Mannheim. Rock und Heavy Metal haben es live gar nicht so leicht in Mannheim und Umgebung heutzutage. Umso erstaunlicher, dass sich 2024 die harten Höhepunkte häufen: Glenn Hughes (Deep Purple, Black Sabbath, Black Country Communion) am 12. Mai im Capitol, Steel Panther am 13. Juni in der Alten Feuerwache, Iron-Maiden-Sänger Bruce Dickinson am 24. Juni beim Zeltfestival, AC/DC am 13. Juli in Hockenheim – und Judas Priest am 8. Juli in der schon weitgehend ausverkauften SAP Arena.
Erstmals Platz eins in den deutschen Charts
Die Metal-Klassiker aus Birmingham bringen zu ihrem dritten und mit Abstand größten Konzert in der Quadratestadt zum ersten Mal in der mehr als fünf Jahrzehnte dauernden Bandgeschichte ein Album mit, das auf Platz eins der deutschen Charts steht. Das vermeldete GfK Entertainment am Freitag für „Invincible Shield“ (hier unser Interview zum Album). Das ist ihnen bisher noch nicht mal in ihrer englischen Heimat gelungen, obwohl sich die 18 Vorgängerplatten weltweit mehr als 50 Millionen Mal verkauft haben.
Neues Album „Invincible Shield“ klingt exzellent
Die auf blauem Doppel-Vinyl exzellent klingenden elf neuen Songs beginnen mit einer Panikattacke. Zumindest heißt der erste Track „Panic Attac“. Damit eröffnen Judas Priest seit 11. März auch die ersten Shows ihrer „Metal Masters 2024“-Tour. Eine gute Wahl, denn er bringt alle Vorzüge der Band auf den Punkt: Unbändige Energie, aberwitziges Tempo, eine gewisse Eingängigkeit, wohl dosierte Virtuosität – und Sounds, die der Kollege aus der Hochkultur im Vorübergehen gern mit schmerzverzerrtem Gesicht als „Katze auf der Kreissäge“ klassifiziert.

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Sänger Rob Halford mit 72 Jahren in Hochform
Damit kann er den Gesang des weiter in Hochform singenden Frontmanns Rob Halford meinen, der den Erfolgsweg von Priest von 1973 bis 1992 und wieder seit 2004 entscheidend prägt. Oder die Gitarrenarbeit der Co-Songwriter Glenn Tipton (seit 1974 in der Band und innovativ als Pionier der Synthie-Gitarre) sowie Richie Faulkner (ab 2011). Bassist Ian Hill hält schon seit 1970 mit diversen Hochgeschwindigkeitsdrummern mit. 1990 übernahm Scott Travis den schweißtreibenden Job am Schlagzeug. Live wird der an Parkinson erkrankte Tipton durch Andy Sneap ersetzt, der als Produzent den hochklassigen Sound der beiden jüngsten Judas-Priest-Alben verantwortet.
Drei neue Songs im Live-Programm
Bei den bisherigen Konzerten schafften es nur zwei weitere neue Songs unter die „Greatest Hits“: zunächst das rhythmisch komplexe, fast prog-metallische „Invincible Shield“ und die episch anmutende Midtempo-Nummer „Trial By Fire“. Verdient hätten den Konzerteinsatz aber auch Riff-Hämmer wie das erfreulich schrille „The Serpent And The King“, „Devil In Disguise“ oder das rasante „As God Is My Witness“. Dagegen wirkt das annähernd balladeske „Crown Of Horns“ fast betulich, das am Freitag in Dublin seine Live-Premiere erlebt hat. Eigentlich der einzige verzichtbare neue Song – aber gegen altbewährte Genre-Hits wie „You’ve Got Another Thing Comin’“, Painkiller“ oder „Turbo Lover“ hat es selbst das beste neue Material es schwer ...

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Bandname aus einem Song Bob Dylans
Obwohl die Schwermetaller über die Jahrzehnte vor allem in den USA immer wieder Ärger mit vermeintlichen Jugendschützern bekamen, stehen weder ihre Inhalte noch der antichristlich klingende Bandname in satanischem oder sonderlich ketzerischem Kontext: Die Bluesmusiker, die ihre Gruppe schon 1969 „Judas-Priester“ genannt hatten, waren von einer Titelfigur aus Bob Dylans Song „The Ballad Of Frankie Lee And Judas Priest“ inspiriert. Die eigentliche Bandgeschichte beginnt aber mit einer fast kompletten Neuformation 1973, bei der auch der aktuelle Sänger Rob Halford einstieg. Seit dem im September 50 Jahre alten, noch im Bluesrock fundierten Debütalbum „Rocka Rolla“ ist sein bis in beachtliche Höhen kreischender Gesang ein Markenzeichen der Band.
Ab den 1978 erschienenen Alben „Stained Class“ und „Killing Machine“ (mit dem Song-Klassiker „Hell Bent For Leather“) wurden Metal-Elemente wie Double-Bassdrum und hart kreischende Gitarren prägender, Halford begann die Texte wesentlich einfacher zu halten – und Judas Priest avancierten zu Dauergästen in den englischen Charts.
„British Steel“ als Meilenstein des Heavy Metal
Der erste Millionenseller „British Steel“ gehört zu den stilprägendstden Platten des Heavy Metal überhaupt. Zentrale Songs daraus wie „Breaking The Law“. Living After Midnight oder „Metal Gods“ zählen bis heute zum unerlässlichen Live-Repertoire der „Metall-Götter“. Es folgten weitere Album-Klassiker wie 1981 „Point Of Entry“ oder „Screaming For Vengeance“ 1982).

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Stammgäste in Ludwigshafens Friedrich-Ebert-Halle
Die Konzertgeschichte der live vor allem in den USA erfolgreichen Judas Priest in der Region begann am 1. Dezember 1979 in der Ludwigshafener Ebert-Halle – im Vorprogramm der legendären „Highway To Hell“-Tour von AC/DC. Die Australier füllen 2024 fünf Tage nach dem Priest-Konzert in der SAP Arena den Hockenheimring mit mehr als 100 000 Fans. Nach einem AbstecHer in den Musensaal des Mannheimer Rosengartens am 21. April 1980 blieben Halford, Tipton und Co. bis 1998 mit sechs weiteren Shows Dauergäste in Ludwigshafen. Dazu kam 1984 ein Intermezzo in Eppelheim.
In Mannheim gaben sie sich erst 20 Jahre nach dem letzten Auftritt in der Eberthalle wieder die Ehre – mit einer extrem beeindruckenden Show am 20. Juni 2018 beim Zeltfestival, die mit 4000 Fans ausverkauft war. Am 8. Juli 2024 werden es mit großer Sicherheit mehr als 10 000 sein, denn schon jetzt gibt es für die SAP Arena nur noch eine überschaubare Zahl von Tickets in den höheren Sitzregionen.
Premiere in der SAP Arena im Vorprogramm von Ozzy Osbourne platzt
Dort hätten die Metal-Klassiker schon 2020 beziehungsweise 2022 und 2023 auftreten sollen. Als Vorgruppe ihres Idols Ozzy Osbourne. Das fiel erst wegen der Pandemie, später wegen Erkrankung des Ex-Black-Sabbath-Frontmanns aus.
Dass Judas Priest in Mannheim ihr Publikum seit 2018 verzweieinhalbfachen und die Arena auf ihrer bislang größten Deutschland-Tour als Headliner füllen hat gute Gründe: Wie viele ältere Bands wurden einige Probleme austherapiert. Gesund, klar im Kopf, so selbstbewusst wie - bestimmt und kreativ gelang 2018 mit „Firepower“ das beste Album seit Ewigkeiten. Dazu begann Rob Halford an seiner lesenswerten Autobiografie „Ich bekenne“ zu schreiben – scheinbar ein therapeutischer Prozess ähnlich wie bei Kollegen á la Rod Stewart oder Elton John.
Halford klingt und textet seitdem regelrecht befreit. Wohl auch, weil er die jahrzehntelange Heimlichtuerei um seine Homosexualität endgültig und sehr offen aufarbeiten konnte. Der Resonanz in der einst als homophob geltenden Metal-Fangemeinde tat das keinen Abbruch. Eher im Gegenteil: Judas Priest kommen auf dem Gipfel ihrer Karriere zurück nach Mannheim. Und wer weiß? Vielleicht beim nächsten Mal wie AC/DC oder Iron Maiden in der Motodrom- oder Stadion-Liga.
Judas Priest. Montag, 8. Juli, SAP Arena Mannheim. Vorprogramm: Saxon. Karten über saparena.de oder eventim.de (53,35 bis 99, 35 Euro plus Gebühren).
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