Berlin. Schnelle Ratenkredite auch für wenig teure Produkte belasten die Bundesbürger zunehmend. Die Auskunftei Schufa und die Verbraucherzentralen warnen. Die EU hat die Regeln bereits verschärft.
Was ist Buy now pay later?
Wer online einkauft, kann oft per Lastschrift, Kreditkarte oder Sofortüberweisung bezahlen. Manche Händler bieten Kunden auch an, einen Dienstleister wie Ratepay, Paypal oder Klarna zu nutzen. Diese wickeln dann die Zahlung ab. Sie bieten einerseits Kauf auf Rechnung an, die dann zum Beispiel nach 30 Tagen beglichen wird. Andererseits können Kunden auch bei kleinen Beträgen nicht alles sofort auf einmal, sondern später in einzelnen Raten zahlen. Für das Verfahren hat sich der Name Buy now pay later (BNPL) durchgesetzt, jetzt kaufen, später bezahlen. Auch wenn es nicht so aussieht: Der Käufer schließt bei Ratenzahlung einen Darlehensvertrag mit dem Zahlungsdienstleister ab. Für den Vertrag können Gebühren fällig werden. BNPL unterscheidet sich vom klassischen Ratenkredit vor allem durch die Höhe des gewährten Kredits – meist weit unter 1.000 Euro.
Warum ist BNPL so beliebt?
Ein Vorteil des Zahlungsverfahrens: Auch wenn man gerade nicht genug Geld hat, kann man sich sofort etwas leisten, zum Beispiel gegen Monatsende, wenn der Arbeitgeber noch keinen neuen Lohn überwiesen hat. Bezahlt wird die Ware dann, wenn wieder Geld da ist und vor allem in kleinen Schritten, was nicht zu sehr belastet. BNPL ist in der Regel unkompliziert, lässt sich mit wenigen Klicks nutzen. Ob jemand kreditwürdig ist, muss nicht geprüft werden.
Warum nutzen vor allem Jugendliche die Bezahlmöglichkeit?
Jugendliche sind deutlich mehr im Internet unterwegs als Erwachsene. Und sie kaufen auch sehr viel online ein. Gleichzeitig verfügen sie selten über sehr viel Geld. Etwas jetzt zu bekommen und dann über bis zu 48 Monate in kleinen Beträgen abzustottern, ist da besonders attraktiv. 44 Prozent der 16- bis 25-Jährigen haben BNPL nach einer Umfrage der Auskunftei Schufa bereits genutzt, vor allem junge Frauen und Mädchen.
Warum sind Kleinkredite und BNPL ein Verschuldungsrisiko?
„Ganz grundsätzlich ist jeder Kredit eine finanzielle Belastung“, heißt es bei der Schufa. Viele Kredite erhöhten das Überschuldungsrisiko. Die einzelnen Beträge mögen klein sein, aber in der Menge können sie schon zum Problem werden. Einmal zehn Euro im Monat mag machbar sein, 100 Euro aus zehn Verträgen kann schwierig werden. „Mit BNPL-Angeboten verbunden ist das Risiko, sich mehr zu kaufen, als man sich leisten kann“, schreiben die Experten der Schufa. Auch drohe der Überblick über die finanziellen Verpflichtungen verloren zu gehen. Aus den Daten der Auskunftei geht hervor, dass mehr als jeder dritte BNPL-Nutzer schon mal eine Bezahlfrist verpasst hat, bei jüngeren ist es die Hälfte. „Viele haben leider nicht verstanden, dass das ein Kredit ist“, sagte Ramona Pop, Chefin der Verbraucherzentrale Bundesverband dem „Tagesspiegel“. „Wenn sie nicht rechtzeitig zahlen, bekommen sie einen negativen Schufa-Eintrag. Wir kennen Fälle, in denen Jugendliche auf diesem Weg bis zu 1.500 Euro Schulden aufgehäuft haben.“
Worauf sollte man achten?
Wer über BNPL nachdenkt, sollte sich vorher einen Überblick über seine festen monatlichen Einnahmen und Ausgaben verschaffen. Dann wird in der Regel sichtbar, wie viel Geld für weitere regelmäßige Ausgaben, etwa für einen Kredit verfügbar ist. Besser, als schnell auf Raten zu kaufen, ist regelmäßig Geld beiseitezulegen und später zu kaufen, dann aber alles auf einmal zu bezahlen.
Was ändert die EU?
Die EU hat bereits im Oktober 2023 die Verbraucherkreditrichtlinie geändert. Sie regelt zum Beispiel, ab welcher Kredithöhe genau geprüft werden muss, ob ein Kunde kreditwürdig ist. Das gilt jetzt, anders als zuvor, auch für Kleinkredite (unter 200 Euro) und beim Kauf auf Rechnung, wenn ein Dienstleister eingebunden ist, der die Zahlung abwickelt. Das betrifft BNPL. Auch für solche Verträge muss künftig geprüft werden, ob Käufer oder Käuferin zahlungsfähig ist. Eine Möglichkeit dafür wäre eine Abfrage bei einer Auskunftei wie der Schufa. Das ist mit Aufwand und Kosten verbunden, schützt aber die Kundinnen und Kunden vor Überschuldung. Denn wer schon jetzt nicht zahlen kann, sollte keinen weiteren Kredit bekommen.
Wann gilt das neue Recht?
Noch gilt die geänderte Verbraucherkreditrichtlinie nicht in Deutschland. Ein Gesetzentwurf liegt aber vor. Deutschland muss die Richtlinie bis spätestens November 2026 umsetzen.
Muss der Staat das alles regeln?
Viele Menschen erkennen nicht, dass sie mit BNPL einen Kreditvertrag unterschreiben. Einer der Gründe könnte sein, dass die Deutschen wenig über Finanzen wissen. Seit Jahren fordern deshalb Experten, Finanzbildung in die Unterrichtspläne der Schulen aufzunehmen. Auch die 16- bis 25-Jährigen selbst sehen das so: 93 Prozent wünschen sich, dass alles rund um Geld und Finanzen in der Schule ausführlich vermittelt wird, wie der Jugend-Finanzmonitor der Schufa ergab. Bisher hatte weniger als jeder Dritte (29 Prozent) entsprechenden Unterricht. Die jungen Menschen misstrauen Tipps bei Tiktok oder Youtube, informieren sich vor allem bei ihren Eltern. Auch das kann Tücken haben. In einer Umfrage des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands bewerten Lehrer die Vermittlung von Finanzwissen durch die Familie mit der Schulnote 4.
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