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Trumps Zölle lösen „mittelgroßes Erdbeben“ an den Aktienmärkten

Der Dax stürzt nach Trumps Zollankündigungen unter 22.000 Punkte und sorgt für Nervosität an den internationalen Börsen.

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Sabine Rößing
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Hinter einem Fernsehmonitor, auf dem US-Präsident Donald Trump zu sehen ist, zeigt die Anzeigetafel mit der Dax-Kurve fallende Kurse. © Arne Dedert/dpa

Frankfurt. In Reaktion auf die jüngsten Zollankündigungen aus den USA eröffnete der deutsche Leitindex Dax am Donnerstag tiefrot. Er verlor zeitweise mehr als 500 Punkte, oder mehr als 2,4 Prozent. Damit unterschritt er die wichtige Marke von 22.000 Punkten. Am Mittag hatte sich der erste Schock gelegt und das deutsche Börsenbarometer stabilisierte sich etwas. Noch Mitte März hatte der Dax allerdings mit über 23.400 Zählern einen Höchststand erreicht.

„Die von US-Präsident Donald Trump angekündigten Zölle liegen deutlich über den erwarteten Niveaus“, erklärt Michael Holstein, Chefvolkswirt der DZ Bank die heftige Reaktion an den Märkten. „Insbesondere die für den 9. April in Aussicht gestellten breiten Vergeltungszölle gehen über die Erwartungen der Marktteilnehmer hinaus“, bestätigt Joachim Schallmayer, Leiter Kapitalmärkte & Strategie DekaBank. „Wenn sie in dieser Höhe tatsächlich dauerhaft umgesetzt würden, wären sie ein mittelgroßes Erdbeben“, warnt er. Seiner Prognose nach dürften die Märkte auch in den kommenden Tagen nur schwer zur Ruhe kommen.

„Wirtschaft und Finanzmärkte müssen sich darauf einstellen, dass Zölle ein dauerhaftes Instrument der US-Wirtschaftspolitik sein werden“, schreibt der Chefvolkswirt der DekaBank, Ulrich Kater.

Schaden vor allem am US-Aktienmarkt sichtbar

Auch die internationalen Börsen reagierten extrem nervös. Der japanische Nikkei rutschte vorübergehend um mehr als vier Prozent ab. Sichtbar werden dürfte der Schaden nach Überzeugung vieler Analysten vor allem am US-Aktienmarkt. Direkt im Anschluss an Trumps Ankündigungen gaben die außerbörslich gehandelten US-Futures, die einen Ausblick auf den kommenden Handelstag geben, deutlich nach.

Kurzfristig würden sich die europäischen Aktienmärkte von den Ausschlägen in den USA nicht ganz abkoppeln können, erwarten Beobachter. Dennoch dürften sie sich im direkten Vergleich besser entwickeln.

„Die binnenwirtschaftlichen Maßnahmen zur Stärkung der Konjunktur, etwa in Deutschland, stehen gegen die dämpfenden Effekte der Zollankündigungen aus den USA“, erwartet Schallmayer. Die aktuelle Nachrichtenlage, glaubt er, werde internationale Kapitalflüsse weiter in Richtung Europa lenken und die aktuelle Kurskorrektur begrenzen.

Mittelfristig steigendes Interesse an europäischen Märkten?

Dieser Auffassung ist auch der Chef der deutschen Förderbank KfW, Stefan Wintels. Er sagte am Donnerstag, er rechne mittelfristig sogar mit einem steigenden Interesse an europäischen Märkten. Internationale Kapitalanleger würden womöglich dem zunehmend volatilen Geschehen an den US-Märkten nach Europa ausweichen wollen. Das weltwirtschaftliche Wachstum, welches der Treibstoff für steigende Börsenkurse ist, werde weitergehen, prognostiziert Ulrich Kater. „Wirklich problematisch für Konjunktur und Finanzmärkte wäre ein Handelskrieg, bei dem sich die Protektionsmaßnahmen auch auf Felder außerhalb der Industrie ausdehnen würden, also auf Dienstleistungen, Kapitalverkehr, Daten oder Standards.“

Viele Börsianer richten ihre Hoffnungen auf die nun anschließende Verhandlungsphase, von der abhängen wird, ob die Zölle überhaupt in der angekündigten Höhe in Kraft treten werden. „Wir erleben einen Umbau der Weltwirtschaft, keinen Abbau“, betont Kater: „Große Wirtschaftsblöcke werden die internen Handels- und Produktionsprozesse intensivieren und untereinander bilaterale Handelsabkommen abschließen“.

Treten die Zölle so überhaupt in Kraft? Container im Hafen von Los Angeles. © Damian Dovarganes/AP/dpa

Allerdings geht in Frankfurt auch die Sorge um, ein Handelskrieg zwischen Europa und den USA könne die Inflation neu anheizen. Sollte die EU Gegenmaßnahmen beschließen, könnte das die Preise im Euroraum im Jahresverlauf nach oben treiben. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel warnte vor steigenden Preisen und zunehmender Verunsicherung in der Wirtschaft.

Von letzterer profitieren dagegen Staatsanleihen. Nervosität über die weitere wirtschaftliche Entwicklung verstärkt in der Regel die Nachfrage nach sicheren Anlagen. Die Kurse der zehnjährigen Bundesanleihen stiegen am Donnerstag, im Gegenzug fiel die Rendite bis auf 2,625 Prozent. Das ist der tiefste Stand seit Anfang März. Außerdem flüchten die Anleger aktuell in Gold. Der Preis kletterte auf über 3150 Dollar je Feinunze. Auch der Dollar gab nach. Der Euro gewann gegenüber der US-Währung. Aktuell kostet ein Euro knapp 1,10 US-Dollar.

Frisch gegossene Goldbarren: Bei den Anlegern ist das Edelmetall derzeit erste Wahl. © Uli Deck/dpa

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