Geldwesen

Raisin aus Berlin: Warum Fintechs die Finanzbranche aufrollen

Das Berliner Fintech Raisin ist vor allem durch die Geldanlagevermittlung „Weltsparen“ bekannt. Jetzt verabschiedet sich das Unternehmen vom deutschen Markennamen.

Von 
Sabine Rößing
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Mit dem Berliner Unternehmen Raisin können Privatanleger Tages- und Festgeldangebote von Banken vergleichen. Außerdem können sie Geld im Ausland anlegen. Bild: Timon Schneider/SOPA Images/Sipa USA © picture alliance / Sipa USA

Berlin. Die Berliner Finanzplattform Raisin – den Deutschen vor allem bekannt durch die Geldanlagevermittlung „Weltsparen“ – will im Ausland präsenter werden. Für den international einheitlichen Marktauftritt gibt das Berliner Fintech den deutschen Markennamen auf: „Wir sind inzwischen in zehn Ländern aktiv, darunter im Vereinigten Königreich und den USA“, erklärt Raisin-Mitgründer und -Vorstandschef Tamaz Georgadze: „Wir wollen global den gleichen Wiedererkennungswert haben“. Mehr als die Hälfte des Neugeschäfts stamme heute bereits aus dem Ausland.

Raisin wurde 2012 gegründet und startete 2014 die Plattform „Weltsparen.de“. Über sie können Privatanleger Tages- und Festgeldangebote von Banken vergleichen und Geld auch im Ausland anlegen, wo oft höhere Zinsen möglich sind. Das Unternehmen beschäftigt nach eigenen Angaben mehr als 700 Mitarbeiter und verwaltet über 75 Mrd. Euro von mehr als einer Million aktiven Nutzern. Mehr als 300 einlagenaufnehmende Banken seien auf der Plattform angeschlossen.

Digitalisierung verändert den Finanzsektor grundlegend

Die BaFin prüft derzeit, ob Raisin als Finanzholding eingestuft werden sollte. Damit verbunden wären strengere regulatorische Anforderungen, darunter höhere Eigenkapitalvorgaben. Der Wettbewerb um Spareinlagen gilt vor allem auf dem deutschen Heimatmarkt als besonders intensiv. Banken, die in Europa expandieren wollen, kommen am großen deutschen Markt kaum vorbei. Das verschärft den Konkurrenzdruck und ruft neben den kostengünstig agierenden Direktbanken auch Online-Broker auf den Plan, die sich vor allem um junge und technikaffine Kunden bemühen.

Der prominente Berliner Neobroker Trade Republik hat nach eigenen Angaben inzwischen mehr als acht Millionen Kunden und verwaltet ein Vermögen von mehr als 100 Mrd. Euro. Der Marktanteil von Neo- und Direktbanken in Deutschland wächst laut Branchenerhebungen stetig, allerdings offenbar langsamer als in anderen Ländern.

Der Deutsche Markt für Spareinlagen

  • Der deutsche Markt für Spar- und Termineinlagen von Privatkunden ist gewaltig.
  • Nach Angaben von Statista betrug die Höhe der Spareinlagen in Deutschland zum Ende des Jahres 2023 rund 410,3 Milliarden Euro.
  • Laut Deutscher Bundesbank lagen die gesamten Einlagen von inländischen Unternehmen und Privatpersonen in Deutschland Ende 2024 bei etwa 4 Billionen Euro.

Insgesamt beginnt die Digitalisierung den Finanzsektor grundlegend zu verändern und damit auch die Art und Weise, wie Menschen und Unternehmen ihre Finanzgeschäfte abwickeln. Durch innovative digitale Lösungen werden traditionelle Geschäftsmodelle aufgebrochen und dabei neue Möglichkeiten für Unternehmen und Privatkunden geschaffen.

Eine Analyse des IT-Branchenverbands Bitcom aus dem vergangenen Jahr zählt fünf der zwölf am höchsten bewerteten Finanzdienstleister in Deutschland in diese Kategorie. Dazu zähle beispielsweise die deutsche Neobank N26 mit Sitz in Berlin, die sich auf die Kontoführung per Smartphone spezialisiert hat, der Online-Broker Flatex oder das Berliner Softwareunternehmen Mambu, das technologische Infrastruktur für Banken und Finanzdienstleister entwickelt. Viele dieser Unternehmen habe es vor 20 Jahren noch nicht gegeben, betonen die Studienautoren. Rund 700 FinTechs gibt es laut Studie in Deutschland. Viele kämpfen aber wegen des hohen Investitionsaufwands mit einer geringen Profitabilität.

Das Berliner Fintech Raisin profitiert von der Zinswende und erweitert das Angebot

Für Raisin stand im Jahr 2023 erstmals ein Gewinn zu Buche. Das Unternehmen sprach von einem Meilenstein. Eine Prognose für das laufende Jahr will Georgadze nicht abgeben. Raisin-Kunden seien im Schnitt älter als 50 Jahre und eher an konservativen Geldanlageangeboten interessiert, erklärt er: „Generell sind Anlegerinnen und Anleger vor allem auf unserer Plattform, um attraktive Zinsangebote zu nutzen“, sagt Georgadze. „Dabei optimieren die meisten aber nicht ständig nach dem besten Zins, sondern wollen eine einfache, komfortable Lösung, um Zinsen auf ihr Geld zu erhalten“. Wichtig sei vielen außerdem die Einlagensicherung. Die aktuelle geopolitische Unsicherheit verstärke die Suche nach sichereren Produkten.

Tamaz Georgadze ist Mitgründer und Vorstandschef der Berliner Finanzplattform Raisin. © Lukas von Loeper

Besonders profitiert hatte das deutsche Fintech von der Zinswende, die eine bald zehn Jahre währende Phase mit Null- und Niedrigzinsen beendete, die Sparen wenig attraktiv gemacht hatte. Inzwischen hat die Europäische Zentralbank (EZB) den relevanten Zinssatz aber wieder bereits acht Mal in Folge gesenkt, mit entsprechenden Folgen für die Verzinsung klassischer Spar-Anlagen wie Tagesgeld oder Festgeld. Dennoch blieben Sparprodukte attraktiv, erwartet Georgadze: „Es ist nicht davon auszugehen, dass wir bald wieder eine Zeit ohne Zinsen erleben werden“, sagt er.

Neben Sparanlagen biete Raisin seit einiger Zeit auch den Zugang zum Kapitalmarkt an, etwa über ETF-Fondssparpläne und breit gestreute Portfolios, nicht aber in Einzelaktien. Im Vordergrund stehe der langfristige Vermögensaufbau: „Studien zeigen, dass viele eher Geld verlieren, wenn sie mit Einzeltiteln handeln“, sagt Georgadze. Der größte Wettbewerber sei hingegen das Girokonto: „In Deutschland liegen mehr als 1,7 Billionen Euro auf schlecht verzinsten Konten“.

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