Mannheim. Die automobilen Newcomer aus China bieten mit einer wachsenden Zahl an Marken und Modellen eine immer größere Auswahl. Im Segment der umkämpften Mittelklasse mit etablierten Modellen wie BMW 3er oder Mercedes C-Klasse etwa greift die Elektroautomarke Nio mit dem ET5 an. Den gibt’s sogar als Kombi, was ihn in dieser Klasse zum Exoten macht. Denn bislang dominieren hier fast ausschließlich Verbrenner-Modelle.
Für den Test sollte es jedoch die Limousine sein. Die tritt selbstbewusst auf, in dynamisch-muskulösem Design mit schmalen Scheinwerfern vorn, einer fast coupéhaften Linie und einem sportlichen Heck. Der Innenraum gefällt mit komfortablem Gestühl, ansprechender Verarbeitung, hochwertigen Materialien und aufgeräumter Struktur.
Hier regiert der Minimalismus, dem sogar das Handschuhfach zum Opfer gefallen ist. Ebenso die meisten Tasten: Schaltzentrale ist ein 12,8 Zoll Bildschirm in der Mitte. Für die Bedienung braucht es etwas Eingewöhnung, zudem sind einige Schaltflächen etwas klein geraten. Die KI-generierte Sprachsteuerung Nomi, die als Kugel mit Glupschaugen vom Armaturenbrett grüßt, hilft oft weiter, ist manchmal aber begriffsstutzig. Bei der Frage nach dem Verbrauch gibt sie Tipps, was zu tun ist, wenn man den Wagen kaufen will.
Die Fahrleistungen überzeugen. Präzise abgestimmt ist die Lenkung, die dem Wagen ein sicheres Handling verleiht. Das Fahrwerk bietet einen angenehmen Fahrkomfort und eine stabile Straßenlage. So werden die Insassen von Wankbewegungen verschont, und Kurven können auch mal flotter durchritten werden.
Der Akku lässt sich laden - oder in drei Minuten austauschen
Der ET5 ist ein Kraftpaket: In der Spitze bringt er bis zu 490 PS über beide Achsen auf den Asphalt. Tritt man das Gaspedal voll durch, drückt es bei 700 Nm Drehmoment die Insassen in die Sitze. So ist der Sprint aus dem Stand auf 100 km/h in vier Sekunden erledigt. Erst bei 200 km/h endet die Beschleunigung.
Nio ET5
- Motor: Zwei Elektromotoren
- Leistung: 360 kW / 490 PS
- Batteriegröße: 100 kWh
- Max. Drehmoment: 700 Nm
- Antrieb: Allradantrieb
- Höchstgeschw.: 200 km/h
- Beschleunigung: 0 bis 100 km/h in 4,0 Sekunden
- Verbrauch pro 100 Kilometer (Werksangaben/WLTP): 20,5 kWh / Testverbrauch: 21,5 kWh
- Max. Ladeleistung: 125 kW (DC), 10–80 Prozent in 40 Minuten
- Reichweite: bis 590 Kilometer
- Länge: 4790 mm, Breite: 1960 mm, Höhe: 1499 mm
- Leergewicht: 2160 kg
- Kofferraum: 386 – 1142 l
- Preis: 68 500 Euro (mit Batterie)
- Serienausstattung: 19 Zoll LM-Räder, LED-Scheinwerfer, Zwei-Zonen-Klimaautomatik, Wärmepumpe, Kunstledersitze, el. verstellb. Sportsitze vorn m. Heizung, Smart Cockpit m. 12,8 Zoll Center-Display m. Navigation, Mikrofaser-Kunstlederlenkrad, el. Heckklappe m. Fuß-Sensor, Vollglas-Panoramadach, automat. bündige Türgriffe, div. Assistenzsysteme.
Trotz dieses beeindruckenden Potenzials wirkt der sportliche Chinese alles andere als übermütig. Er beherrscht nämlich auch die gemütliche Tour, weil sich das Pedal gut dosieren lässt. Verleiht man weniger Druck, bauen die beiden Motoren das Tempo langsamer, aber dennoch zielstrebig und linear auf. Der Effekt wirkt sich auch positiv auf den Verbrauch aus. Denn der ist mit 21,5 Kilowattstunden im Schnitt recht hoch. Dass Ladestationen trotzdem erst nach rund 450 Kilometern (Nio nennt sogar 590 Kilometer Reichweite) angesteuert werden müssen, ist dem großen Akku zu verdanken. Der Testwagen war mit einem 100 kWh-Batteriepaket bestückt, alternativ gibt es ein kleineres mit 75.
Eine Besonderheit bei Nio: Man kann die Batterie leasen - für monatlich 169 bzw. 289 Euro - oder kaufen (12 000/21 000 Euro). Entscheidet man sich für die Miete, spart man sich die Fummelei mit dem Ladekabel und das Warten beim Aufladen. Denn Nio bietet an sogenannten Power Swap Stationen (PSS) einen vollautomatischen Batterietausch innerhalb von drei Minuten.
Der Batterietausch ist jetzt auch in Viernheim möglich
Voraussetzung: Eine PSS befindet sich in der Nähe. Weil die bis dato nächstgelegene Station an der A 66 bei Frankfurt nicht an der Route der Testfahrten lag, konnten wir uns kein Bild über die Funktion machen und luden klassisch an der Ladesäule nach. Erst nach dem Test ist eine PSS in Viernheim in Betrieb gegangen. Es ist die 18. in Deutschland.
Der Basispreis des ET5 liegt bei 47 500 Euro. Hinzu kommen die bereits erwähnten Kosten für die Batterie. Dagegen ist die Zusatzausstattung kein großer Preistreiber mehr, denn die allermeisten Komfort- und Sicherheitsfunktionen bringt der Chinese bereits serienmäßig mit. Obendrein gibt es drei Jahre Garantie, auf die Batterie sogar acht Jahre.
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