Hardheim/Höpfingen. Für die Mitglieder der Bürgerinitiative für Gesundheit und Naturschutz (BGN) Hardheim gab es nie einen Zweifel daran, dass der Bau von Windkraftanlagen im Bereich Kornberg/Dreimärker einen Wertverlust für ihre Immobilien bedeuten würde. Dass diese Sorge nicht unbegründet ist, zeigt eine aktuelle Studie des RWI Leibnitz-Instituts für Wirtschaftsforschung in Essen:
Wird in einem ländlichen Gebiet ein Windrad errichtet, verlieren Einfamilienhäuser, die sich in einem Radius von 1000 Metern befinden, im Durchschnitt 7,1 Prozent an Wert. Bei älteren Häusern kann die Wertminderung bis zu 23 Prozent betragen. Mit zunehmendem Abstand von der Windkraftanlage verringert sich der Effekt. Bei einem Abstand von acht bis neun Kilometern haben Windkraftanlagen keine Auswirkungen mehr auf die Immobilienpreise.
2,7 Millionen Angebote untersucht
Die Wissenschaftler haben für ihre Studie „Local Cost for Global Benefit: The Case of Wind Turbines“ rund 2,7 Millionen Angebote des Internetportals ImmobilienScout24 aus den Jahren 2007 bis 2015 ausgewertet und mit den Standortdaten von 27 000 Windkraftanlagen abgeglichen. Die Auswirkungen auf Immobilienpreise wurden dabei mittels eines hedonischen Preismodells geschätzt, das neben vielen Eigenschaften der Häuser und der sozioökonomischen Umgebung die exakte Distanz zwischen den Windkraftanlagen und den betrachteten Einfamilienhäusern berücksichtigt.
Den Wertverlust der Immobilien führen die Forscher auf die negativen Auswirkungen von Windrädern auf ihre unmittelbare Umgebung zurück – etwa durch Lärm und die Störung des Landschaftsbildes. Wie die RWI-Studie außerdem zeigt, verlieren Häuser in Stadtrandlage bei gleicher Entfernung zu einer Windkraftanlage kaum an Wert. Dies könnte nach Ansicht der Wissenschaftler daran liegen, dass in städtischen Gebieten Störungen des Landschaftsbildes oder Lärm weniger auffallen als auf dem Land.
„Auch wenn Windkraft eine wichtige Rolle für den Erfolg der Energiewende spielt, können die Auswirkungen für Immobilienbesitzer im Einzelfall gravierend sein“, sagt Professor Manuel Frondel, Leiter des Kompetenzbereichs „Umwelt und Ressourcen“ am RWI. „Die Installation einer Windkraftanlage kann für Hausbesitzer einen Vermögensverlust von mehreren zehntausend Euro bedeuten.“
Ihm und seinen an der Studie beteiligten Kollegen ist es erstmals gelungen, einen Zusammenhang zwischen dem Bau von Windrädern und dem Wertverlust von Immobilien nachzuweisen. Trotz der stetig wachsenden Zahl an Windkraftanlagen in den vergangenen Jahren galt eine solche Schlussfolgerung mangels empirischer Daten bislang als nicht seriös. Die von Eigenheimbesitzern meist subjektiv empfundenen Preisrückgänge ließen sich durch Markanalysen nicht bestätigen.
Der Bundesverband Windenergie (BWE) beharrt deshalb auf seinem Standpunkt, dass sich Windkraftanlagen nicht negativ auf Immobilienpreise auswirken. Für die Preisbildung seien vielmehr Faktoren wie die demografische Entwicklung und die wirtschaftliche Attraktivität einer Region verantwortlich.
Für die Verantwortlichen der BGN dürften die Ergebnisse der Studie dagegen keine Überraschung sein. Seit Beginn des Planungsverfahrens zum Bau von bis zu sechs Windkraftanlagen im Gebiet Kornberg/Dreimärker haben sie immer wieder vor einer Gefährdung der „existenziellen Absicherung der anliegenden Bewohner insbesondere von Bretzingen und Waldstetten“ aufgrund sinkender Immobilienwerte gewarnt. Für sie steht fest: Sollten die Windräder wie geplant gebaut werden, käme das einer Enteignung zugunsten der Investoren gleich. Sämtliche durch die Errichtung und den Betrieb der Windräder entstandenen Schäden müssten dann ihrer Ansicht nach ausgeglichen werden.
In einer Ausarbeitung vom März 2016 kommen jedoch die Mitarbeiter des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zu dem Ergebnis, dass der Bau von Windkraftanlagen in der Nähe von Wohnbebauung keinen enteignungsgleichen Eingriff darstellt oder anderweitige Entschädigungsansprüche auslöst. Zum einen werde nicht unmittelbar in das Eigentum von Immobilienbesitzern eingegriffen. Zum anderen stehe Betroffenen der Rechtsweg offen. Hebe ein Gericht die Baugenehmigung für das Windrad auf, entfielen auch eventuelle Beeinträchtigungen.
Viele deutsche Eigenheimbesitzer fordern deshalb eine Lösung des Problems wie in Dänemark. Dort ist seit 2009 der Ausgleich von Wertverlusten gesetzlich vorgesehen, um die Akzeptanz für den Bau von Windkraftanlagen in der Bevölkerung zu stärken.
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