Knauf-Museum in Iphofen - Netuske-Ausstellung noch bis zum 6. November zu bewundern

Kleine japanische Schönheiten

Von 
Eva-Maria Lechner
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Mit der Lupe lassen sich die einzelnen Miniaturen noch genauer betrachten..

© Lechner

Iphofen. Zugegeben: Der Blickfang in der Halle des Iphöfer Knauf-Museums, in der die Sonderausstellung zu "Siebolds Netsuke" aus dem Besitz des vor 150 Jahren gestorbenen Japanforschers Philipp Franz von Siebold (1796-1866), gezeigt werden sind nicht die kleinen, japanischen Miniatur-Schnitzereien, sondern die hunderte von Origami-Kranichen, die an der Decke hängen. Sie bringen eine gewisse Dynamik in den Raum und wirken wie ein Schirm über den filigranen Netsuke-Figuren. Deren Details können mit einer bereitliegenden Lupe erforscht werden. Und sie sind wieder einmal ein gelungenes Beispiel für die spannende, ansprechende Aufmachung, mit dem das Iphöfer Museum seine Ausstellungen abrundet.

Kleine Schmuckstücke

Und noch in einer weiteren Hinsicht passt die Netsuke-Schau in das derzeitige Jahreskonzept. Der Raum war extra ausgespart worden, im Rest des Hauses wird die Hauptausstellung "Alltag-Luxus-Schutz" gezeigt. Diese hat mit kleinen Schmuckstücken aus dem alten Ägypten ebenso geschmackvolle Kleinigkeiten zu bieten.

Netsuke dienten einst als Gegengewicht zur Befestigung eines "Sagemono", eines hängenden Behältnisses. Wie zum Beispiel ein "Inrõ", eine flache, kleine, mehrteilige Lackholzdose am "Obi", dem Gürtel des taschenlosen Kimono.

Aus Anlass des 150. Todestages des zeigt das Knauf-Museum Iphofen "Siebolds Netsuke" kleine, filigrane Figuren, die der gebürtige Würzburger, während seiner zweiten Japanreise (1859-1862) erworben hat. Seit 1866 befindet sich Siebolds zweite große Japansammlung in München, heute im Museum Fünf Kontinente in der Maximilianstraße.

Mythologische Figuren

Netsuke-Figuren sind mit zwei Löchern, den sogenannten "Himotoshi", zum Durchziehen einer Schnur versehen. Hergestellt wurden Netsuke ab dem ausgehenden 17. Jahrhundert mit dem Erstarken des Bürgertums und hielten sich bis in die 1880er Jahre, als der Kimono beim japanischen Mann als Alltagskleidungsstück außer Gebrauch geriet.

Viele der kleinen japanischen Miniatur-Schnitzereien stellen mythologische Figuren, insbesondere Glücksgötter, Tiere, Früchte sowie Gegenstände und Szenen aus dem Alltag dar. Die kleinen, kunstvoll geschnitzten Netsuke, wörtlich: "Wurzelholz-Anhänger", was oft mit "Knebel" oder "Knauf" übersetzt wird, sind oft wahre Meisterwerke, in denen sich in humorvoller Weise die ganze Welt des alten Japan spiegelt: Die sieben Glücksgötter, die zwölf Tiere des Tierkreises, die Welt des Theaters, Figuren aus Mythen und Sagen, groteske Eremiten und Ausländer, daneben auch Dinge des täglichen Lebens.

Netsuke waren ein wichtiger Bestandteil der Kleidung des japanischen Mannes in der Edo-Zeit (1603-1868).

Sie sind zu beliebten Sammlerobjekten geworden, als sich die Mode unter dem Einfluss des Westens Ende des 19. Jahrhundert gewandelt hatte und man keine Gürtelanhänger mehr brauchte.

Während Netsuke anfänglich meist aus Wurzelholz geschnitzt waren, wurden sie später aus den verschiedensten Materialien hergestellt, vor allem aus Efenbein und Hirschhorn, aber auch aus Keramik. Früher wurden Netsuke wegen ihrer angenehm glatten Beschaffenheit und der rundlichen Formen, im deutschen Sprachraum oft als "Handschmeichler" bezeichnet. Heute finden die japanischen Miniatur-Schnitzereien in ihrer eigentlichen Funktion nur selten Verwendung, sind aber nach wie vor bei Sammlern sehr begehrt.

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