lachen bringt.

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Zwischen den humorvollen Szenen finden auch nachdenkliche Momente Platz: Ein Mädchen möchte verstehen, warum ihr Großvater nie über den Krieg spricht. Dies führt in eine beklemmende Szene im Geschichtsunterricht, in der die Schwere der Erinnerungen auf die kindliche Neugier trifft. Gleich darauf kehrt Leichtigkeit zurück: Ein Junge wünscht sich Schlittschuhe für seine Großmutter, und das Publikum erlebt ein poetisches Bild. Die vermeintlich schwache Frau verwandelt sich und gleitet anmutig und voller Eleganz über das Eis.

Unter der Regie von Lionel Ménard bringen Bodecker und Neander die Wünsche mit ihrer meisterhaften Pantomimekunst zum Leben. Lina Rohde verbindet als charmante Briefbotin die Szenen und sorgt für fließende Übergänge. Schuberts „Gute Nacht“, Faurés „Pavane“ und andere musikalische Einsätze schaffen zusätzliche Stimmungen und verstärken die Magie der Inszenierung. „Auf Winterreise“ wird so zu einer fantasievollen Reise durch Wünsche, Träume und Erinnerungen, voller Poesie und Humor. Bodecker und Neander führen mit ihrer unverwechselbaren Mischung aus Pantomime und visueller Magie das Publikum in eine Welt, die ohne Worte auskommt und dennoch alles erzählt.

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