Auf die DHL, den Paketdienst der Deutschen Post, ist ein Senior aus Mannheim-Neckarau stinksauer, dessen Hilferuf bei dieser Redaktion landete: Das dringend erhoffte Paket wurde für zwei Tage später angekündigt, und er war auch den ganzen Tag über zuhause, um es in Empfang zu nehmen. Doch das erhoffte Klingeln blieb aus. Als sich bis 19 Uhr gar nichts tat, schaute er in den Briefkasten - und da lag eine Abholkarte: „Eine persönliche Zustellung war leider nicht möglich!“ Eine Frechheit, klagte er. Das sei kein Einzelfall: Von den letzten sechs Bestellungen sei eine einzige persönlich ausgehändigt worden.
Wie kann das sein? Und ist das ein Einzelfall?
„Der Ärger über Post- und Paketdienste hat deutlich zugenommen“, berichtet Oliver Buttler, Experte für den Postbereich bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Gerade zu Stoßzeiten würden immer wieder nur Benachrichtigungskarten eingeworfen. DHL habe in den letzten Jahren die Zustellbezirke vergrößert, aber das Personal nicht aufgestockt.
Dass die Unzufriedenheit mit der Brief- und Paketpost hoch ist, zeigen auch Zahlen der Bundesnetzagentur: 2022 gingen bei der Aufsichtsbehörde 43 500 Beschwerden ein, fast dreimal so viele wie im Jahr zuvor, und für 2023 rechnet Netzagentur-Chef Klaus Müller mit genauso vielen. Dabei wächst der Ärger gerade bei den Paketen deutlich, so die Zahlen für das erste Halbjahr 2023: Da entfielen auf sie 40 Prozent aller Eingaben, im Vorjahr nur 24 Prozent. Im vergangenen Jahr betrafen drei Viertel der Klagen die DHL, der Rest die anderen großen Paketunternehmen. Die Post verweist gern darauf, dass sie täglich 6,2 Millionen Pakete ausliefere, daneben 48 Millionen Briefe. Da seien Unregelmäßigkeiten nicht gänzlich auszuschließen.
Worauf habe ich Anspruch?
Das ist in der Post-Universaldienstleistungsverordnung festgelegt: Die Deutsche Post hat sich als Marktführer verpflichtet, die Grundversorgung sicherzustellen. Sie muss daher nicht nur Briefe, sondern auch Pakete mindestens einmal pro Werktag zustellen, das heißt auch samstags. „Pakete sind persönlich zuzustellen oder an eine Ersatzperson in demselben Haushalt bzw. in der Nachbarschaft auszuhändigen, wenn keine gegenteilige Weisung … vorliegt“, betont die Bundesnetzagentur. Der Paketbote muss also in jedem Fall klingeln; es reicht nicht aus, nur eine Karte einzuwerfen, wo das Paket abgeholt werden kann. Zudem muss die DHL im Jahresdurchschnitt mindestens 80 Prozent der Paketsendungen in Deutschland am zweiten Werktag zustellen. Diese Regeln gelten nicht für andere Paketdienste wie Hermes oder DPD, denn sie sind keine Grundversorger.
Und wenn sich der DHL-Bote nicht daran hält?
Genau das ist das Problem: Es gibt keine Sanktionen. Der Empfänger kann sich nur beim Unternehmen oder bei der Bundesnetzagentur beschweren. Auch sie kann keine Bußgelder oder ähnliches verhängen. Trotzdem rät Verbraucherschützer Buttler zur Beschwerde: Erst dadurch sehe die Post, dass es Probleme gibt, und die Netzagentur könne eine Stellungnahme einfordern, was das Unternehmen schon mal ärgert.
Was sagt die Post zu diesen Problemen?
Auf Anfragen von Journalisten antwortet Sonja Radojicic von der Regionalen Kommunikation Süd nur mit einer Standard-Mail. Sie verweist auf die Witterungslage und den unvorhergesehenen Krankenstand in Baden-Württemberg in den letzten Wochen. Zudem würden zum Jahresende fast doppelt so viele Pakete pro Tag befördert wie im Jahresdurchschnitt. „Unsere Paketzusteller haben ein hohes Interesse, Pakete bereits beim ersten Zustellversuch an den Empfänger zu übergeben“, behauptet die DHL-Managerin. Die Benachrichtigung und Umleitung der Sendung zur Abholung bedeute einen spürbar zusätzlichen Aufwand. „Daher ist es selbstverständlich, dass zuerst geklingelt und dann eine angemessene Zeit gewartet wird.“
Was empfiehlt die Bundesnetzagentur?
„Bei Problemen sollten Sie sich an Ihr Postunternehmen wenden“, heißt es bei der Behörde. Nur so erhalte es zeitnah davon Kenntnis und könne auf den konkreten Fall reagieren. Bei „anhaltenden Mängeln“ wird zur Beschwerde bei der Bundesnetzagentur geraten. Wenn die sich in einer Region häuften, fordere sie das Unternehmen auf, bestehende Mängel „zeitnah“ abzustellen.
Wer hilft mir bei einer Beschwerde?
Da die DHL bei den Verbraucherzentralen ein Dauerbrenner ist, haben sie unter Federführung der Rheinland-Pfälzer ein neues Internetangebot entwickelt. Unter verbraucherzentrale-rlp.de/post-beschwerden finden sich rechtliche Informationen, Handlungsempfehlungen und die richtigen Ansprechpartner zu allen Themen rund um Pakete, Briefe und Serviceleistungen der Zustelldienste. Mit dem Post-Ärger-Tool lassen sich individuelle Schreiben erstellen, um sich an die Unternehmen oder an die Bundesnetzagentur zu wenden. Das Angebot stößt auf reges Interesse: Schon in den ersten Wochen wurde das Post-Ärger-Tool mehr als 42 000 Mal aufgerufen. Allein die Klage „Paketbote hat nicht geklingelt“ wurde über 1000 Mal angeklickt.
Werden endlich Bußgelder eingeführt?
Das ist nach dem Entwurf eines neuen Postgesetzes tatsächlich vorgesehen, das gerade vom Bundeskabinett auf den parlamentarischen Weg gebracht wurde. Der Bundestag dürfte es 2024 beschließen, kann aber noch Änderungen vornehmen. Danach soll die Deutsche Post DHL als „Universaldienstleister“ für die Zustellung von Briefen und Paketen ab 2025 einen Tag mehr Zeit bekommen: 95 Prozent müssen am dritten Tag nach der Einlieferung zugestellt sein. Es bleibt dabei, dass Pakete dem Empfänger an der Wohnungstür ausgehändigt werden müssen, wenn nichts Gegenteiliges vereinbart ist.
Im Gegenzug soll die Bundesnetzagentur bei Mängeln konkrete Anordnungen treffen und Zwangsgelder durchsetzen können, beim Postkonzern DHL im Extremfall bis zu zwei Prozent vom globalen Umsatz. Die Kunden allerdings hätten nichts davon: Eine direkte Entschädigung ist nicht vorgesehen.
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