Karin Rådström wird Vorstandsvorsitzende von Daimler Truck

Schon seit Monaten wird Karin Rådström als Nachfolgerin von Martin Daum gehandelt, nun ist es offiziell: Die 45-Jährige wird ab 1. Oktober Vorstandsvorsitzende von Daimler Truck. Wer ist die Managerin? Ein Porträt

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Alexander Jungert
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Karin Rådström am Steuer eines eActros. © dpa

Mannheim. Karin Rådström ist sich bewusst: Sie wird in große Fußstapfen treten. Martin Daum sei „eine Legende in der Nutzfahrzeugindustrie“, hat Rådström vor Kurzem dieser Redaktion gesagt.

Schon seit Monaten wird die Schwedin als Nachfolgerin von Daum gehandelt, nun ist es offiziell. Die 45-Jährige wird ab 1. Oktober Vorstandsvorsitzende von Daimler Truck, einem der größten Nutzfahrzeugsteller der Welt mit 56 Milliarden Euro Umsatz. 104 000 Menschen arbeiten für den Konzern, 18 000 davon an den Standorten Mannheim und Wörth. Daum bleibt bis 31. Dezember ordentliches Mitglied des Vorstands und soll „einen reibungslosen Übergang“ unterstützen. Dann geht er in Ruhestand.

Rådström wird Vorstandsvorsitzende, Eva Scherer leitet bereits das Finanzressort – mit zwei mächtigen Frauen sticht das Spitzenmanagement von Daimler Truck in der von Männern dominierten Maschinenbaubranche heraus. Neben Belén Garijo (Merck) wird Rådström zudem die zweite Frau sein, die aktuell einen Dax-Konzern führt.

Karin Rådströms Führungsstil: Hart, aber herzlich

Die Ingenieurin hat an der Königlich Technischen Hochschule Stockholm studiert. Ihre Karriere begann beim schwedischen Lastwagenhersteller und Daimler-Truck-Konkurrenten Scania, unter anderem als Leiterin der Bussparte. Im Frühjahr 2021 wurde Rådström von Daimler Truck abgeworben, im Vorstand ist sie bis dato verantwortlich für Lastwagen der Marke Mercedes-Benz. Wer diese Aufgabe künftig übernimmt, ist offen.

Wegbegleiter charakterisieren die 45-Jährige als starke Führungskraft, schnelle Entscheiderin und immer ansprechbar für Beschäftigte. Ihren Führungsstil beschreibt Rådström selbst als „tough love“, frei übersetzt: hart, aber herzlich. 

Mehrere Kandidaten im Rennen

Der Aufsichtsrat von Daimler Truck hat sich nach Angaben des Vorsitzenden Joe Kaeser schon „lange und tiefgreifend“ mit der Nachfolge von Martin Daum beschäftigt. Nun habe man mit Karin Rådström „die richtige Person zur richtigen Zeit für den richtigen Job gefunden“.

Mehrere Kandidaten sind im Rennen gewesen, intern und extern. Kaeser bestätigt: Auch Andreas Gorbach, Technologie-Chef von Daimler Truck, war darunter. „Er ist ein unglaublich starker Kollege, sowohl menschlich als auch fachlich“, erklärt Kaeser. Böses Blut soll es seit der Entscheidung für Rådström nicht geben. „Andreas Gorbach fühlt sich unglaublich wohl in der Rolle als Technologie-Chef, er ist ein Technik-Freak.“

Kaeser hebt das Team hervor, das mit Rådström, Gorbach und Finanzchefin Eva Scherer „unglaublich jung sei“. Zudem zollt er Martin Daum Respekt, einen Schritt zurückzutreten.

Über Rådström sagt Kaeser, sie sei offen und unprätentiös. „Ihr starker Wille, hart für den Sieg zu arbeiten, ist nicht nur im Sport, sondern auch in der Wirtschaft präsent“, schreibt er auf Linkedin und spielt auf Rådströms Zeit in der schwedischen Ruder-Nationalmannschaft an. Zudem sei sie stark kundenorientiert.

Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Michael Brecht erklärt: „Wir als Arbeitnehmervertretung haben mit Karin Rådström in den vergangenen Jahren gut und vertrauensvoll zusammengearbeitet. Für uns ist wichtig, dass Daimler Truck mit ihr an der Spitze weiter ein erfolgreiches und zukunftsfähiges Unternehmen bleibt.“ jung

Noch vor einigen Jahren war Rådström Profisportlerin. Mit der schwedischen Ruder-Nationalmannschaft holte sie zwölf Goldmedaillen bei der nationalen Meisterschaft. Als Profisportlerin lerne man Dinge, die auch für die berufliche Karriere wichtig seien, ist Rådström überzeugt. Wie Selbstdisziplin und Durchhaltevermögen.

In Zukunft wird sie das sicher noch häufiger brauchen. Denn ihre Aufgaben haben es in sich. Das Geschäft schwächelt, im zweiten Quartal ist der Absatz der Kernmarke Mercedes-Benz um satte 22 Prozent eingebrochen. Seit Anfang September arbeitet die Belegschaft im Montagewerk Wörth kurz.

Das Unternehmen will in den kommenden Monaten verstärkt sparen. Ausgaben sollen eingefroren werden, es gibt einen Einstellungsstopp. Zudem sind weitere Einschnitte geplant. Wie diese aussehen, ist noch unklar.

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Wie sehr Rådström unter Erfolgszwang steht, zeigt sich an den Erwartungen des Aufsichtsratsvorsitzenden Joe Kaeser. „Mittel- bis langfristig wollen wir nicht nur der größte Truck-Anbieter der westlichen Welt sein“, sondern auch bei der Marge führend, sagt er. Es gebe keinen Grund, weshalb Daimler Truck absehbar hinter anderen Anbietern zurückstehen sollte.

Transformation zu emissionsfreien Lastwagen bei Daimler Truck

Über allem schwebt das große Wort „Transformation“. Bis 2030 sollen bis zu 60 Prozent der in Europa verkauften neuen Lastwagen lokal emissionsfrei sein – mit Batterie und Wasserstoff. So das Ziel von Daimler Truck. Deshalb soll Rådström den Umbau des Konzerns langfristig begleiten. Nach Wunsch von Kaeser möglichst für zwei Vorstandsperioden, also etwa acht bis zehn Jahre.

Die Transformation ändert auch Abläufe in den Produktionen. „Natürlich braucht es neues Wissen und neue Fähigkeiten, im Umgang mit Hochvolt beispielsweise. Daimler Truck tut eine Menge, um seine Leute an allen Standorten weiterzuqualifizieren“, erklärt Rådström. Ihrem Eindruck nach sind die meisten Beschäftigten stolz, diese Phase begleiten zu dürfen. Ende dieses Jahres soll in Wörth die Serienproduktion des eActros 600 starten, eines batterie-elektrischen Lastwagens für den Fernverkehr. Komponenten dafür kommen auch aus Mannheim.

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Auf den ersten Kilometern der eActros 600-Europa-Tour im Frühsommer ließ es sich Rådström nicht nehmen, selbst das Steuer zu übernehmen. Wie fühlt es sich an, in so einem Fahrzeug zu sitzen? „Die erste Fahrt in einem Elektro-Lkw lässt sich mit der ersten Fahrt in einem Elektroauto vergleichen: Man ist überrascht, wie leise alles ist und wie schnell sich so ein Fahrzeug beschleunigen lässt“, meint Rådström. „Allerdings ist das Gefühl in einem Elektro-Lkw – allein wegen seiner Größe – weitaus intensiver als in einem E-Auto.“

Die Managerin lebt mit ihrer Familie in Stuttgart, der Campus von Daimler Truck befindet sich unweit in Leinfelden-Echterdingen. Sie ist gerne draußen zum Laufen oder zum Fahrrad fahren. Ab und zu schafft sie es sogar an den Neckar zum Rudern.

Spitzenmanagerin eines Dax-Konzerns zu sein, ist ein knochenharter Job. Wenn möglich, hält sich Rådström jeden Tag etwas Zeit für ihren Mann und ihre beiden Kinder frei. Alles unter einen Hut zu bekommen, ist nicht leicht. Für Rådström gehört zur Wahrheit: „Man kann nicht in allen Bereichen des Lebens perfekt sein, sondern muss seine Rollen ausfüllen, so gut es eben geht.“

Als künftige Konzernchefin feiern lassen kann sich Rådström schon in ein paar Tagen auf der IAA-Nutzfahrzeugemesse in Hannover. Für Daum wird es ein erster Abschied von der großen Bühne sein.

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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