Berlin. Viele Frauen gehen arbeiten, Männer wickeln Kinder und nehmen Elternzeit - was früher unüblich war, wird immer normaler. Auf dem Weg zur Gleichstellung von Frauen und Männern ist in Deutschland viel erreicht. Doch wollen die Deutschen eine noch stärkere Entwicklung in diese Richtung? Nein, sagt eine Mehrheit der Männer. Mit der Gleichberechtigung reiche es, finden fast zwei Drittel (64 Prozent) laut der gestern veröffentlichten Studie "Wie tickt der Mann?" des Allensbach-Instituts.
28 Prozent meinen sogar, dass die Angleichung der Geschlechter übertrieben worden sei. Nur 29 Prozent der Männer sehen in Sachen Gleichberechtigung noch Handlungsbedarf. Bei den Frauen meint dagegen jede zweite, dass noch mehr getan werden müsse.
Erfolgreich und gefühlsbezogen
Der deutsche Mann sei kein Macho, sondern verunsichert, sagte Sandra Immoor, Chefredakteurin der Zeitschrift "Bild der Frau", die die Studie in Auftrag gab. Das Allensbach-Institut befragte dafür rund 950 Männer und 550 Frauen im Alter zwischen 18 und 65 Jahren.
35 Prozent der Männer gaben an, Schwierigkeiten zu haben, die Erwartungen an sie zu erfüllen. Der Psychotherapeut Björn Süfke findet dies kaum verwunderlich: Noch immer erwarteten die meisten Frauen beruflichen Erfolg bei Männern. "Seit etwa zehn bis 20 Jahren kommt hinzu, dass der Mann jetzt auch noch gefühlsbezogen sein soll", sagte Süfke.
Die Studienergebnisse decken sich laut Männerforscher Walter Hollstein mit anderen Befunden, etwa der Sinus-Studie der Bundesregierung von 2007 über die Einstellungen 20-jähriger Frauen und Männer. "Dort drückten die jungen Männer durchaus Sympathie für Gleichberechtigung und Gleichstellung aus, monierten aber, dass nichts für sie getan wird", sagt der Soziologe mit Blick auf die Studie. Gleichstellung in der Bundesrepublik sei Frauenpolitik geblieben. Es gebe immer neue Fördermaßnahmen für Mädchen und Frauen, doch kaum etwas für Jungen und Männer, sagt Hollstein, der auch Gutachter des Europarates für Männerfragen ist.
Erwartungen zu hoch eingeschätzt
Dabei könnten Männer eigentlich entspannter sein: Frauen wünschen sich gar nicht so viel von ihnen, wie sie denken - vor allem, was die klassische Ernährerrolle angeht. So glauben zwar 71 Prozent der Männer, dass sie für den Unterhalt der Familie aufkommen sollten. Tatsächlich wünschen sich das aber nur 60 Prozent der Frauen.
Die Mehrheit der Männer glaube zudem, dass sie familienorientierter sein und etwa mehr im Haushalt helfen sollten, sagte die Geschäftsführerin des Allensbach-Instituts, Renate Köcher, bei der Präsentation der Studie. Aber auch hier seien die Erwartungen längst nicht so hoch wie gedacht. dpa
Das unbekannte Wesen
Hotel Mama/Papa: Jeder dritte 25-Jährige wohnte 2012 noch bei den Eltern. Bei den gleichaltrigen Frauen war es nur jede fünfte. Von den 30-jährigen Männern lebten noch 13 Prozent unterm elterlichen Dach.
Verdienst: Männer hatten 2012 einen durchschnittlichen Bruttostundenlohn von 19,60 Euro - Frauen verdienten 15,21 Euro.
Nachtarbeiter: Nachtschichten betreffen häufiger Männer. Fast jeder achte muss mindestens die Hälfte eines Monats zwischen 23 und 6 Uhr arbeiten. Bei Frauen sind es nur halb so viele.
Mode: Jeder vierte Mann achtet beim Kleiderkauf auf Status und Trend. Ebenso viele mögen es eher preisgünstig und bequem. 2011 gab ein Mann im Schnitt zwischen 252 und 312 Euro für Kleidung aus.
Autounfälle: Dreimal so viele Männer wie Frauen sterben bei Autounfällen. Junge Männer zwischen 18 und 24 sind besonders gefährdet. Als Fußgänger hingegen verunglücken Frauen häufiger.
Teilzeit: Zehn Prozent der Männer arbeiteten 2011 in Teilzeit - jeder vierte davon unfreiwillig. Nur jeder elfte tat dies aus familiären Gründen. Von den Frauen arbeiteten 45 Prozent in Teilzeit.
Rasur: Vier von zehn Männern rasieren sich ausschließlich nass, drei von zehn nur trocken. 5,6 Prozent rasieren sich gar nicht.
Chefetage: 2001 waren 73 Prozent der Führungskräfte Männer. Neun Jahre später ist ihr Anteil um nur drei Prozentpunkte geschrumpft.
Ruhm: Ehrgeizige Männer sind durchschnittlich 180,4 Zentimeter groß - die nicht so strebsamen hingegen kommen nur auf 1,77 Meter.
Alter: Männer starben 2012 im Durchschnitt mit 74,2 Jahren. Frauen lebten mehr als sieben Jahre länger.
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