Neue Sachlickeit

Kunzendorf und Ochsenknecht begeistern für Jubiläumsschau

Zwei Mannheimer zu Gast in ihrer alten Heimat: Nina Kunzendorf und Uwe Ochsenknecht lasen im Modehaus Engelhorn eine Geschichte, die die Ausstellung "Die neue Sachlichkeit" von 1925 mit der Jubiläumsausgabe im Herbst verbindet

Von 
Ralf-Carl Langhals
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Haben beim Heimspiel gut lachen: Nina Kunzendorf und Uwe Ochsenknecht im 4. OG bei Engelhorn Mode im Quadrat. © Proßwitz

Mannheim. Mannheim. Dass sie herausragende Mimen sind, haben beide längst unter Beweis gestellt. Doch dass Nina Kunzendorf und Uwe Ochsenknecht, beide bekanntlich in Mannheim aufgewachsene Filmstars, auch das Zeug zu veritablen Charaktermodels haben, ist derzeit bei Engelhorn - Mode im Quadrat zu sehen. Auf halbtransparenten Folien zieren sie die Schaufenster, und Porträts in Form atmosphärischer Fashionshootings hängen in den edlen Verkaufsräumen. Dass sie nun auch „live und in Farbe“ in der Exquisitabteilung in Erscheinung traten, haben 220 neugierige Gäste Andreas Hilgenstock, Aufsichtsrat und Gesellschafter der Engelhorn GmbH, zu verdanken, der nun auch Künstler, Kunden sowie unter anderen Mannheims Kulturbürgermeister Thorsten Riehle begrüßt.

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Schon eine halbe Stunde vor Beginn scharten sich Besucher bei Gluthitze vor dem Seiteneingang. „Wass’n da los?“ fragt der eine den anderen von zwei vorbeigehenden Jugendlichen. „Keine Ahnung, riecht jedenfalls nach Geld“, feixt der zurück. Und in der Tat ist das Publikum, allesamt an Mode wie an Kunst Interessierte natürlich schick gekleidet, Engelhorn stand und steht eben für etwas in dieser Stadt.

Mode, Literatur, Darstellende und Bildende Kunst begegnen sich

Passend, sympathisch und emotional ist daher auch Uwe Ochsenknechts kurze Vorrede. Er begrüßt nicht nur seine Schwester Beate im Publikum, ein Urgestein der Mannheimer Gastronomie, sondern erzählt von Kindertagen auf dem Waldhof und auf der Vogelstang, als man „den Engelhorn in der Stadt“ von außen wie ein „unerreichbares Zauberreich“ bestaunte. „Es berührt mich daher besonders, dass heute hier überall Bilder von mir hängen“, gesteht er offenherzig.

Apropos Herz. Die Stimmung ist gut, es menschelt, auch zwischen Ochsenknecht und der sonst eher als kühl geltenden Nina Kunzendorf. Die beiden „Stängler“, die sich in der Jugend nie begegneten, obwohl ihre Eltern befreundet waren, lernten sich später bei einem Filmdreh kennen und hören Akzente: „Wo kummschn’ du heer?“„Monnem“ - „Isch aa!“ Man hat Spaß, „dehääm iss hald dehääm!“

Doch der Anlass dieser Begegnung zwischen Kunst und Handel ist nur zum Teil ein heimatlicher - der Rest ist epochal. Gustav Friedrich Hartlaubs 1925 eröffnete Mannheimer Kunsthallen-Ausstellung „Die neue Sachlichkeit“ prägt bis heute namentlich eine ganze Kunst-Epoche der Weimarer Republik, die mit freischwebender Intelligenz (Karl Mannheim) zwischen Art Deco, Bauhaus, Nachexpressionismus und Magischem Realismus die Melancholie der Zwischenkriegszeit einfängt. Wie ein roter Faden führt daher auch Otto Dix’ „Arbeiterjunge“ durch den Abend, dessen Traurigkeit sehr an seinen in der Kunsthalle hängenden „Streichholzhändler II“ (1927) erinnert und der - soviel Spoilern muss sein - dorthin im Herbst auch für die Jubiläumsschau zurückkehren wird.

Das Gemälde hängt nicht nur als Replik im Aufzug, erläutert vom stilvoll livrierten „Liftboy“ Gunter Möckel, sondern ist Begegnungspunkt von vier Menschen ...

Eine Liebe auf zwei Zeitebenen verbindet die Ausstellungen

Alexandra Bauer hat einen nachgerade rührenden Text auf zwei Zeitebenen geschrieben, dem das Kunststück gelingt, - wenngleich auch etwas konstruiert - die berühmte Ausstellung von 1925 und die 2024/2025 anstehende zu verbinden. Eine Liebe beginnt in den „wilden Zwanziger Jahren“ vor exakt jenem Gemälde. Anna, eine kunstinteressierte Verkäuferin mit schriftstellerischen Ambitionen, trifft auf den Maler Georg Theiß. Es zieht sie zu ihm und zur Bohème nach Berlin, doch, um es mit Bert Brecht, einem anderen Kind der Zeit, zu sagen, „die Verhältnisse, sie sind nicht so ...“

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Bauer versteht es, soziale Realitäten, künstlerisches Flair und hiesiges Lokalkolorit jener Zeit anekdotisch in einer emotionalen Paarbeziehung abzubilden, die Nina Kunzendorf und Uwe Ochsenknecht sprachlich und dialogisch auf das Schönste aufzubereiten wissen. Sie hat die schüchterne Eleganz, er die virile Verwunderung, die die Geschichte zum Spiel braucht.

Musikalisch in die „Roaring Twenties“ entführen zudem die Schatzkistl-Künstler Richard Herfeld und Peter Schnur am Klavier zeittypisch mit frech-frivolen Couplets. Das Ziel, Kunst und Mode im Quadrat zur runden Sache zu formen, um Lust auf „Die neue Sachlichkeit“ zu machen, ist erreicht.

Redaktion Seit 2006 ist er Kulturredakteur beim Mannheimer Morgen, zuständig für die Bereiche Schauspiel, Tanz und Performance.

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