FN-Interview

Dem Gefühl der Melancholie auf der Spur

Schauspieler Christian Kohlund spricht über den Auftritt am 21. Juli in Schöntal und sein Leben als Schauspieler

Von 
Linda Hener
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Christian Kohlund ist vielen als Rechtsanwalt Borchert aus dem Zürich-Krimi bekannt. Am 21. Juli kommt er nach Schöntal, um mit Gitarrist Klaus Pruenster einen Abend mit Texten und Musikstücken unter dem Titel „Lebensblues“ zu bestreiten. © DPA

Schauspieler Christian Kohlund (73), bekannt aus dem ARD „Zürich-Krimi“ und der ZDF „Schwarzwaldklinik“, kommt mit Gitarrist Klaus Pruenster am 21. Juli nach Schöntal. Die beiden Künstler widmen sich dort in Text- und Musikstücken dem „Lebensblues“. Im Interview spricht Christian Kohlund über das Gefühl der Melancholie, Gerechtigkeitssinn und seine vielseitige Schauspielkarriere.

Christian Kohlund, Blues und Melancholie stehen im Mittelpunkt Ihres Auftritts in Schöntal – weshalb?

Christian Kohlund: Das sind Themen, die mit dem Leben zu tun haben. Interessant ist auch, dass sich Melancholie plötzlich einstellen kann. In einem Moment ist man fröhlich, erhält jedoch eine Information und auf einmal ist man traurig, weiß nicht, wo man das Gefühl hinpacken soll. Man fragt sich, was passiert da? Das Programm zeigt diese Mischung aus Heiterkeit, Humor, Witz und das Kippen in absolute, nachhaltige Ernsthaftigkeit. Mit meiner bluesigen Stimme (lacht) und verschiedenen Bluesnummern versuchen wir die passende Stimmung zu vermitteln.

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Wie gehen Sie mit schlechten Nachrichten und Traurigkeit um?

Kohlund: Als Schauspieler, der neugierig ist, halte ich es für wichtig, mich dem zu widmen, was auf dieser Welt los ist. Ich stelle fest: Wir leben in Zeiten, in denen wir uns oft hilf- und ratlos fühlen. Es gibt Personen, die glauben, Situationen mit Gewalt lösen zu können, eine sehr ungute Entwicklung. Doch gehöre ich nicht zu denjenigen, die wegschauen, sondern ich thematisiere. So werde ich beim Auftritt eine Passage aus dem Buch „Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers“ von Stefan Zweig vorlesen. Er hat das Werk vor über 80 Jahren geschrieben, doch passt es, als sei es gestern formuliert worden.

Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Klaus Pruenster?

Kohlund: Klaus ist ein außerordentlicher Künstler, ein Ausnahmegitarrist und -komponist. Er hat für mich ein paar Nummern geschrieben, unter anderem für meine Inszenierung von „Im Zweifel für den Angeklagten“. Dieses Theaterstück hat mich über Jahrzehnte begleitet und tut es noch immer – wahrscheinlich gehe ich es kommendes Jahr nochmals an. Es ist die Geschichte des US-amerikanischen Strafverteidigers Clarence Darrow, der von 1857 bis 1938 lebte, und der sich unkonventionell gegen jede Form von Ungerechtigkeit eingesetzt hat – zum Beispiel für Frauen, Kinder, Gedankenfreiheit und gegen die Todesstrafe. Mich hat Curd Jürgens’ Verkörperung von Darrow in den 70er Jahren schon stark beeindruckt.

Der Einsatz für Gerechtigkeit ist ebenso das zentrale Motiv des ARD Zürich-Krimis, in dem Sie seit 2016 den Anwalt Thomas Borchert spielen. Kam die Grundidee von Ihnen?

Kohlund: Der Produzent ist ein Freund von mir, und wir wussten damals, dass wir die Möglichkeit haben, eine Krimi-Idee einzureichen. Dafür haben wir „den Borchert“ entwickelt.

Regelmäßig schalten über sechs Millionen Menschen ein, woher kommt dieser Erfolg?

Kohlund: Der Zürich-Krimi wird sehr gut angenommen. Ich bin dankbar, dass ich „auf meine alten Tage“ noch ein solches Projekt verwirklichen darf. Ein Projekt, hinter dem eine tolle Crew steht ,und wir uns freuen, sobald wir wieder gemeinsam drehen. Ich finde, wir haben etwas Besonderes geschaffen, das sich von anderen Formaten unterscheidet, was gar nicht so einfach ist bei den vielen Krimireihen im deutschen Fernsehen. Mit meiner Schauspiel-Kollegin Ina Paula Klink trete ich übrigens auch zusammen auf – ebenfalls unter dem Motto „Lebensblues“, dabei singt sie ihre eigenen Lieder.

Die Rolle des Thomas Borchert wirkt sympathisch, doch nicht fehlerfrei, oder?

Kohlund: In manchen Situationen wirkt es vielleicht schräg, und der Anwalt vertut sich auch mal. Doch ist die Figur in ihrer Darstellung authentisch, das ist entscheidend für meinen Beruf. Und wir alle stecken extrem viel Mühe in die Geschichte jeder Folge, was in der heutigen von Sensation und Schnelllebigkeit geprägten Medienwelt nicht selbstverständlich ist. Bald feiern wir mit der 20. Folge ein kleines Jubiläum und ab August drehen wir dann wieder in Zürich und Prag – auch weil Zürich für eine rund hundertköpfige Crew und ihre Unterbringung auf Dauer zu teuer ist. Für Dezember ist die Ausstrahlung eines Zürich-Zweiteilers geplant.

Sie haben in der Schwarzwaldklinik und dem Traumhotel mitgespielt - Unterhaltungsformate, . . .

Kohlund: . . . die vom Feuilleton oft zerrissen wurden. Doch das ist mir –wenn ich so sagen darf – „wurscht“. Diese Formate haben ihre Berechtigung und vielen Menschen gut gefallen, sie an Destinationen fern ihres Alltags geführt. Ich habe das Beste daraus gemacht und stehe dazu: „Do it or leave it“ war mein Credo. Daneben bin ich wahnsinnig gerne mit klassischen Stücken auf der Theaterbühne gestanden. Die Bühne war für mich stets ein Ort, an dem ich mich weiterentwickelt habe.

Für Serien und Filme sind Sie außerdem viel unterwegs gewesen – kam Ihnen das entgegen?

Kohlund: Aufgewachsen in einer Züricher Theaterfamilie kannte ich die Herausforderungen und Abgründe dieses Berufs – wie Arbeitslosigkeit. Ich wusste, worauf ich mich einließ. Meine Anfänge führten mich nach Berlin, Hamburg und Wien. Ab 1980 folgten dann die größeren TV- und Kino-Produktionen, für die ich häufig in Frankreich und Italien war und sogar mehr als ein Jahr mit meiner Familie in Australien gelebt habe. Es folgten Brasilien, Thailand, Bali, Mauritius, Kanada, Tschechien, Indien und so weiter. Ich sehe das Reisen als Geschenk, auch, weil ich diese Erfahrungen meistens mit meiner Familie teilen konnte. Dabei habe ich besondere und für mich bedeutsame Persönlichkeiten kennengelernt.

Apropos Begegnungen, mit Ruth Maria Kubitschek hat Sie „Das Traumhotel“ verbunden, . . .

Kohlund: . . . die Kubi war die Kubi. Wir hatten ein sehr gutes Verhältnis. Ich habe sie dafür bewundert, dass sie bei sich selbst war, ihren Weg gefunden hatte.

Und neben dem Zürich-Krimi - welche Projekte stehen bei Ihnen an?

Kohlund: Ich arbeite derzeit meine Vergangenheit auf, schaue mir alte Aufnahmen an und blicke ins Archiv. Vor allem aber versuche ich, gesund zu bleiben.

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