Rüdenhausen. Es ist auf den ersten Blick eine Mischung, die so rein gar nicht passend erscheint: Da ist auf der einen Seite Désirée Nick, Schauspielerin und Entertainerin, bekannt für ihre manchmal große Klappe und ihr divenhaftes Auftreten als blondes Gift. Und auf der anderen Karl Graf zu Castell-Rüdenhausen, Sohn eines fränkischen Adelsgeschlechts, professioneller Fotograf und eher bekannt als feinsinniger Journalist, Musiker und Gastronom. Aber die Beiden verstehen sich seit Jahren blendend. So gut, dass sie jetzt ein gemeinsames Buch herausbringen, das wohl nur in einer solchen Konstellation entstehen konnte und das dem Leser ein "Adel verpflichtet" mit verschmitztem Lächeln zuwirft: "Fürstliche Leibspeisen - Gerichte mit Geschichte" heißt das rund 200 Seiten starke Werk, für das Nick und "ihr" Graf über 20 Adelsfamilien in Deutschland besucht haben, um einen lukullischen Blick in die Aristokratie zu erhaschen. Herausgekommen ist ein geschmackvolles und kurzweiliges Handbuch fürstlicher Leibgerichte, das weitaus mehr als ein Kochbuch darstellt.
Über ein halbes Jahr lang bereiste das ungleiche Duo Schlösser, Burgen, Landsitze oder Jagdhäuser, um dem Adel auf den Gaumen zu schauen. "Hilfreich war freilich, dass ich mit vielen Familien verwandt bin", schmunzelt Karl Graf zu Castell-Rüdenhausen, der sein privates Pressebüro direkt neben dem Schloss besitzt, in dem er aufgewachsen ist.
Und seit ihrer Verbindung mit Heinrich Julius Prinz von Hannover ist Désirée Nick natürlich auch in Adelskreisen kein unbeschriebenes Blatt mehr. Dem gemeinsamen Sohn Oscar Julius Heinrich Ferdinand ist das Buch, für das die Künstlerin sämtliche Texte selbst verfasst hat, auch gewidmet.
Für ein reines Kochbuch zu fotografieren, darauf habe er keine Lust gehabt, sagt Castell-Rüdenhausen. Die privaten und unterhaltsamen Geschichtchen rund um die Geschmäcker der Blaublüter sollten mit Historie garniert werden. So bieten die Episoden des Buches einen ebenso Appetit machenden wie lehrreichen und vor allem persönlichen Einblick in verschiedene Adelshäuser.
"Wir haben viel gelacht, viel gelernt, aber auch viel gegessen", erinnert sich der Fotograf an die Entstehung des Buches. Und er habe die Erfahrung gemacht: Je größer das Anwesen und je wohlhabender die Familie, desto einfacher sind oft die Gerichte, die den Besitzern Gaumenfreuden bereiten. Und die Geschmäcker sind auch hier total verschieden.
Da setzt Elisabeth Fürstin zu Löwenstein-Wertheim-Freudenberg, die auf Schloss Kreuzwertheim wohnt, noch auf einen profunden Rehrücken nach Kreuzwertheimer Art. Baron Crafft von Crailsheim begnügt sich auf Schloss Fröhstockheim aber dagegen mit einfachen Fischklößchen. Nicht zuletzt besuchte Karl Graf zu Castell-Rüdenhausen natürlich auch seinen Bruder Manto mit dessen Frau Eva. Hier wurden "Leberwurstgröschtl" serviert, einer Spezialität aus Leberwürsten, Kartoffeln, Zwiebeln und Kräutern, die "durchaus feldküchentauglich" ist, wie Autorin Nick zugeben musste.
Meisterhafte Fotografien, nicht nur vom Essen, sondern auch von den besuchten Häusern mit all ihrem Prunk, und dazu die informationsreiche und augenzwinkernde Erzählweise - das macht ein fürstliches Buch aus, das Appetit macht. Am Samstag, 13. November, stellen Autorin und Fotograf es im "Weinkeller am Schloss" in Rüdenhausen mit einer Lesung vor.
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