Torturmtheater

Der Wahnsinn des täglichen Lebens

„Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst“

Von 
Ursula Düring
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Nicola Trub und Boris Pietsch glänzen im Torturmtheater Sommerhausen als Louise und Tom in dem Stück „Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst“ von Nick Hornby. © Angelika Relin

Ehen sterben nie plötzlich, sie sind schon vorher eine Zeit lang krank. Solche Gedanken kommen Louise und Tom bei ihrem wöchentlichen Treffen im Pub.

Bei einem Drink sitzt das seit vielen Jahren verheiratete Paar zusammen und sinniert über seine Beziehungsprobleme und den Zustand seiner Ehe. Dabei knirscht und kracht es, bevor sie gemeinsam zur Paartherapeutin gehen.

„Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst“ heißt das pointierte Stück, das zur Zeit auf der kleinen Bühne im Sommerhäuser Torturm gezeigt wird. Dort stehen ein paar Stühle und ein Bistrotisch. Zwischen diesen Möbelstücken spielt sich der allgemeine Wahnsinn des täglichen Lebens ab.

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Autor Nick Hornby zeigt sich wieder einmal als genauer Beobachter, der in kurzweiligen Sequenzen erzählt und dabei nicht mit Humor und temporeichen Dialogen spart. 90 Minuten lang liefert er dem Zuschauer Szenen, die in ihrem Wiedererkennungswert ebenso amüsieren wie immer wieder kurzfristig zum „In-sich-gehen“ animieren. Es sind oft die kleinen Dinge, die zu einem großen Fehler führen. Bei Louise und Tom war es fehlender Sex, der sie zum Fremdgehen verführt hat. Ihr war einfach nur noch langweilig, und sie trauert der Zeit nach, in dem Streit unweigerlich in wunderbarem Versöhnungssex endete.

Während die beiden versuchen, diesen Ausrutscher zu analysieren, kommen sie vom Hundertsten ins Tausendste. In ihren fetzigen Auseinandersetzungen fliegen die Worte nur so hin und her, tauchen Fragen auf wie „Sind Neuanfänge überhaupt möglich“, deren Antworten sich oft in bissigem Sarkasmus verflüchtigen. In launiger Plauderei mündet die Frage: Gehört sich Küssen in der Öffentlichkeit, zeugt es von Leidenschaft oder ist diese ausgegangen wie Benzin?

Dass die Wortwechsel amüsieren, liegt nicht nur an den Vorgaben des Autors, sondern an den beiden Vollblut-Schauspielern. Nicola Trub gibt der Ärztin, die ihren arbeitslosen Ehemann seit einem Jahr unterstützt, Temperament, Intellekt und den ein oder anderen Anschein von Kampfgeist, Ehekrieg und einen Hauch von Spießertum. Sie provoziert, gestikuliert, kämpft mit ihren Mitteln.

Damit es auch richtig kompliziert wird, lässt Tom – Boris Pietsch in der Rolle des Musikjournalisten – ein bisschen Politik einfließen, macht trotzig seine Meinung zum Brexit klar und späht ebenso wie seine Frau nach anderen. Dabei setzt er passende Körpersprache und ausufernde Mimik ein, freut sich innerlich über die Ping-Pong-Unterhaltung mit seiner Ehefrau und die scheinbar unlösbare Situation ihrer Beziehung. Lieben sich die beiden etwa noch?

Begeisterter Zwischen- und End-Applaus aus dem voll besetzten Zuschauerraum honorierte das hervorragende und unterhaltsame Spiel.

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