Test Yamaha Niken - Außergewöhnliches technisches Konzept / Dreizylinder-Motor mit 115 PS stammt von der MT-09

Vollwertiges Motorrad auf drei Rädern

Von 
Michael Grethe
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Außergewöhnliches Motorrad: Die Yamaha Niken. © Harald Keitel

Jetzt geht sie schon ins zweite Jahr – die Yamaha Niken. Grund genug, sie mit ihrem außergewöhnlichen technischen Konzept genau unter die Lupe zu nehmen.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Nein, die Yamaha Niken steht trotz ihrer zwei Vorderräder nicht von allein an der Ampel und nein, man darf die Niken nicht mit dem Autoführerschein fahren. Denn sie ist, auch wenn es auf den ersten Blick nicht danach aussieht, ein vollwertiges Motorrad und kann vieles besser als ihre zweirädrigen Artgenossen.

Aber starten wir mit dem, was bei der Vorstellung am umstrittensten war: dem Design. Mit ihren zwei Vorderrädern, der doppelten Upside-Down-Gabel, den zwei LED-Scheinwerfern und ihrer insgesamt bulligen und imposanten Erscheinung, wirkt die Niken schon ein wenig wie von einem anderen Stern.

Ob das Design nun gefällt oder nicht, sei jedem selbst überlassen. Jedenfalls hat es zu viel Diskussionen unter den Motorradfahrern geführt. Die Niken wird von vielen überheblich in die Rollerklasse geschoben und Rollerfahrer werden von einem echten Motorradfahrer grundsätzlich nicht gegrüßt. Dabei sollten doch viel mehr die inneren Werte zählen. Und von denen hat die Niken wahrlich einige zu bieten.

Ihr bewährter Motor stammt von der Yamaha MT-09. Er hat drei Zylinder, einen Hubraum von 847 Kubikzentimetern und leistet 115 PS beziehungsweise 85 kW. Das Drehmoment beträgt bei 8500 Umdrehungen bei 88 Newtonmetern. Insgesamt dreht er bis auf 10 000 Umdrehungen.

Soweit die blanken technischen Daten, die eigentlich nichts Spektakuläres versprechen. Denn immerhin müssen im vollgetankten Zustand 263 Kilogramm plus die des Fahrers bewegt werden. Die erreichbare Höchstgeschwindigkeit von 190 Kilometern pro Stunde macht bei der kleinen Sporttourerscheibe wenig Freude. Denn der Winddruck wird ab 130 schon etwas ungemütlich und erfordert recht dicke Oberarme. Doch wo liegen denn die inneren Werte der Niken?

Die zeigen sich auf kurvenreichen Strecken. Schon nach kurzer Zeit wächst das Vertrauen in die neue Technik. Die sich aufgrund der Parallelogramm-Radaufhängung neigenden Vorderräder ermöglichen Schräglagen bis 45 Grad. Und das bei immens viel Grip. Schlechte Straßenverhältnisse kennt die Niken nicht.

Egal, ob ein frisch mit Bitumen ausgegossener Riss, Sand oder Nässe auf der Straße sind. Sie lässt sich davon nicht beeindrucken und zieht sauber ihre Bahn. Das ist es, was den immensen Sicherheitsgewinn dieses Motorrades zusammen mit dem gut funktionierenden ABS und der Traktionskontrolle ausmacht. Der Motor kommt mit dem Gewicht recht gut klar und das Getriebe lässt sich auch dank des Quickshifter sauber und vor allem schnell schalten. Aufgrund der paar mehr Pfunde gegenüber der MT-09 würde ihr allerdings etwas mehr Leistung gut tun.

Dennoch erreicht sie, glaubt man einer Fachzeitschrift, die 100-km/-Marke schon nach 3,1 Sekunden. Auch große Fahrer sitzen auf ihr recht bequem mit angenehmem Kniewinkel.

Lediglich die als Zubehör erhältliche, höhere Scheibe ist für sie vonnöten. Denn der Winddruck ist schon immens. Das wirkt sich auch auf den Testverbrauch aus, der mit 6,1 Litern auf 100 Kilometern angemessen war.

Die Niken kostet inklusiv Transport 15 490 Euro. Dafür bekommt man einen sicheren Tourer, an dem lediglich noch die Heizgriffe und eventuell eine höhere Scheibe fehlen. Die von Yamaha nachgeschobene Niken GT ist dagegen mit 16 490 Euro geradezu ein Schnäppchen. Denn in ihrem Grundpreis sind die höhere Scheibe, die Heizgriffe, eine Komfortsitzbank, zwei 25 Liter ABS-Koffer und noch mehr enthalten.

Der Name Niken bedeutet „Zwei Schwerter“. Mit ihren beiden Vorderrädern hat die Yamaha Niken wie ein Samurai zwei Schwerter in der Hand oder besser ein Eisen mehr im Feuer, das ihr einen nicht zu unterschätzenden Sicherheitsgewinn bringt. Vom Handling steht sie erstaunlicherweise ihren Artgenossen in nichts nach. Der breite Vorbau ist zwar etwas gewöhnungsbedürftig aber nicht breiter als viele Lenker anderer Motorräder. Bleibt nur zu hoffen, dass Yamaha einen langen Atem zeigt und die Vernunft beim einen oder anderen siegt.

Technische Daten

Antrieb: Kette Hubraum: 847 ccm Leistung: 84 kW/115 PS bei U/min: 10000 max. Drehmoment: 87,5 Nm bei U/min: 8500

Sequentielles Sechsganggetriebe Beschleunigung 0-100 km/h: 3,1 sec. Höchstgeschwindigkeit: 190 km/h

Länge/Radstand: 2150/250 mm Leergewicht: 263 kg Zuladung: 195 kg Sitzhöhe: 820 mm Tankinhalt: 18 Liter

Normverbrauch: 5,8 Liter CO2-Emission: 135 g/km Testverbrauch: 6,1 Liter Schadstoffklasse: Euro 4

Grundpreis: 15 490 Euro

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