Diakonie Würzburg - Vor 20 Jahren wurde das Sozialkaufhaus "Brauchbar" gegründet / Allerlei Artikel im Angebot

Sofas, Sessel und auch 'ne Sauna

Von 
Pat Christ
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Selbst ungewöhnliche Dinge wie dieser Kugelwasserspender wurden unlängst im Sozialkaufhaus abgegeben, berichtet Brauchbar-Mitarbeiterin Maria Weidner ihren Chefs Hartfried Groksch (rechts) und Thomas Johannes.

© Pat Christ

Würzburg. Hier gibt es, was man sich nur wünschen kann. Wer im Würzburger Sozialkaufhaus "Brauchbar" stöbert, findet neben Jacken, Blusen und Hosen eine alte Geige im leicht zerschlissenen Kasten, ein rotes Schaukelpferd und eine Tischuhr "Made in DDR". "Sogar eine Sauna hatten wir schon", erzählt Thomas Johannes, künftiger Geschäftsführer der gemeinnützigen GmbH. Acht Wochen stand sie herum. Dann kam ein Kunde, der frisch in ein Haus eingezogen war: "Der hat die Sauna gleich genommen."

Seit genau 20 Jahren gibt es das Sozialkaufhaus im Würzburger Stadtteil Grombühl. Entstanden ist es aus einer Fachabteilung für Arbeitslose des Diakonischen Werks, berichtet Hartfried Groksch, der die GmbH noch bis Ende April leitet. Ganz genau betrachtet ist die Entstehung des "Brauchbar" der Stadt Würzburg zu verdanken. Die hatte bis Ende der 1990er Jahre Berechtigungsscheine für Langzeitarbeitslose mit Bedarf an Möbeln ausgegeben. "Das wurde damals umgestellt, die Menschen sollten Geld bekommen", erzählt Groksch. Dieses Geld reichte allerdings bei weitem nicht, um sich stilvolle Tische oder Stühle anzuschaffen.

Die Stadt wünschte, dass es irgendwo in Würzburg günstiges Gebrauchtes für Sozialhilfeempfänger gibt. Genau das bietet das Sozialkaufhaus seit Anfang des Jahres 1997 in den verwinkelten Räumen eines ehemaligen Matratzengeschäfts an.

Gegründet wurde die gGmbH vom Diakonischen Werk und der evangelischen Gesamtkirchengemeinde Würzburg. Die Gründer wollten allerdings mehr für Arbeitslose tun, als sie nur mit günstigen Möbeln, erschwinglichem Hausrat und billiger Kleidung zu versorgen. Das Sozialkaufhaus sollte von den Arbeitslosen auch bespielt werden.

Mit 15 Langzeitarbeitslosen ging es los. Auf einer Fläche von 600 Quadratmetern wurden Sofas, Esstische, Jacken, Pullover, Tassen, Gläser und Teller verkauft. "Damals kamen am Tag im Durchschnitt 20 Kunden zu uns", erinnert sich der scheidende Geschäftsführer. Das ist ein Bruchteil jener Menschen, die heute das "Brauchbar" besuchen. 170 Mal klingelt momentan täglich die Kasse. Noch sehr viel mehr Neugierige kommen mal eben vorbei, um zu schauen, ob es etwas Brauchbares für sie gibt.

Verkaufsfläche und Lager umfassen heute um die 2000 Quadratmeter. Außerdem hat das Mutterhaus Töchter bekommen: In Stadt und Landkreis Würzburg existieren inzwischen sechs "Brauchbar"-Filialen. Es gibt 30 fest angestellte Mitarbeiter, die einst zu "Brauchbar" kamen, weil sie trotz langer Suche keinen Job gefunden hatten. Dazu gehört Maria Weidner. Seit 15 Jahren gehört sie inzwischen dem "Brauchbar"-Team an. Damals suchte sie eine Stelle, nachdem ihre fünf Kinder aus dem Gröbsten heraus waren. Heute fungiert sie als Verkaufsleiterin im Sozialkaufhaus.

Menschen über eine Tätigkeit bei "Brauchbar" in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln, war von Anfang an Ziel des Sozialunternehmens - zumindest offiziell. Gelungen ist es in all den Jahren allerdings kaum. Was Hartfried Groksch jedoch nicht überrascht.

Nach außen habe er das Ziel der Wiedereingliederung zwar immer vertreten, gibt er zu: "Doch richtig daran geglaubt habe ich nie." Die Menschen, die bei "Brauchbar" landen, seien nun mal keine Traumkandidaten für Arbeitgeber. Alle haben vielfältige Probleme, kaum jemand bringt die auf dem ersten Arbeitsmarkt geforderte Leistung. "Wir nehmen auf die individuellen Bedürfnisse Rücksicht", sagt Groksch. Im knallharten Konkurrenzkampf sei dies jedoch kaum möglich: "Weshalb unsere Mitarbeiter allenfalls mal ein halbes Jahr von einer Zeitarbeitsfirma genommen werden." Dies sei jedoch für ihn keine "Integration".

Bis zu 100 Langzeitarbeitslose könnten bei "Brauchbar" einen Ein-Euro-Job ableisten. Doch nur jede zweite Stelle ist derzeit besetzt. Mehr Menschen werden dem Team im Augenblick nicht von den Jobcentern zugewiesen. Überhaupt schwankte es über die Jahre hinweg immer stark, wie intensiv das Arbeitsangebot der gGmbH genutzt wurde. "Ende 2016 gab es wieder mal eine Krise", berichtet Groksch. Nicht zum ersten Mal wurde die Frage aufgeworfen, ob das Sozialkaufhaus "wettbewerbsneutral" ist. Denn nur dann sind Ein-Euro-Jobber erlaubt. Nach langen Diskussionen wurde "Brauchbar" zuerkannt, keine Konkurrenz zu Second-Hand-Läden darzustellen. Thomas Johannes weiß, dass solche Debatten jederzeit wieder aufflammen können. Deshalb will er "Brauchbar" neu ausrichten: "Schon ab diesem Jahr soll es erstmals Zuverdienstarbeitsplätze geben." Die sind gedacht für Menschen mit einer Behinderung, die ein kleines Einkommen, etwa aus einer Rente, aufbessern möchten. In spätestens zwei Jahren will sich die "Brauchbar" hin zu einem Betrieb mit Inklusionsarbeitsplätzen entwickeln. Dann erhalten Schwerbehinderte im Sozialkaufhaus einen festen Job.

Auch inhaltlich hat Thomas Johannes schon für Neuerungen gesorgt. So fallen seit Mitte vergangenen Jahres Altkleidercontainer mit der Aufschrift "Wertstofftäter" im Stadtgebiet auf. "Brauchbar" will sich über die Sammelbehälter einen neuen Warenkanal eröffnen. Acht Container können bereits gefüttert werden. Bis Jahresende sollen sieben weitere aufgestellt sein.

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