Mozartfest

Würzburg: Tiefer musikalischer Blick in die Seele

Überragendes Eröffnungskonzert mit Bariton Benjamin Appl und das Orchester „Les Talens Lyriques“ unter Dirigent Christophe Rousset

Von 
Diana Seufert
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Mit einem grandiosen Konzert wurde am Freitag das Würzburger Mozartfest durch Dirigent Christophe Rousset und „Les Talens Lyriques“ sowie Bariton Benjamin Appl im Kaisersaal eröffnet. © Seufert

Würzburg. Es ist kein locker-leichtes Motto, unter dem das Mozartfest 2024 steht: „Schuld und Vergebung – Seelenforscher Mozart“. Und wer hätte bei der Auswahl vor drei Jahren gedacht, welche Dimension dieses Leitwort nun gewinnen könnte. So waren die Reden bei der Eröffnung in der Würzburger Residenz von OB Christian Schuchardt und Bayerns Innenminister Joachim Hermann am Freitag politisch geprägt, angesichts der Krisen auf der Welt. Der Bürgermeister von Würzburgs westukrainischer Partnerstadt Lwiw, Andrij Sadowyji, dankte für die Unterstützung der Ukraine und betonte, dass man an der Front auch die Demokratie verteidige.

Kein locker-leichtes Programm zum Zurücklehnen war dann auch das Eröffnungskonzert im Kaisersaal. Mozarts Beschäftigung mit Schuld und Verfehlung spürt die von Dirigent Christophe Rousset – dem Artiste étoile des Festes – ausgewählte Musik nach. Dabei kommt nicht nur Wolfgang Amadé Mozart „zu Wort“, sondern in Arien auch Zeitgenossen wie Guiseppe Sarti (1729-1802), Joseph Haydn (1732-1809), Antonio Salieri (1750-1825) oder auch Vincent Martin y Soler (1754-1806). Während sie heute fast unbekannt sind und daher kaum gespielt werden, waren sie zu ihrer Zeit die Stars am Musikhimmel.

„Gefühle lassen sich am besten mit Worten und der Stimme zum Ausdruck bringen. Sie werden so zum Spiegel unserer Seele“, hat Intendantin Evelyn Meining eingangs betont. Mit Bariton Benjamin Appl und dem exzellenten französischen Originalklang-Orchester „Les Talens Lyriques“ wird es ein sehr tiefer Blick in die menschliche Seele. Mit seiner warmen Stimme versteht es der Solist sofort, das Publikum zu fesseln: sehnsuchtsvoll, eindringlich, wütend, empfindsam – und immer ausdrucksstark. Melancholie liegt in der Luft. Nicht nur bei den Mozart-Arien „Io ti lascio, oh cara, addio“ oder „Mentre ti lascio, oh figlia“ läuft dem Publikum ein kleiner Schauer über den Rücken. Benjamin Appl, ausgebildet bei den Regensburger Domspatzen, sowie an den Hochschulen für Musik in München und London, weiß die Nuancen der Musik mit Emotion zu füllen – vom spannungsgeladenen Piano bis zum kraftvollen Forte.

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Von
Raimund Frings
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Auf die Nuancen kommt es auch Dirigent Christophe Rousset an – ohne Effekthascherei, sondern puristisch den Fokus auf die Musik und das Werk gelenkt. Im Zentrum des Konzerts stehen die Linzer Sinfonie, die Mozart 1783 innerhalb nur weniger Tage komponieren musste, und die Ouvertüre aus „La clemenza di Tito.“

Roussets Bestreben ist es, alte, kaum beachtete Werke wieder zum Leben zu erwecken und bekannten Stücken ihre verborgenen Seiten zu entlocken. Das gelingt ihm mit vielen kleinen Details und einer klaren, schnörkellosen Handschrift – auch wenn der Solist gegenüber dem Orchester gelegentlich zurückstehen muss.

Das Publikum feiert Orchester und Solist mit langem, tosendem Applaus und erhält zwei Zugaben aus der Feder Haydns.

Redaktion Hauptsächlich für die Lokalausgabe Tauberbischofsheim im Einsatz

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