Bei der Bundestagswahl dürfen nur Erwachsene abstimmen. Aber auch die Jüngeren können die Welt mitgestalten: Sei es zuhause, in der Schule oder in der Stadt. Dazu muss man vor allem verhandeln können, meint Kinderbuchautorin Sarah Welk.
Hallo Sarah, manchmal rennt man bei Erwachsenen ja richtig gegen Mauern ... Wie können Kinder ihre Eltern zum Beispiel überzeugen, dass sie abends später ins Bett gehen dürfen?
Sarah: Mein Tipp ist, mit den Eltern einen Gesprächstermin auszumachen. Man kann sagen: „Ich würde gerne was Wichtiges mit euch besprechen.“ Dann sind die Eltern neugierig und nehmen sich Zeit. Auf das Gespräch muss man sich dann gut vorbereiten.
Der Regierungssprecher Steffen Seibert hat dir verraten, wie Angela Merkel so etwas macht…
Sarah: Die Bundeskanzlerin versetzt sich vor einer Verhandlung gedanklich in die Gegenseite. Kinder können das auch. Sie ahnen vielleicht, dass die Eltern sagen werden: „Du stehst vor der Schule morgens aber nie rechtzeitig auf!“ Darauf kann man sich im Vorfeld schon eine Antwort überlegen.
Puh! Was sagt man darauf?
Sarah: „Wir können eine Testwoche vereinbaren, in der ich beweise, dass es klappt!“ Oder man bietet an, jeden Abend ohne Murren ins Bett zu gehen, wenn man am Samstag lange aufbleiben darf. Dann übt man das Gespräch, zum Beispiel mit Geschwistern oder den Großeltern.
Verhandeln deine eigenen Kinder auch mit dir?
Sarah: Ja, die können das richtig gut. Als letztes haben sie eine Taschengelderhöhung durchgesetzt, die wir als Eltern eigentlich gar nicht wollten. Sie haben aber genau erklärt, wofür sie das Geld brauchen. Wenn Kinder sich zusammentun und sich gegenseitig helfen, ist es für Erwachsene viel, viel schwerer, nein zu sagen.
Können Kinder auch in der Schule etwas verändern? Auch etwas, von dem die Großen sagen: „Das war schon immer so“?
Sarah: Ja. In einer kleinen Stadt in Norddeutschland haben Kinder zum Beispiel durchgesetzt, dass sie die Bäume auf dem Pausenhof auch zum Klettern benutzen dürfen. Bis dahin war das in ihrer Schule verboten.
Wie haben sie das geschafft?
Sarah: Sie haben in allen Klassen Unterschriften gesammelt und der Direktorin einen Brief geschrieben. Erwachsene nehmen Briefe sehr ernst. Dann haben die Kinder, die Rektorin und die Hausmeisterin sich auf dem Schulhof verabredet und geprüft, welche Bäume sich fürs Klettern eignen. Sie haben auch Kompromisse geschlossen, etwa dass niemand klettert, wenn es regnet. Denn dann sind die Äste glitschig und man könnte abrutschen.
Und außerhalb der Schule? Können Kinder selbst dafür sorgen, dass ein neuer Spielplatz in ihr Viertel kommt?
Sarah: Dafür muss man hauptsächlich diejenigen überzeugen, die die Entscheidungen treffen: Politikerinnen und Politiker. Keine Sorge, das sind in Wahrheit ganz nette Menschen. Kinder können ihren Wunsch zum Beispiel bei einer Bürgermeistersprechstunde erklären.
Und das reicht schon?
Sarah: Man darf nicht locker lassen, wenn nichts passiert. Vielleicht muss man ein zweites oder drittes Mal nachhaken. Ein Bürgermeister sagte mal zu mir: „Erwachsene sehen oft nur Probleme. Wenn Kinder aber fragen, warum etwas nicht geht, merken wir oft, dass es gar keine richtigen Argumente dagegen gibt.“
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/kindernachrichten_artikel,-kindernachrichten-so-veraenderst-du-die-welt-_arid,1855822.html