Mannheim. Mannheim verliert eine Traditionsmarke: Wie am Montag bekannt wurde, gibt die Privatbrauerei Eichbaum ihr bekanntes Malzgetränk Karamalz an den Wettbewerber Veltins ab. „Mit sofortiger Wirkung“ übernehme Veltins alle Markenrechte, heißt es in einer Mitteilung der Brauerei aus dem Sauerland. Auch die Produktion des Malzgetränks soll demnach zeitnah zu Veltins abwandern.
Die Entwicklung rund um Eichbaum und Karamalz gipfelt damit in einem neuen Kapitel: Im Frühjahr 2024 hatten die Mannheimer bereits den Vertrieb ihrer bekannten Malztrunk-Marke an Veltins abgegeben. Eichbaum, das Karamalz selbst bisher vor allem in Süddeutschland verkauft hatte, wollte dadurch vom nationalen Veltins-Vertriebsnetz profitieren und so den Absatz seiner Traditionsmarke ankurbeln. Markenrechte, Produktion und Abfüllung des alkoholfreien Malzbieres sollten bei Eichbaum und am Standort Mannheim bleiben.
Bei Veltins wird der Zukauf aus Mannheim gefeiert
Vor wenigen Wochen folgte dann die erste Wende: Veltins gab überraschend und bedauernd das Ende der Kooperation mit Eichbaum bekannt, Gründe für das scheinbar plötzliche Aus wurden weder im Sauerland noch in Mannheim genannt. Gerüchte über offene Rechnungen durch Eichbaum wollte man nicht kommentieren.
Nun gibt Eichbaum Karamalz komplett an Veltins ab. Bei der Brauerei im Sauerland wird der Deal um den Malztrunk ordentlich gefeiert: Veltins-Chef Volker Kuhl verweist auf die „erhebliche Mengen- und Marktbedeutung von Karamalz“ und spricht von einer „veritablen Marke“, mit der man künftig in den eigenen Vertriebskanälen punkten könne. In jedem Fall sehen die Sauerländer in der bisherigen Mannheimer Marke noch einiges an Potenzial: „Wir sind überzeugt davon, dass wir in diesem klar umrissenen Sortensegment durchaus Wachstumsimpulse erreichen können“, wird Kuhl in einer Mitteilung zitiert.
Die Eichbaum-Geschäftsleitung schweigt zum Verkauf
Und in Mannheim? Dort schweigt man am Montag beharrlich. Bitten um eine Stellungnahme durch die Geschäftsführung um Brauerei-Chef Andreas Hiby-Durst bleiben jedenfalls erfolglos – zum wiederholten Mal.
In der Belegschaft wiederum ist die Verunsicherung über den Schritt laut Betriebsrat enorm. „Wir sprechen hier nicht mehr von Sorge, sondern von echter Angst“, sagt Georg Dohr, der lange Jahre Betriebsratschef bei Eichbaum war, zum Jahresende aber in Vorruhestand geht. Seinen Posten als Vorsitzender des Gremiums hat er im Sommer abgegeben, um eine geordnete Übergabe zu sichern. Mitglied im Betriebsrat ist er noch.
Malztrunk mit langer Tradition
- Das heutige Karamalz kam 1955 als „Henninger Karamell-Kraftbier“ auf den Markt. Es wurde zunächst von der Henninger Brauerei vertrieben.
- Wenige Jahre später wurde der Markenname Karamalz für das alkoholfreie Getränk angemeldet.
- In den 1990er Jahren gehörte Karamalz über die Henninger Brauerei zunächst zur März-Gruppe und ging dann nach der Übernahme durch die Actris AG in den Besitz der Mannheimer Privatbrauerei Eichbaum über.
Dass die Nachricht vom Karamalz-Verkauf in der Belegschaft für Aufruhr sorgt, liegt auf der Hand: Schließlich ist die Marke bisher ein wichtiges Standbein, vor allem mit Blick auf die Auslastung der Mannheimer Brauerei. Früheren Angaben zufolge steuert sie etwa 20 Prozent des Umsatzes bei. Für den Betriebsrat ist deshalb klar, dass der Karamalz-Verkauf nur ein erster Schritt ist, dem schnell weitere folgen müssen – „und zwar nicht im Schneckentempo, sondern mit Überschallgeschwindigkeit“, sagt Dohr.
Vor allem gehe es darum, die Auslastung der Brauerei nach dem Wegfall der Karamalz-Produktion zu sichern. Dohr: „Klar ist: Wenn wir nicht voll ausgelastet sind, können wir nicht wirtschaftlich arbeiten.“ Über mögliche Lösungsansätze sei man derzeit im Gespräch mit der Geschäftsleitung. „Die Lage ist richtig schwierig, aber wir sehen auch Auswege“, sagt Dohr. Auch mögliche Partnerschaften könnten dabei eine Rolle spielen.
„Karamalz ist kein Pfund, das man gern aus der Hand gibt“
Ziel des Betriebsrats sei es, trotz des Karamalz-Verkaufs alle Arbeitsplätze in Mannheim – aktuell um die 300 - zu erhalten. Ob das am Ende tatsächlich gelingt, kann Dohr allerdings nicht sagen, von der Geschäftsführung gebe es keine entsprechenden Zusagen.
So herb der Abschied von der Traditionsmarke Karamalz für viele Beschäftigte sein mag: Letztlich trage der Betriebsrat den Verkauf mit, weil er quasi „alternativlos“ sei, so Dohr. Klar dürfte sein, dass die Mannheimer Brauerei die Einnahmen aus dem Deal gut gebrauchen kann – vor allem für künftige Investitionen. Auch in der Vergangenheit hatte Eichbaum schon wichtige Investitionen verschieben müssen, weil das Geld dafür fehlte.
Wurde der Karamalz-Verkauf also nötig, weil Eichbaum mit dem Rücken zur Wand steht? Ganz so drastisch würde es Betriebsrat Dohr selbst nicht formulieren. „Aber klar ist: Karamalz ist kein Pfund, das man gern aus der Hand gibt“, sagt er.
Dass bei Veltins indes die Freude überwiegt und das Management prächtige Pläne schmiedet, kommt nicht von ungefähr. Malzgetränke sind zwar ein Nischensegment. Doch tatsächlich gibt es Potenzial für Wachstum – getragen vom Trend zu alkoholfreien Getränken und mehr Gesundheitsbewusstsein bei Verbraucherinnen und Verbrauchern.
Hersteller werben mit natürlichen und gesunden Inhaltsstoffen. Alkoholfreies Bier haben mittlerweile alle Brauereien im Programm; Malzgetränke im Retro-Look hingegen lassen sich ein Stück weit als etwas Besonderes verkaufen. Laut Analyse des Marktforschungsunternehmens Nielsen IQ wird der globale Markt für Malzgetränke bis 2032 voraussichtlich auf mehr als zehn Milliarden Dollar wachsen.
Zu den bekanntesten Marken hierzulande zählen neben Karamalz vor allem Vitamalz (Krombacher) und Kandi Malz (Bitburger). Auch kleinere Anbieter sind mittlerweile auf dem Markt.
Für Veltins kann sich der Karamalz-Deal lohnen – immerhin ist er eine Chance, Boden gegenüber dem größten Konkurrenten Krombacher gutzumachen.
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