Steuerhinterziehung

So schnell werden auch kleine Steuersünden gefährlich

Wer keine Steuererklärung abgibt, Dinge unterschlägt oder falsch angibt, dem drohen Nachzahlungen oder sogar empfindliche Strafen. Das müssen Steuerzahler wissen

Von 
Dieter Keller
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Es muss nicht gleich die Steuerfahndung anrücken, doch schon wer leichtfertig Steuern hinterzieht, begeht eine Ordnungswidrigkeit. © Christoph Schmidt/dpa/dpa-tmn

Ein gutes Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen - wenn dieses Sprichwort stimmt, müsste mancher schlecht schlafen, weil er gegenüber dem Finanzamt geschummelt oder getrickst hat. Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat, für die in besonders schweren Fällen bis zu zehn Jahre Gefängnis drohen. Wem das schlaflose Nächte bereitet, der sollte nicht nur bei der laufenden Steuererklärung ehrlich sein, sondern auch für vergangene Jahre eine Selbstanzeige machen. Das ist leichter gesagt als getan. Hier ein Überblick über die vielen Facetten - ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

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Steuererklärung

Vielen ist gar nicht bewusst, dass sie eine Steuererklärung abgeben müssen. Etwa Rentner, wenn der zu versteuernde Teil ihrer Rente höher ist als das steuerliche Existenzminimum. In der Pflicht sind beispielsweise auch Ehepaare mit der Steuerklassen-Kombination III/V, weil sie häufig zu wenig Steuern zahlen.

Nebeneinkünfte

Egal ob Honorare für Zeitschriftenartikel, Vorträge oder Auftritte mit einer Musikband - solche Einnahmen sind steuerpflichtig und müssen in der Steuererklärung angegeben wer-den. Es gibt nur einen Freibetrag von 410 Euro im Jahr. Das gilt auch für Honorare von gemeinnützigen Vereinen. Ausnahmen: Für Übungsleiter gibt es eine Pauschale von 3000 Euro, für ehrenamtliche Mandatsträger wie Vorstand oder Kassierer einen Freibetrag von 840 Euro im Jahr. Einnahmen kommen beispielsweise heraus, wenn Finanzbeamte bei Betriebsprüfungen Kontrollmitteilungen innerhalb der Finanzverwaltung machen. Arbeit bei einer Firma ohne Lohnsteuerkarte ist Schwarzarbeit - es sei denn, es handelt sich um einen Minijob mit maximal 538 Euro pro Monat, für den der Arbeitgeber pauschal Steuern und Sozialabgaben zahlt.

Falsche Angaben

Einen viel zu langen Arbeitsweg in der Steuererklärung angegeben, private Handwerkerrechnungen bei einer vermieteten Wohnung angesetzt oder Restaurantbesuche mit der Familie als Geschäftsessen - alles Steuerhinterziehung. Der Klassiker ist auch die Putzkraft, die nur schwarzarbeiten will. Legal ist das am einfachsten mit einem Minijob möglich.

Airbnb & Co.

Wer seine Wohnung tage- oder wochenweise über Onlineportale vermietet, muss die Einnahmen in der Steuererklärung angeben, wenn sie über der Freigrenze von 520 Euro im Jahr liegen. Die Internetplattformen müssen seit 2023 den Finanzämtern melden, wenn es mehr als 30 Vermietungen und mindestens 2000 Euro Einnahmen im Jahr gab. Diese Grenzen gelten auch für private Verkäufe bei Ebay, Amazon & Co., warnt die Vereinigte Lohnsteuerhilfe.

Freistellungsauftrag

Wer Zinsen oder Dividenden aus dem Inland bezieht, dem werden gleich 25 Prozent Abgeltungssteuer plus Soli und eventuell Kirchensteuer abgezogen. Jeder hat den Sparerfreibetrag von 1000 Euro im Jahr, Ehepaare das Doppelte - allerdings nur einmal. Wer Anlagen bei mehreren Banken hat, darf den Freibetrag nicht mehrfach in Anspruch nehmen, sondern nur verteilen. Missetaten kommen leicht heraus: Kreditinstitute und Bausparkassen müssen das Bundeszentralamt für Steuern über alle Freistellungsaufträge informieren. Nur wer eine Selbstanzeige stellt, bevor sich das Finanzamt meldet, bleibt straffrei.

Bitcoin & Co.

Wer Gewinne mit Kryptowährungen macht, muss sie versteuern, wenn die Anlagen innerhalb eines Jahres nach dem Erwerb verkauft oder getauscht werden, verweist Jana Bauer vom Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2022. Realisierte Verluste können damit verrechnet werden. „Einkommensteuer fällt jedoch erst an, wenn alle Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften innerhalb der Jahresfrist die Freigrenze von 600 Euro übersteigen“, so Bauer. Vorsicht: Wer auch nur einen Euro darüber liegt, muss den gesamten Gewinn versteuern.

Kapitalanlagen im Ausland

Wer Geld im Ausland angelegt hat, aber in Deutschland voll steuerpflichtig ist, muss Zinsen und Dividenden im Inland versteuern. Dazu müssen sie von sich aus in der Steuererklärung angegeben werden. Wer dies nicht tut, fliegt leicht auf: Schon seit einigen Jahren tauschen zahlreiche Staaten die Daten über Konten und Finanztransaktionen aus. Für 2023 geschieht dies jetzt Ende September. Die neueste Liste umfasst 111 Länder von Ex-Steuerparadiesen wie die Schweiz oder Luxemburg bis zu exotischen Staaten wie den Bahamas oder den Kaimaninseln. Wer Einnahmen nicht angegeben hat, kann nur durch eine rechtzeitige Selbstanzeige eine Strafe verhindern.

Selbstanzeige

Wer absichtlich oder unabsichtlich falsche Angaben gemacht oder gar keine Steuererklärung abgegeben hat, sollte dies schriftlich in einem Brief ans Finanzamt berichtigen. Das geht auch rückwirkend. Allerdings rät die Stiftung Warentest davon ab, darin das Wort „Selbstanzeige“ zu benutzen. Denn das würde auf eine vorsätzlich begangene Steuerhinterziehung hindeuten. Kompliziert ist die Sache auch, weil Fehltritte mindestens für die letzten zehn Jahre aufgezählt werden müssen, und zwar mit exakten Zahlen. Wird nicht alles offengelegt, wird die ganze Selbstanzeige unwirksam, warnt „Finanztest“.

Strafen

Wer rechtzeitig aktiv wird, kann um eine Strafe herumkommen. Die zu wenig gezahlten Steuern müssen rasch nachgezahlt werden, möglicherweise mit Zinsen. Doch Vorsicht, warnt „Finanztest“: Das gilt nur, wenn das Finanzamt noch ahnungslos war. Hat es schon mit Ermittlungen begonnen oder gar eine Betriebsprüfung angemeldet, ist es zu spät. Wer Steuern leichtfertig hinterzieht, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Sie wird weniger hart bestraft als eine vorsätzliche Steuerhinterziehung, die ein Strafdelikt ist.

Was vorliegt, hängt vom Einzelfall ab. Geht es nur um kleinere Beträge, wird das Strafverfahren häufig eingestellt, oft gegen Auflagen. Ab 50 000 Euro hinterzogenen Steuern droht eine Geldstrafe, bei höheren Beträgen auch eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren. Ab einer Million Euro ist eine Bewährungsstrafe ausgeschlossen, hat der Bundesgerichtshof entschieden. Bei einer Selbstanzeige ist das Risiko groß, folgenschwere Fehler zu machen. Daher empfiehlt es sich, einen fachkundigen Steuerberater oder Steuerfachanwalt einzuschalten.

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