Würzburg. „Der Heilige Geist verändert das Leben, schenkt neue Perspektiven und lässt die Menschen neue Wege einschlagen.“ Das hat Bischof Dr. Franz Jung beim Pontifikalgottesdienst an Pfingsten am Sonntag im Kiliansdom betont. Jesus hauche im Evangelium des Tages seine Jünger an uns sage zu ihnen: „Empfangt den Heiligen Geist.“ Diese etwas befremdliche Szene erschließe sich im Blick auf die Schöpfungsgeschichte im alttestamentlichen Buch Genesis: Dort blase Gott den Menschen den Lebensdaten ein, die er zuvor aus Staub vom Erdboden forme.
Das lateinische Wort für Einhauchung sei Inspiration, erklärte Jung. An Pfingsten werde der Mensch aus dem Geist Jesu Christi erneuert. Deswegen sei es das Fest der Inspiration. Jede echte Inspiration sei wie der Geist Gottes ein Geschenk. „Man kann sie nicht machen, aber man kann ihr den Weg bereiten.“ Routine, in der nichts Neues mehr passiere, sei ebenso geisttötend wie Erfolgsdruck, der Menschen oft blockiere. Ungeduld, die sofort Ergebnisse sehe wolle, sei ebenfalls kontraproduktiv, „denn jede Eingebung des Geistes muss Zeit haben zu reifen“. Inspiration werde auch von der Angst vor Veränderung blockiert. Gleiches gelte für Perfektionismus: Dieser müsse immer alles ordnen und im Griff haben. Inspiration bestehe jedoch gerade darin, loszulassen, damit Neues werden könne.
Jesu Jünger nehmen sich nach den Worten des Bischofs 50 Tage Zeit, um die neue Erfahrung der Auferstehung anzunehmen und zu verarbeiten. „Diese mystischen 50 Tage sehen für jeden anders aus.“ Für den einen seien es wirklich sieben Wochen, für andere ein halbes Jahr oder noch länger. „So lange eben, bis die Zeit erfüllt ist und Neues werden darf.“ Jesus fördere die Inspiration, da er durch verschlossene Türen gehe. „Inspiration heißt, aus der Kraft des Geistes neue Wege einzuschlagen. Also Wege, von denen man früher gesagt hätte: Das geht nicht, das darf man nicht, das traue ich mich nicht.“ Inspiration führe die Menschen so auf neue Wege, auch im Alltag, im Beruf und in der Kirche.
Es fördere die Inspiration, wenn Menschen mit der leidvollen Vergangenheit Frieden machen könnten, sagte Bischof Jung weiter. „Wer immer nur rückwärts schaut, wer sich immer nur am Alten abarbeitet, hat den Kopf nicht frei für Neues.“ Die Wunden des Auferstandenen seien ein Hoffnungszeichen dafür, dass aus Leid neues Leben erwachsen kann, ohne sich dessen zu schämen oder es verdrängen zu müssen.
Aus der Kraft der Inspiration heraus beginnen nach den Worten des Bischofs die Jünger an Pfingsten mit der Verkündigung der österlichen Botschaft. Sie tun es, ohne zu wissen, dass der kleine, aber entscheidende Neubeginn dazu führe, dass schließlich Paulus sogar in der Welthauptstadt Rom das Evangelium verkünde. „Und das Wunder geschieht: Wovon das Herz voll ist, davon läuft der Mund über. Sogar Sprachbarrieren werden überwunden“, sagte Jung.
Die inspirierten Jünger Jesu hätten in den Leidenden dieser Welt den Anruf Christi zur Veränderung erkannt. „Sie ließen sich durch Schwierigkeiten nicht entmutigen, sondern wussten sich gerade darin mit dem gekreuzigten Herrn verbunden, der durch das Leid zu neuem Leben führt.“
Musikalisch gestalteten neben Domorganist Professor Stefan Schmidt die Mädchenkantorei und die Camerata Würzburg unter der Leitung von Domkapellmeister Alexander Rüth den Gottesdienst mit Christopher Tamblings „Missa in A für Mädchenchor und Streichorchester“ sowie „Veni creator spiritus“ von Cesar Franck. pow
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