Mannheim. Bislang wurden die Traktorenteile bei John Deere noch von Hand lackiert. Rund 40 000 Einheiten waren es im vergangenen Jahr. Damit ist jetzt Schluss - die neue Lackierhalle des Mannheimer Werks auf dem Lindenhof ist eingeweiht worden. Offiziell zumindest, denn in Betrieb genommen wurde die Anlage bereits im August.
80 Millionen Euro hat sich der US-amerikanische Landtechnikhersteller die neue vollautomatische Farbgebungsanlage kosten lassen, in der insgesamt 14 Roboter die Chassis, die tragenden Teile der Traktoren, zunächst reinigen, dann grundieren und schließlich lackieren. Noch werden hier nur die Rahmen mit der John Deere-Hausfarbe grün versehen, später sollen Getriebe und Motoren dazukommen; die Kabinen werden in Bruchsal fertiggestellt. Drei Jahre hat es vom Spatenstich im November 2021 bis jetzt zur Inbetriebnahme gedauert.
Europa-Chefin von John Deere fürchtet Umsatzeinbruch
Stolz präsentierte John-Deere-Europa-Chefin Deanna Kovar die neue Anlage der Öffentlichkeit, bedankte sich für das Engagement der Mitarbeitenden - hatte allerdings auch weniger gute Nachrichten zu verkünden. Den Landwirten weltweit gehe es schlecht, zwischen 2023 und 2025 sei mit Einbußen beim Nettoeinkommen von bis zu 50 Prozent zu rechnen. Das hat unmittelbare Auswirkungen auf das Geschäft mit Landmaschinen.
Für das Geschäftsjahr 2023/2024, das für John Deere am 31. Oktober endet, geht Kovar von einem geschätzten Umsatzrückgang von 20 Prozent aus. Kein Grund zur Panik, betont sie, das Geschäft sei ein sehr zyklisches. „Wir machen uns Sorgen vor allem um unsere Kunden“, so Kovar, die im vergangenen November auf den Posten berufen wurde und seitdem mit Mann und Kind in der Nähe von Frankfurt wohnt. Die Landwirtschaft müsste profitabler werden. „Wir wollen den Landwirten helfen, indem wir ihnen die entsprechenden Geräte an die Hand geben“, sagte die Managerin, die selbst auf einem Milchviehbetrieb im US-Bundesstaat Wisconsin aufgewachsen ist.
Umso mehr sei der Schritt zu loben, erklärte Mannheims Oberbürgermeister Christian Specht (CDU): „Nicht zu wissen, was die Zukunft bringt, aber in den Standort zu investieren.“ Dies sei ein wichtiges Zeichen, auch für Deutschland insgesamt, dass es hierzulande möglich sei, wettbewerbsfähig zu produzieren. 60 Prozent aller Traktoren, die in Deutschland verkauft werden, tragen den springenden Hirschen als Logo, sind also von John Deere und stammen damit aus der Mannheimer Fabrik.
Der Hauptgrund für den Bau einer neuen Lackieranlage: Die Traktoren werden größer und schwerer, das brachte die mehr als 50 Jahre alte bisherige Halle an ihre Grenzen. Nun können Traktor-Chassis mit bis zu acht Tonnen Eigengewicht und einer Breite von bis zu 3,50 Metern lackiert werden; vier bis fünf Stunden dauert der Vorgang pro Teil, wobei rund 100 Rahmen gleichzeitig die Anlage durchlaufen können. Menschen sind hier kaum noch im direkten Einsatz, außer bei der Qualitätskontrolle am Ende.
Lackieranlage bei John Deere in Mannheim mit grünem Anstrich
„Die Investition ist gleichzeitig ein wichtiges Bekenntnis zum Umweltschutz“, betonte Linus Baumhauer, Leiter des Mannheimer Werks. Durch Wärmedämmung und den Einsatz etwa von Wärmepumpen sei die Energieeffizienz erhöht worden. Zudem erzeugten Solarzellen auf dem Dach des Neubaus Strom für die interne Nutzung.
Digitale Lösungen bei John Deere
- Der US-Konzern John Deere bezeichnet sich selbst als „ein weltweit führender Anbieter von Landwirtschafts-, Bau- und Forstmaschinen“.
- Ein wichtiger Teil der Strategie sind digitale Lösungen für Landwirtinnen und Landwirte: Sie sollen helfen, Dünger, Pflanzenschutzmittel und andere Ressourcen einzusparen. Schon heute sind häufig Landmaschinen im Einsatz, die über GPS gesteuert werden.
- Auf dem Mannheimer Campus arbeiten rund 3500 Menschen. Mannheim ist der größte Standort von John Deere außerhalb Nordamerikas.
Darüber hinaus würden während des Lackiervorgangs Ressourcen geschont. Der Lack werde nämlich so aufgetragen, dass nur wenig Material verloren gehe. Früher landeten 30 Prozent der Farbe auf dem Bauteil und 70 Prozent fielen buchstäblich ins Wasser, das anschließend chemisch gereinigt werden musste. Nun hat sich das Verhältnis mehr als umgekehrt. 80 Prozent der Farbpartikel blieben durch den Einsatz sogenannter Rotationsglocken am Chassis haften, den Rest fangen Bürsten auf, die später gereinigt werden - die Farbe werde abgekratzt, eingesammelt und entsorgt. Der Farbton sei der Gleiche geblieben, die Farbe selbst habe sich aber geändert: Sie enthalte weniger Lösungsmittel und weniger Farbpartikel, sei also umweltfreundlicher. Auch leiser sei die ganze Anlage. „Davon profitieren die Anwohner“, so Baumhauer.
Christian Eichholtz, Direktor der Produktion in Europa, erinnerte derweil daran, dass der Mannheimer Standort schon schwere Zeiten gesehen hat, nachdem die Heinrich Lanz AG 1956 von John Deere übernommen worden war und restrukturiert werden musste. Der Wille zur Transformation, damals eine Notwendigkeit, halte bis heute an. „Über die Jahre hat das Werk immer wieder seine Kernkompetenzen hinterfragt, sich von Technologien verabschiedet wie Gießerei oder Schweißerei und so Platz gemacht für Neues.“
Auch die alte Lackierhalle ist bereits abgerissen worden, an ihrer Stelle entsteht eine neue Fertigungslinie.
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